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Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Die Zeit, die Zeit (German Edition)

Titel: Die Zeit, die Zeit (German Edition)
Autoren: Martin Suter
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eines Stampfers die Straße, und noch vor fünf Uhr lud der Lastwagen die Handwalze wieder auf, und die Arbeiter entfernten die Absperrungen. Peter Taler unterschrieb dem Vorarbeiter den Arbeitsrapport. Er war auf Feldau & Co. ausgestellt.
    Quer über den Gustav-Rautner-Weg verlief nun eine saubere Flickstelle im Asphalt, die von Betrios Leuten mit einer Mischung aus Sand und Asche ein wenig abgetönt wurde.
    Es waren lange Tage, diese letzten vor dem Elften. Die Gärtner arbeiteten mit Flutlicht, um die verbleibenden Pflanzen noch vor Dienstag einzupassen. Denn spätestens dann musste der Rollrasen verlegt werden. Der Mittwoch war für die letzten Details vorgesehen, bevor um Mitternacht der Schicksalstag begann.
    Taler war übermüdet und gereizt. Der Schlafmangel schlug ihm auf die Geduld. Dabei war Geduld das, was er für die letzten Arbeiten am nötigsten brauchte.
    Gleich am Montagvormittag hatte Betty angerufen. »Das hast du ja sehr elegant gelöst«, sagte sie süffisant. »Danke für den Pendenzenberg.«
    »Ich war wirklich krank. Ich zeig dir meine ärztliche Bescheinigung.«
    »Wenn sie so echt ist wie gewisse Rechnungen…«
    Als endlich auch die letzte Stechpalme in Hadlaubers wiederauferstandener Mischhecke eingepasst war und die Gärtner das Flutlicht ausschalteten, kam Wertinger junior zu ihm und sagte: »Ein gewisser Gerber hat mich angerufen. Er will mit mir über die Rechnungen reden. Ist etwas nicht in Ordnung?«
    »Ach der«, antwortete Taler. »Wann treffen Sie ihn?«
    »Wenn das hier vorbei ist und ich einen Tag ausgeschlafen habe. Am Freitag.«
    »Freitag ist prima.«
    Als Taler kurz vor ein Uhr nachts in Knupps Wohnung trat, kniete Angela im Wohnzimmer vor dem Sessel mit der Klöppelrolle und weinte. Knupp stand neben ihr und streichelte hilflos über ihr Haar.
    »Die Stecknadeln«, erklärte der Alte.
    Taler verstand nicht gleich. Alle Nadeln waren gesteckt und alle Klöppel arrangiert. Aber dann sah er das Problem: Die Stecknadelköpfe waren farbig. »Sie hat versucht, die Farben anhand der Grautöne auf dem Foto zu bestimmen. Aber jetzt…« Er deutete auf das schluchzende Mädchen. »Ich habe ihr gesagt, für mich gehöre das nicht unbedingt zu den sichtbaren Veränderungen. Aber…« Er zuckte mit den Schultern, und Peter sah, dass er ebenfalls den Tränen nahe war.
    Taler musste jetzt schlafen gehen, sonst würde auch er noch anfangen zu heulen.
    Bereits um sieben Uhr am nächsten Morgen begannen die Gärtner, den Rasen auszurollen. In der kurzen Zeit zwischen Dusche und Frühstück war die Hälfte des Gartens wie im Zeitraffer grün geworden. Taler stand mit der Kaffeetasse in der Hand am Fenster bei der ungewohnten Versammlung von Zimmerpflanzen auf dem Sims und sah eine Weile der Verwandlung zu.
    Ronnie Betrio empfing ihn mit einer schlechten Nachricht. Er hatte die verzierten Terrakottatöpfe mit dem Buchs gebracht und wartete auf Taler, damit dieser mit Stativ und Kamera die Bäumchen einwies.
    Als er Taler kommen sah, griff er in die Brusttasche und hielt ihm ein Papier hin. »Wir wollten heute wie geplant die Autos holen.« Es war eine Rechnung von Carenzo.
    Carenzo war der Name von Enzos Firma. Die Rechnung führte die drei Autos auf: Fiat X 1/9 Bertone, Volvo 940 Kombi, Peugeot 205. Darunter über drei Seiten die detaillierte Liste aller durchgeführten Arbeiten. Der letzte Posten lautete »Mehraufwand, pauschal«. Daneben stand 9999.00.
    »Sonst gibt er die Wagen nicht raus, sagt er.«
    »Sauhund«, murmelte Taler.
    »Was machen wir?«
    »Zahlen. Was sonst?«, antwortete Peter. »Ich geh nachher auf die Bank.«
    »Okay«, sagte Ronnie. Er konnte nicht wissen, dass es sein Geld war, das Taler holte.
    Taler machte auf dem Parkfeld Platz für den Bertone und parkte seinen Citroën auf der Straße. Der Volvo kam auf Frau Feldters Platz, der frei war bis zum Freitag. Nur der Peugeot musste ebenfalls am Straßenrand ausharren, bis am Mittwoch Steingärtners ins Hotel zogen.
    Taler, Betrio und einer seiner Mitarbeiter waren dabei, die beiden Autos einzuzirkeln. Ein Messband war über die Straße gespannt und hinderte für einen Moment die Müllabfuhr an der Durchfahrt. Der Fahrer hupte, und Taler machte ihm ein Zeichen, sich eine Sekunde zu gedulden.
    Der Mann ließ das Fenster runter und rief etwas, das Taler nicht verstand. Aber der nichtige Anlass genügte, um ihn die Kontrolle verlieren zu lassen. Er ging zu dem Müllwagen, stieg aufs Trittbrett, packte den Fahrer am Overall und
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