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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Lark
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schmucklose, selbst in der Herbstsonne nüchtern und langweilig wirkende Dorf, auf dessen sandiger Erde sie standen. Ida beschwor schneeweiße Strände und im Wind wehende Palmen …
    Plötzlich holte das Geräusch eines heranrollenden Wagens, gezogen von einem schweren Kaltblutpferd, Ida und Karl in die Wirklichkeit zurück. Sie fuhren auseinander, als sie Jakob Langes tiefe, befehlsgewohnte Stimme hörten.
    »Ida! Was um Herrgotts willen machst du hier? Eben noch habe ich Anton dafür gerügt, dass er diesen hässlichen Verdacht gegen dich äußerte. Meine Tochter, habe ich ihm gesagt, trödelt nach der Schule nicht herum, und erst recht nicht gemeinsam mit einem Knaben, der …«
    »Sie hat mir nur mein Heft gebracht!«, wagte Karl das Mädchen zu verteidigen. Ida selbst machte dazu nämlich keine Anstalten. Sie senkte nur den Blick und kaute reumütig auf ihrer Unterlippe. »Auf … auf Anweisung des Lehrers«, behauptete Karl.
    Diese Ausrede hätte auch Ida einfallen können, aber beim Anblick seines Vaters wirkte das sonst so lebhafte Mädchen wie gelähmt.
    »Der Lehrer lässt dir dein Heft nachtragen?«, höhnte Lange. »Von meiner Tochter? Das glaubst du doch selbst nicht, Jensch! Und wie mein Sohn berichtete, ist deine Schulzeit ab heute beendet. Also wozu brauchst du noch ein Schreibheft?«
    Lange verhielt seinen Wagen neben den beiden und warf einen bösen Blick auf das Heft, das aufgeschlagen auf der halb mit Erdäpfeln gefüllten Kiepe lag. Karl hatte sie abgelegt, um mit Ida zu plaudern. Jakob Lange musste Lehrer Brakels Schrift darin vom Bock aus lesen können und verzog den Mund.
    »Ein Lügner und hoffärtig wohl auch noch!«, meinte er. »Stellst deine Note zur Schau, als würde das etwas an deinem von Gott bestimmten Platz ändern! Schäm dich, Jensch!«
    Karl wusste, dass er jetzt demütig den Blick hätte senken müssen. Schließlich vergab auch Jakob Lange mitunter Arbeit an Tagelöhner. Es war besser, ihn nicht zu verärgern. Aber der Junge brachte es nicht über sich. Im Gegenteil, er blitzte den Schmied wütend an.
    »Wie könnt Ihr wissen«, fragte er bockig, »was Gott für mich bestimmt hat?«
    Ida schien bei seinen Worten zusammenzufahren. Karl stellte fest, dass sie selbst dann erschrak, wenn ein anderer ihrem Vater widersprach. Obgleich sie im Rang weit über ihm stand, bedauerte er sie.
    Jakob Lange würdigte den Sohn des Tagelöhners keiner Antwort. Stattdessen wandte er sich jetzt erneut an seine Tochter.
    »Und auch du wirst über viele Sünden nachzudenken haben, Ida, wenn du heute Nachmittag im Garten arbeitest!«, sagte er streng. »Stehst hier herum und stiehlst dem Herrgott die Zeit – und den Brandmanns die Arbeitskraft dieses Jungen, der deinetwegen Maulaffen feilhält, statt Kartoffeln auszugraben. Ich werde Peter Brandmann natürlich davon in Kenntnis setzen. Dein Lohn, Junge, wird entsprechend niedriger ausfallen. Komm jetzt, Ida!«
    Ida schenkte Karl keinen weiteren Blick. Mit gesenktem Kopf erkletterte sie die Ladefläche des Wagens, setzte sich darauf und ließ die Beine herabbaumeln. Eine seltsame Haltung für ein Mädchen auf einem Leiterwagen … Aber dann sah Karl, was sie damit bezweckte. Als Jakob Lange anfuhr, fiel wie durch Zufall ein kleines Buch aus einer Falte von Idas Rock – Die Reisen des Kapitän Cook. Karl brauchte es nur noch aufzuheben. Er schwankte kurz, ob er ihr damit nachlaufen sollte. Vielleicht hatte sie es ja wirklich verloren. Doch dann hob sie den Kopf. Und sie zwinkerte ihm zu.

KAPITEL 2
    »Die nicht!«
    Priscilla wehrte entschieden ab, bevor sich der Blick des Freiers gänzlich an dem honigblonden zierlichen Mädchen festsaugen konnte, das sich im Pub nützlich machte, indem es die Tische abwusch. Es war erst später Nachmittag, und die Walfänger waren bei der Arbeit an dem neuen Schiff, mit dessen Bau George Hempleman sie beschäftigte, wenn gerade keine Jagd anstand. Erst nachher würden sie, stinkend nach Schweiß und Tran, durstig auf Bier und Whiskey und lüstern auf Frauen in Barker’s Pub einfallen, aber dann würden sie das Mädchen nicht mehr sehen. Die Kleine hätte sich auch jetzt auf eine knappe Warnung hin zurückgezogen, doch diesen Freier hatte Barker überraschend hereingeführt – einen hochgewachsenen schlanken Mann in einem fadenscheinigen schwarzen Anzug und einem Hemd mit sonderbarem Kragen. Er wirkte gepflegter und drückte sich gewählter aus als die übliche Kundschaft. Allerdings zeigte er genauso wenig
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