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Die zweite Nacht

Die zweite Nacht

Titel: Die zweite Nacht
Autoren: Natalie Rabengut
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der Verlag, mit dem der Anwalt eine Einigung erzielt hatte.
    Darin musste der Scheck sein, ein Scheck über 350.000 Euro – ich konnte noch immer nicht glauben, was der Anwalt herausgeholt hatte. Das Ganze war einfach zu unrealistisch.  
    Frederik setzte sich auf die Sofalehne und sah mich auffordernd an. Selbst Schröder kam interessiert in unsere Richtung geschlendert.
    Mit klopfendem Herzen und leicht zitternden Fingern riss ich den Umschlag auf. Das Begleitschreiben war gerade nicht relevant und ich suchte den schmalen Streifen Papier. Es war der Scheck und mein Magen machte einen Satz.
    Als ich jedoch die Summe sah, hätte ich mich beinahe übergeben. »Das muss ein Missverständnis sein!«
    Frederik trat neben mich und wirkte genauso verblüfft. Statt der erwarteten 350.000 Euro stand auf dem Scheck ganz eindeutig 700.000 Euro. Ich sah den Mann an, als hätte er eine Erklärung parat, doch er war ebenso überrascht wie ich.
    Dann bemerkte ich die Büroklammer, die an der Seite des Schecks befestigt war. Sie diente dazu, einen winzigen Fetzen Papier zu fixieren, der ähnlich klein war wie die Streifen aus Glückskeksen. Die Aufschrift war hellgrün und schlecht zu lesen.
    Ich brauchte drei Anläufe, um die Botschaft zu verstehen, dann reichte ich den Fetzen wortlos an Frederik weiter. Er kniff die Augen zusammen und las: »Aber nicht alles für Pizza ausgeben!«  
    Ich rieb mir über den Hinterkopf. »Gut, dass ich deinem Bruder einen Anteil von dem Geld anbiete und unser Hochzeitsgeschenk daraus besteht, dass er offensichtlich die Vergleichssumme vom Verlag verdoppelt hat.« Zischend stieß ich Luft aus.
    Frederik rieb sich über die Augen und schien es genauso wenig glauben zu können wie ich.
    »Ist das sein Geld? Weißt du das?«, wandte ich mich zu dem Mann und hatte ein wenig Angst vor der Antwort.
    Er sah mir direkt in die Augen. »Einem geschenkten Gaul…«
    Ich nickte schnell. »Ja, so etwas in der Art hatte ich mir auch gedacht. Dein Bruder ist echt die Härte.« Noch einmal blickte ich auf den Scheck und überlegte, dass Bertram sicherlich der richtige Ansprechpartner war, um die Enkelin vom heimatlosen Hans aufzuspüren. Ich hatte durchaus vor, mein Versprechen einzulösen – vorausgesetzt der Scheck platzte nicht.
    Wir mussten den Schock beide erst einmal verdauen und setzen uns auf die Couch. Nach einer Weile grinste Frederik mich schief an. »Ich denke, Daniels Hochzeitsgeschenk wird nicht so großzügig ausfallen.«
    Ich lachte. »Vermutlich nicht, aber dazu müssten wir ja erstmal heiraten.«
    Frederik winkte ab. »Das machen wir schon noch. Meine Güte, Bertram hat entweder den Verstand verloren oder er ist total vernarrt in dich.«
    »Aber warum sollte er das sein, wenn er mich doch für übergeschnappt hält?«, wollte ich wissen.
    Der Mann hatte ganz selbstvergessen begonnen, Schröder zu streicheln und dachte nach. »Hm, vielleicht ist das bei dir und Bertram so ein Fall von ›Gleich und gleich gesellt sich gern‹.«
    So fest ich konnte schlug ich auf Frederiks Oberarm. Der Kater warf mir daraufhin einen empörten Blick zu, weil Frederik für einen kurzen Moment die Streicheleinheit unterbrochen hatte.
    Ich zog mein Handy aus der Hosentasche. »Ich schreibe Bertram eine Email, um danke zu sagen und frage, ob ich meinen nächsten Protagonisten nach seinem Vorbild gestalten darf.«
    »Das würde ich nicht tun«, riet Frederik mir.
    »Warum nicht?«, wollte ich wissen.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wie du dir vorstellen kannst, ist Bertram etwas pingelig, wenn es um die Benutzung der Emailadresse geht. ›Im Notfall‹ bedeutet für ihn: Ausschließlich im Notfall.«
    »Papperlapapp, ich will mich doch nur bedanken!«, entgegnete ich und tippte bereits.

    Mit klopfendem Herzen richtete ich mich ruckartig im Bett auf. Mein rechtes Auge wollte sich erst nicht öffnen, mit dem linken schielte ich zum Nachttisch. Frederik neben mir stöhnte leise.
    Warum zum Henker klingelte jetzt mein Wecker? Es war drei Uhr morgens und ich hatte ihn mit Sicherheit nicht gestellt. Es dauerte ein bisschen, bis ich die Tastensperre lösen konnte.  
    Das Menü mit den gestellten Alarmzeiten leuchtete auf und ich stieß einen erstickten Schrei aus. Frederik drehte sich unwillig um und fragte nuschelnd: »Was ist los?«
    »Der Wecker ist so programmiert, dass er alle zehn Minuten klingelt – und zwar bis morgen nachmittag! Wenn ich ihn ausstelle, springt er sofort wieder um!«
    »Ich habe dir gesagt,
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