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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zu verwandeln.«
»Wie bringst du das fertig? Empfindest du nicht ständig Bedauern über die Jahre des Unglücks, in denen du keine Möglichkeit des Entrinnens hattest?«
»Eigentlich nicht«, meinte Rohana. »Wir haben lange Zeit dazu gebraucht, das Unglücklichsein zu überwinden, und dabei haben wir ein Band geschmiedet, das bis zum Tod halten wird. Und darüber hinaus«, setzte sie lä chelnd hinzu, »falls es etwas darüber hinaus gibt.«
»Du sagst das so tapfer. Ich denke dagegen… oh, Rohana, ich möchte dich nicht erzürnen.«
»Die Wahrheit kann mich nicht erzürnen, Jaelle. Nur vergiß nicht, Liebling, daß deine Wahrheit nicht notwendigerweise meine Wahrheit sein muß.«
»Dann denke ich«, erklärte Jaelle, »daß du dir jetzt, da es zum Bedauern zu spät ist, einredest, du habest es nie bedauert. Ich denke, du wolltest deine Macht und Stellung als Ehefrau des Lords der Domäne einfach nicht aufgeben.«
»Vielleicht.« Rohana war nicht beleidigt. »Eine Ehe wird aus vielen dünnen Fäden gesponnen. Gabriel ist nur ein Teil meines Lebens, aber ein Teil, auf den ich freiwillig nicht mehr verzichten würde. Als wir verheiratet wurden, liebte ich ihn nicht, und heute risse es mein Herz in tausend Stücke, sollte ich von ihm getrennt werden.«
Jaelle erinnerte sich an Rohanas Gesicht, als sie neben ihrem bewußtlosen Mann kniete, und erkannte, daß sie die Wahrheit sprach. Aber sie dachte, das sei nichts als Versklavung unter ein Ideal und etwas ganz anderes als die überwältigende Leidenschaft, die sie fast gegen ihren Willen mit Peters Leben verquickt hatte. Zitternd sagte sie: »Das ist nicht, was ich Liebe nenne!«
»Das kann ich mir denken, Schatz.« Rohana ergriff die kalten kleinen Hände. »Und doch ist es real, und es hat sich als dauerhaft erwiesen.«
»Dann bedeutet deiner Ansicht nach Liebe – Liebe, wie ich sie kenne – gar nichts? Ich habe den Eindruck, du glaubst, eine Ehe könne von irgendwelchen zwei Personen geschlossen werden, ganz gleich, was sie füreinander empfinden, als ob…« – zum erstenmal in einem Dutzend Jahren sprach Jaelle den Namen ihrer Mutter aus –,»… als ob Melora und Jalak, als ob meine Mutter, wenn auch gefangengenommen und vergewaltigt, ein dauerhaftes Glück hätte aufbauen können.«
»Sogar das wäre unter Umständen möglich, Liebling. Aber ich hatte meiner Heirat zugestimmt und hatte die Unterstützung und den Segen meiner Familie. Melora wurde ihrer ganzen Verwandtschaft mit Gewalt entrissen. Trotzdem, hätten Jalak und Melora einander gewählt, wäre sie mit ihm aus eigenem Willen davongelaufen, oder hätte er sie nach der Entführung zu lieben und zu achten gelernt und nicht als Schachfigur für seinen bösen Stolz betrachtet und seinen Haß gegen die Leute der Domänen an ihr gestillt – dann hätte sie möglicherweise Frieden finden können, vielleicht kein Glück, aber Zufriedenheit.«
»In Ketten?«
»Ja, Liebling. Hätte Melora Jalak geliebt und den Willen gehabt, ihn zu erfreuen, wären ihr die Ketten als ein Spiel erschienen, das er seines Stolzes wegen vor den anderen Männern aufführte, und sie hätte es getragen und freiwillig mitgespielt… Jaelle, wenn ihr Amazonen eine Armee aufstelltet und gegen die Trockenstädte marschiertet, um die Frauen dort von ihren Ketten zu befreien, würden euch zweifellos einige als ihren Erlöserinnen zujubeln. Ich bin jedoch überzeugt, daß andere euch aufforderten, kehrtzumachen und nach Hause zu gehen und euch nicht in ihre Angelegenheiten einzumischen. Würdest du keine Ketten tragen, um deinen Liebhaber zu erfreuen, Jaelle?«
»Er würde es nie verlangen.« Jaelle schlug die Augen nieder und dachte an ihr Getändel mit dem Band, an die Spiele ihrer Kinderzeit in der Trockenstadt. Die Erinnerung machte sie zornig, und sie fragte: »Hattest du gar kein Mitleid mit meiner Mutter?«
»Nur die Götter wissen, wieviel«, erwiderte Rohana. »Ich riskierte den Zorn Hasturs und hätte fast das Glück zerstört, das ich mit Gabriel gefunden hatte, um deine Mutter wegzuholen, bevor sie Jalak einen Sohn gebar, und um dich zu befreien, weil sie sagte, sie werde dich eher töten als in Ketten in Jalaks Großem Haus lassen. Erinnerst du dich nicht mehr daran?« Ihre Augen begannen zu lodern.
Jaelle nahm ihre Hand und küßte sie. Rohana stellte ruhig fest: »Jaelle, viele Frauen tragen ihre Ketten, wie ich die catenas trage.« Sie streckte den Arm aus und zeigte ihr zeremonielles Ehearmband, dessen Gegenstück
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