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Die Zweitfrau

Die Zweitfrau

Titel: Die Zweitfrau
Autoren: Gabriele Ploetz
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plötzlich:
    „Mensch, das ist ja ein ganz toller Mann. So verständnisvoll, so gefühlvoll, einfach nur toll.“
    Ich bin erschrocken über diese Gedanken, werde ganz nervös, kann mir das auch nicht erklären. Damit habe ich nicht gerechnet. Bin auch perplex, wie lange ich gebraucht habe, bis ich das bemerke. Ansonsten bin ich, wie ein guter Bekannter von mir immer sagt, „Von der schnellen Truppe“. Und nun das. Peter bemerkt natürlich mein seltsames Verhalten und direkt, wie wir immer alles ansprechen, fragt er:
    „Was ist plötzlich los mit dir? Hab ich irgendetwas übersehen, oder vielleicht etwas gesagt, was dich verletzt hat?“
    Dabei hält er meine Hand und blickt mich an.
    „Nein, es ist nichts, keine Sorge. Was könntest du sagen, was mich verletzen könnte? Bin heute einfach ein wenig neben mir, mehr nicht.“
    Ich kann es nicht aussprechen, was mir plötzlich in den Sinn gekommen ist und so versuche ich das Thema abzuwiegeln, denn es ist mir fast peinlich. Ist es nicht verrückt, dass ich seit so langer Zeit mit jemandem regelmäßig zusammensitze, mich hervorragend mit diesem Menschen unterhalte und nun plötzlich, ohne Vorwarnung feststelle, dass da ein interessanter „Mann“ vor mir sitzt? Das ist doch lächerlich. Und so behalte ich meine Gedanken lieber für mich und sage nichts. Viel zu groß ist meine Sorge, dass ich diesen guten Freund verlieren könnte. Das will ich auf keinen Fall. Ich weiß ja, wohin das führen kann, wenn man aus einer Freundschaft eine Art Beziehung macht. Erschwerend kommt hinzu, dass dieser Mann verheiratet ist. Und ich will auf keinen Fall in die Rolle einer „Geliebten“ schlüpfen. Es soll sich in meinem Leben gar kein Mann breitmachen. Und ein Mann, der Familie hat, schon zweimal nicht. Das bringt nur Ärger, Verdruss und Leid. Ich habe das schon hautnah bei einigen meiner Freundinnen erlebt und bin nicht gewillt, diesen Weg zu beschreiten. Außerdem bin ich immer mehr für eine gute, besondere Freundschaft, als für eine Beziehung, die auf Dauer nicht klappt und den guten Freund verlieren lässt. Das sind die Gedanken, die mich beschäftigen und von denen Peter natürlich nichts wissen kann. Als er am späten Nachmittag geht, fragt er wieder, ob er denn auch wirklich wiederkommen darf. Und natürlich sage ich zu.
    In der Zwischenzeit habe ich jede Menge zu tun. Mit meiner Praxis für medizinische Fußpflege, in die viele ältere Menschen kommen, auch viele behinderte Menschen, die meiner Zuwen dung bedürfen. Dann ist da meine Theatergruppe, in der wir uns auf ein neues Stück vorbereiten; mein Nähkurs, den ich seit vielen Jahren besuche und auch dort haben sich sehr gute Freundschaften entwickelt. Es wird mir nicht langweilig, ich bin zufrieden mit meinem Leben, mit meinen Aufgaben. Ein Mann würde mich nur stören, finde ich. Nein, ich will keinem Mann mehr Gelegenheit geben, sich in mein Leben zu drängen.
    Meine Tochter wird in Kürze achtzehn Jahre alt, ist mit der Schule fertig und beginnt langsam „die Flügel“ zu heben. Es wird nicht lange dauern und sie wird ihren eigenen Weg gehen. Dann, ja dann will ich endlich mein Leben genießen. Wie sich dieses „Genießen“ darstellen wird, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Das wird sich sicher finden. Aber - das steht für mich fest - ein Mann ist in meinen Plänen nicht vorgesehen.
    Gewappnet mit diesen Gedanken freue ich mich auf den nächsten Besuch von Peter.

Kapitel 5

    Kurze Zeit darauf informiert mich meine Tochter, dass sie ausziehen wird. Da wir beide nach meiner Scheidung in der großen Wohnung geblieben sind, stellt sich für mich die Frage, ob es sinnvoll ist, in dieser Wohnung zu bleiben. Schnell entscheide ich, dass es Zeit ist, eine kleinere Wohnung für mich zu suchen. Und so beginne ich, mich zu umzuhören. Ich will allerdings nicht aus dem kleinen, netten Städtchen, in dem ich lebe, weg. Hier kenne ich mich aus, hier ich habe Freunde, gehe in verschiedene Kurse der VHS und fühle mich wohl. Die Suche gestaltet sich etwas schwierig.
    Und dann - völlig überraschend - zieht eine Bekannte von mir aus ihrer Wohnung aus. Sie hat eine geräumige Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung, Bad, Küche und, ganz wichtig, einen großen Balkon. Sie will ohne große Kündigungszeiten ausziehen, sie hat ihren Mann fürs Leben gefunden. Und so komme ich zu einer Wohnung, die mitten in der Stadt liegt. Ich kann bequem alles zu Fuß erreichen, brauche kein Auto mehr. Ein Bekannter hilft mir bei
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