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Die Zukunftsmacher

Die Zukunftsmacher

Titel: Die Zukunftsmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haining
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Mumford versteckt. Weil ich ihnen nichts sagte, haben sie das mit mir gemacht.«
    Die linke Hand war ihm am Handgelenk abgetrennt worden. Auf den Stumpf hatte man die Hand eines Schimpansen transplantiert. Sie hing steif und nutzlos herunter.
    Tynes künstliche Hand zog sich unbewußt konvulsivisch zusammen.
    »Es tut mir so leid, Amir«, sagte er. »Furchtbar leid.«
    »So behandeln Roskianer Menschen«, sagte Amir bitter.
    Er wandte sich ab und begann mühsam den Arm wieder zu verbinden. Mit erstickter Stimme fügte er hinzu: »Aber ich habe ihnen nicht gesagt, wo Murray ist. Ihnen werde ich es sagen. Er erzählte mir, daß er sich in dem alten Deli-Jalat-Tempel verstecken wollte. Bitte gehen Sie jetzt! Gehen Sie und stellen Sie mir nie mehr Fragen.«
    »Du tust mir wirklich leid, Amir«, sagte Tyne, bevor er hinausging. »Eines Tages wird dies wiedergutgemacht werden. Du wirst es sehen.«
    Amir drehte sich nicht um.
    Auf dem Hof sprang Tyne über eine kleine Steinmauer und kauerte sich dort zusammen. Die Waffe hatte er schußbereit. Amir hatte ihm mehr Angst eingejagt, als er sich selbst eingestehen wollte. Vorsichtig hob er den Kopf und schaute sich um.
    Ein paar Eingeborene arbeiteten vor den Häusern der Gasse, auf die Tyne gesprungen war. Keiner von ihnen schien an Murray interessiert zu sein. Mit einem Schlag ging ihm die bittere Wahrheit dessen auf, was Amir gesagt hatte. Für die Eingeborenen waren die Delegationen der Welt genauso ein Übel wie die Roskianer. Diese verdankten die Möglichkeit, jenseits ihrer Grenzen operieren zu können, der typisch östlichen Gleichgültigkeit. Hätte der Westen Sumatra in den vergangenen Jahrhunderten besser behandelt, dann hätte er jetzt einen besseren Bündnispartner.
    Als Tyne gerade wieder über die Mauer zurückklettern wollte, kam ein Mann aus der Richtung des Merdeka-Hotels. Er ging langsam, wie es sich für einen Mann von seiner Korpulenz schickte. Die Augen streiften wachsam über die Gebäude zur Rechten und zur Linken. Es war Stobart.
    Er entfernte sich mehr und mehr vom Deli-Jalat-Tempel. Als er sah, daß die Gasse leer war, beschleunigte er seine Schritte. Tyne preßte sich noch tiefer in sein Versteck. Stobart steckte eine Pfeife in den Mund und blies. Kein Laut ertönte. Offensichtlich war es eine Ultraschallpfeife. Das Signal sollte sicher seine Streitkräfte sammeln.
    Gleich nachdem der Agent verschwunden war, sprang Tyne über die niedrige Mauer und lief zum Tempel. Dort hoffte er Murray zu finden. Seine Abrechnung mit ihm stand bevor. Die geladene Waffe gab Tyne eine gewisse Beruhigung.
    Trotz der heißen Sonne auf Rücken und Schultern erfüllte ihn eisige Klarheit. Er war sich bewußt, was er tun wollte. Er würde Murray töten.
    Nur eins machte ihm Sorgen. Murray, der mit dem Mikrofilm auf den Agenten der roskianischen Friedenspartei wartete, hatte seine Fährte gut getarnt. Daß Stobart ihn verfolgte, war ein Beweis dafür, daß Murray immer noch auf freiem Fuß war. Und das, obwohl Organisationen gegen ihn arbeiteten, die in ihren Methoden nicht zimperlich waren. Dennoch stand Tyne, der ganz allein operierte, kurz davor, ihn zu finden. Warum?
    Zwei Informationen hatten ihm geholfen: Minas Erwähnung der Planktonfabrik und später Amirs Hinweis auf den Tempel. Sowohl der Agent der Vereinten Nationen wie auch die Roskianer hatten vermutlich die gleiche Information von Mina bekommen. Keiner von beiden hatte etwas von Amir erfahren. Minas Information konnte nur von Tyne richtig interpretiert werden. Amir hatte sein Wissen nur Tyne mitgeteilt. Warum?
    Es gab nur eine Erklärung. Murray hatte damit gerechnet, daß Tyne ihn verfolgen würde. Bevor er sich verbarg, hatte er die zwei Hinweise auf sein Versteck hinterlassen. Und zwar in dem sicheren Bewußtsein, daß Tyne ihnen nachgehen würde. Murray mußte jedoch genau wissen, daß Tyne nur einen Grund hatte, ihm zu folgen: den Tod Cunliffes zu rächen. Es schien kein einleuchtendes Motiv dafür zu geben, warum Murray seinem Verfolger Tyne Hinweise vermittelte.
    Er mußte Murray dazu bringen, alles aufzuklären. Er mußte auspacken und selbstverständlich den lebenswichtigen Mikrofilm herausrücken ... dann konnte er sterben. Tyne empfand erneut jene eiskalte Klarheit. Wieder befand er sich im Mittelpunkt der Ereignisse. – »Treten Sie ein, Sir. Ich werde die Priester nach Ihrem Freund fragen«, sagte der verhutzelte Zwerg an dem Tor aus Teakholz. Eilfertig platschte er auf den nackten Füßen davon.

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