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Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)

Titel: Die Zwölf: Band 2 der "Passage-Trilogie" - Roman - (German Edition)
Autoren: Justin Cronin
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die je gelebt hat. Die Sache ist die: Sie wusste nicht, dass sie eine Prinzessin war. Das ist das Interessante daran.«
    Kate runzelte missbilligend die Stirn. » Warum wusste sie es denn nicht?«
    Etwas machte klick, und die Umrisse einer Geschichte erschienen in seinem Kopf.
    » Das ist eine ausgezeichnete Frage. Es kam so. Als sie sehr klein war, gerade erst ein Baby, nahmen ihre Eltern, der König und die Königin, sie mit in den königlichen Wald zu einem Picknick. Es war ein sonniger Tag, und die kleine Prinzessin, deren Name…«
    » Elizabeth.«
    » … deren Name Prinzessin Elizabeth war, sah einen Schmetterling. Einen unglaublichen Schmetterling. Ihre Eltern passten nicht auf, und sie folgte dem Schmetterling in den Wald hinein und wollte ihn fangen. Aber das Dumme ist, es war gar kein Schmetterling. Es war eine… Feenkönigin.«
    » Wirklich?«
    » Wirklich. Die Sache mit Feen ist nur: Sie trauen den Menschen nicht und bleiben meistens für sich. Aber mit der Feenkönigin war es anders. Sie hatte sich immer eine Tochter gewünscht. Feen haben nämlich keine eigenen Kinder. Sie war also sehr traurig, weil sie kein kleines Mädchen hatte, um das sie sich kümmern konnte, und als sie Prinzessin Elizabeth sah, war sie so angerührt von ihrer Schönheit, dass sie nicht anders konnte: Sie führte das Kind davon, immer tiefer in den Wald hinein. Bald hatte das Mädchen sich verlaufen und fing an zu weinen. Die Feenkönigin landete auf ihrer Nase, wischte ihr mit ihren zarten Flügeln die Tränen ab und sagte: ›Sei nicht traurig, ich werde für dich sorgen. Du bist jetzt mein kleines Mädchen.‹ Und sie nahm sie mit zu dem großen hohlen Baum, in dem sie mit allen ihren Feen-Untertanen wohnte, und sie gab ihr zu essen und ließ sie an einem Tisch sitzen und in einem Bett schlafen, und es dauerte nicht lange, da hatte Prinzessin Elizabeth die Erinnerung an ihr voriges Leben verloren und kannte nur noch das Leben bei den Feen im Wald.«
    Kate nickte. » Und dann?«
    » Na ja, nichts weiter. Nicht sofort. Eine Zeitlang waren sie alle glücklich, besonders die Feenkönigin. Es war wunderschön für sie, ein eigenes kleines Mädchen zu haben. Aber als Elizabeth größer wurde, hatte sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Weißt du, was?«
    » Sie war keine Fee?«
    » Genau. Du hast es gleich gemerkt. Sie war keine Fee, sie war ein kleines Mädchen, und so klein war sie gar nicht mehr. Warum bin ich so anders?, fragte sie sich. Und je größer sie wurde, desto schwerer wurde es für die Feenkönigin, es zu verbergen. Warum hängen meine Füße aus dem Bett, fragte Elizabeth, und die Feenkönigin sagte, weil Betten kurz sind. So sind sie nun mal. Warum ist mein Tisch so winzig?, fragte Elizabeth, und die Feenkönigin sagte: Tut mir leid, der Tisch kann nichts dazu, du musst einfach aufhören zu wachsen. Doch das konnte sie natürlich nicht. Sie wuchs und wuchs, und bald passte sie kaum noch in den Baum. Alle anderen Feen beschwerten sich. Sie hatten Angst, die Prinzessin würde alles aufessen, sodass für sie nichts mehr übrig bliebe, und sie hatten Angst, Elizabeth könnte sie aus Versehen zerquetschen. Etwas musste geschehen, aber die Feenkönigin weigerte sich. Verstehst du?«
    Kate nickte fasziniert.
    » Der König und die Königin, Elizabeths Eltern, hatten indes nie aufgehört, sie zu suchen. Sie durchkämmten jeden Zollbreit des Waldes und das ganze Land im Königreich. Aber der Baum war gut versteckt, und sie fanden ihr Kind nicht. Eines Tages nun hörten sie ein Gerücht über ein kleines Mädchen, das im Wald bei den Feen lebte. Könnte das unsere Tochter sein?, dachten sie, und sie taten das Einzige, was ihnen einfiel: Sie befahlen den königlichen Holzfällern, alle Bäume zu fällen, bis sie den mit Elizabeth gefunden hätten.«
    » Alle Bäume?«
    Peter nickte. » Jeden einzelnen. Und das war keine gute Idee. In dem Wald wohnten ja nicht nur die Feen, sondern auch alle möglichen Tiere und Vögel. Doch Elizabeths Eltern waren so verzweifelt, dass sie alles getan hätten, um ihre Tochter zurückzubekommen. Also machten die Holzfäller sich an die Arbeit und hackten alle Bäume ab, und der König und die Königin ritten umher und riefen: ›Elizabeth, Elizabeth! Wo bist du?‹ Und weißt du, was passierte?«
    » Sie hat sie gehört?«
    » Ja. Aber der Name Elizabeth sagte ihr nichts mehr. Sie hatte jetzt einen Feennamen, und ihr altes Leben hatte sie ganz vergessen. Die Feenkönigin jedoch kannte den
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