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Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)

Titel: Die Zeit der Feuerblüten: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Lark
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Skrupel in Bezug auf die Auswahl seiner Gespielin.
    »Warum nicht?«, protestierte er jetzt mit seltsam hoher Stimme. »Mr. Barker sagte, ich dürfe aussuchen!«
    Tatsächlich hatten sich sämtliche Huren auf Barkers Ruf hin in dem primitiven Schankraum versammelt. Sehr groß war die Auswahl für den Freier allerdings nicht. Es gab nur die energische, knochige Priscilla, die dicke Noni und die hellblonde zarte Suzanne. Suzanne war ursprünglich einmal schön gewesen, aber ihre völlige Apathie verwirrte die Männer ebenso, wie ihr Gestank nach Whiskey und Verwahrlosung sie abstieß. Die junge Frau trug ein schmutzstarrendes pfirsichfarbenes Flitterkleid. Sie wusch es nie, ebenso wie sie nie badete, wenn Priscilla und Noni sie nicht dazu zwangen. Mit leerem Blick starrte sie ins Nichts. Sie schien den Freier gar nicht zu bemerken – und selbstverständlich machte sie keine Anstalten, ihre Tochter vor ihm zu beschützen.
    »Die Kleine ist noch zu jung!«, erklärte dagegen Priscilla resolut und wies auf das Mädchen. »Herrgott, das müssen Sie doch sehen, Reverend Morton …«
    Sie verzog spöttisch die Lippen, als sie den Mann mit seinem Titel ansprach, und blitzte Barker an. Der Pub-Betreiber hätte die Kleine wirklich selbst hinausschicken können!
    Das Mädchen sah auf. Reverend, das hatte etwas mit Kirche zu tun – Mrs. Hempleman hatte mal so was erwähnt, sie sagte normalerweise natürlich Pastor. Mrs. Hempleman sprach fast nur Deutsch und wollte auch lieber Frau Hempelmann genannt werden. Von Kirchenleuten redete sie immer voller Ehrfurcht, sie schien sie zu vermissen. Irgendwann hatte Mr. Hempleman ihr versprochen, einen Reverend für sie herzuholen, wenn sich denn mal einer in der Gegend blicken ließ. Aber dieser Mann hier machte nicht den Eindruck, als wäre er die Antwort auf Linda Hempelmanns Gebete. Seine Blicke waren ebenso lüstern wie die eines jeden anderen, was ihn wenig respekteinflößend wirken ließ. Immerhin erklärten seine Stellung oder sein Amt die seltsamen Worte, mit denen er sich eingeführt hatte: Er wünsche, so hatte er Mr. Barker salbungsvoll vorgetragen, etwas Entspannung, bevor er ausziehe, den Wilden Gottes Wort zu bringen.
    Das Mädchen schloss daraus, dass es sich um einen Missionar handelte. Auch ein Wort, das es bei der Unterhaltung über Linda Hempelmanns Sehnsucht nach dem Trost eines Priesters aufgeschnappt hatte: Mr. Hempleman hoffte, dass bald ein Missionar vorbeikam, um die Maori-Stämme rund um die Piraki Bay zum Christentum zu bekehren.
    »So jung ist sie auch nicht mehr«, brummte jetzt Mr. Barker und sah an Priscilla vorbei.
    Der kleine, dicke Besitzer des Pubs war außer Suzanne der Einzige, der das tatsächliche Alter des Mädchens kannte. Er hatte Suzanne und das Kind aus Sydney nach Neuseeland gebracht, angelockt von der Hoffnung auf neue Siedlungen in einem neuen Land und vertrieben durch irgendeinen Streit im Hafenviertel der Botany Bay. Das Mädchen erinnerte sich nur noch dunkel an Faustkämpfe, fliegende Messer und daran, dass Barker seinen Pub in Australien aufgegeben und überstürzt mit Suzanne das Weite gesucht hatte. Irgendwie hatten sich ihnen dann auch Noni und Priscilla angeschlossen. Das Mädchen wusste noch, dass Priscilla ihm den Kopf gehalten hatte, als es sich auf dem Schiff immer wieder übergeben musste.
    »Sie ist bald dreizehn Jahre alt, dann nehm ich sie in Dienst, Reverend! Aber bis dahin …«
    Barker wand sich sichtlich. Von sich aus hätte er das Kind wahrscheinlich nicht geschont, er fürchtete jedoch offenbar Priscillas Reaktion. Wenn sie ihm weglief und sich einen anderen Zuhälter suchte, wäre der Laden noch trostloser, als er es ohnehin schon war.
    Der Reverend sah sich das Mädchen nun näher an. Er zwang es, ihm sein zartes, ovales Gesicht zuzuwenden. Die nussbraunen Augen waren riesig … Aufseufzend rieb sich der Missionar den Schritt. Das Mädchen gefiel ihm, aber seine noch kindlichen Züge machten ihm dann doch bewusst, dass sich kaum eine halbwegs gottgefällige Ausrede finden würde, in seinen Armen »Entspannung« zu suchen. Er bemühte sich um ein väterliches Lächeln.
    »Ein hübsches Ding bist du, Kleines!«, meinte er anerkennend. »Magst du mir sagen, auf welchen Namen man dich getauft hat?«
    Das Mädchen zuckte die Schultern. Ganz sicher war es niemals getauft worden, es wusste auch gar nicht genau, was darunter zu verstehen war. Und einen Namen … wenn Suzanne bei ihrer Geburt noch ausreichend bei sich
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