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Die Zeitreisenden in Callahans Saloon

Titel: Die Zeitreisenden in Callahans Saloon
Autoren: Spider Robinson
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auskannte, weil ich noch nicht genügend Routine hatte, um erfolgreich zu bluffen. Daher griff ich nach Drinks. Innerhalb einer Woche hatte ich das erste Kapitel dieses Buches fertig: »Der Kerl mit den Augen.«
    Ich warf in einer Buchhandlung einen Blick in den Führer für Schriftsteller und stellte fest, daß es für mein Meisterwerk vier Märkte gab. Ich nahm zur Kenntnis, daß Ben Bova fünf Cents pro Wort bezahlte, während alle anderen unter drei blieben; und damit begann meine lebenslange Freundschaft mit Ben. Ich brachte das Werk auf die Post, und er kaufte es, und als ich den Schock überwunden hatte, den sein Annahmebrief bei mir auslöste, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, rief ihn an und fragte schüchtern, ob Verleger sich jemals dazu herabließen, einige Minuten lang die naiven Fragen von angehenden Schriftstellern zu beantworten. Ben wies darauf hin, daß die Verleger kaum ohne Schriftsteller existieren könnten, und lud mich zum Lunch ein. Als ich das Büro von Analog betrat (und über den zufällig herumstehenden Hugo stolperte), war beinahe das erste, was er fragte: »Sagen Sie, existiert Callahans Saloon tatsächlich? Ich würde leidenschaftlich gern einmal dort hineinschauen.«
    Ich schätze, daß mir diese Frage seit diesem Tag ungefähr 5372 x 10 10 mal gestellt wurde – von praktisch jedem Fan, der mich zu fassen bekam. Ein Herr beklagte sich in einem Brief bitterlich darüber, daß ich in »Der Kerl mit den Augen« behauptet hätte, Callahans Saloon läge in Suffolk County, Long Island. Er schwor bei allen Heiligen, daß er sechs Monate lang jede einzelne Bar auf Long Island erforscht hätte, ohne den Saloon zu finden.
    Ich habe offensichtlich die richtige Saite angeschlagen.
    Es tut mir leid, aber ich muß Ihnen das gleiche erzählen wie den übrigen 5372 x 10 10 Leuten: soviel ich weiß, existiert Callahans Saloon nur zwischen a) meinen Ohren, b) etlichen Deckblättern von Analog und Vertex, und natürlich c) den Deckblättern dieses Buches. Falls es dort draußen in der sogenannten realen Welt tatsächlich Callahans Saloon geben sollte und Sie wissen, wo er liegt, bitte ich Sie, mir mitzuteilen, wo er zu finden ist, denn ich möchte wirklich gern eine Weile dort Quartier nehmen.
    Inzwischen serviere ich Ihnen ein paar Drinks aus Callahans Saloon, wie ich ihn mir vorstelle. Vorsicht! Sie sind voller Überraschungen.
    Cheers!
    Copyright © 1977 by Spider Robinson

    »Nichts, was Menschen je erdacht haben, hat soviel Glück beschert wie eine gute Taverne oder ein Gasthaus.«
    Samuel Johnson

Der Kerl mit den Augen
    An diesem Abend ging es in Callahans Saloon ganz schön rund. Die Gäste konnten sich nicht entscheiden, ob sie den Mund zum Reden oder zum Trinken des Budweisers verwenden sollten, und Biergläser waren kaum zu bekommen. Trotzdem schaffe es dieser Kerl, beinahe eine Stunde lang in einer Ecke zu sitzen, ohne daß ihn jemand bemerkte. Ich entdeckte ihn erst ein paar Minuten, bevor der allgemeine Wirbel losging, und ich achte streng darauf, daß ich jeden in Callahans Saloon genau unter die Lupe nehme.
    Vor allem sah ich seine Augen. Man gewöhnt sich bei Callahan an traurige Augen – jeder Neuankömmling hat sie –, aber die hier erinnerten mich an einen Kerl, den ich einmal in Topeka kennengelernt hatte und der mit einem antiken Revolver vier Leute ins Jenseits beförderte, bevor ihn die anderen erledigten.
    Ich hoffte verdammt, daß er den Kamin aufsuchen würde, bevor er sich verdrückte.
    Wenn Sie noch nie in Callahans Saloon gewesen sind, tun Sie mir in tiefster Seele leid. Suchen Sie ihn in der Wildnis von Suffolk County, aber halten Sie nicht nach Neonbeleuchtung Ausschau. Ein einfaches, handgemaltes Schild, das von einem einzigen Scheinwerfer beleuchtet wird, und eine schwere, 1947 vom Kopf eines gewissen Big Beef McCaffrey mittendurch gespaltene Holztür, die behelfsmäßig zusammengeflickt ist.
    Drinnen gibt es etliche ketzerische Besonderheiten.
    Erstens ist die Beleuchtung ungefähr so hell wie in Ihrem Wohnzimmer. Callahan behauptet, daß Menschen, die in finsteren Höhlen trinken, labil sind.
    Zweitens gibt es einen Einheitspreis. Jeder Drink in dem Saloon kostet einen halben Dollar, aber man hat eine Alternative. Die Alternative sieht so aus: Man legt eine Eindollarnote auf die Theke. Wenn man nur einen Zehndollarschein bei sich hat, trabt man über die Straße ins Delikatessengeschäft, das die ganze Nacht offen hat, wechselt, kommt zurück und legt eine
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