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Die Zarin (German Edition)

Die Zarin (German Edition)

Titel: Die Zarin (German Edition)
Autoren: Ellen Alpsten
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Kopf und sagte: »Dein Wunsch ist uns Befehl! Habt eine gute Nacht, meine Freunde!« sagte ich so leichthin, wie es mir nur möglich war. Ich klatschte in die Hände, und unsere Gäste erhoben sich mit betretenen Gesichtern. Waren sie Komparsen in einem von Peters Spielen? Wilhelm Mons blieb sitzen. Er war aschfahl geworden. Ich lehnte mich mit gleichmütigem Gesicht in meinem Stuhl zurück.
    Als wir drei allein zurückblieben, war für einen Augenblick lang nur das Knacken der Scheite im Feuer zu hören. Peter schwieg und sah von mir zu Wilhelm und von Wilhelm zu mir. Ich entfaltete meinen Fächer und bewegte ihn scheinbar gelassen hin und her. Dies reizte Peter zum Handeln, ganz, wie ich es beabsichtigt hatte. Er zog einen vielfach gefalteten Brief aus seiner Brusttasche. Ich konnte sehen, daß er oft gelesen worden war: Die Brüche in dem Papier waren dunkel, und einige der Schriftzüge waren wie von Tränen verschmiert. Als Peter ihn entfaltete, fiel mein Blick auf die weiten geschwungenen Schriftzüge. Er sah mich einen Augenblick lang voll Verachtung an, ehe er das Schreiben Wilhelm Mons hinwarf.
    »Ich habe leider Gottes eine ungebildete Magd geheiratet. Lies, du Laffe!« donnerte er. Wilhelm Mons entfaltete mit seinen schlanken, langen Fingern das Papier. Er las und bewegte dabei tonlos die Lippen. Dann schüttelte er den Kopf und stammelte: »Mein Zar! Das ist eine Lüge! Eine schamlose, gemeine Lüge!«
    Peter jedoch ließ ihm keine Zeit für weitere Erklärungen. Er schlug Wilhelm mit der geballten Faust ins Gesicht. Die Wucht des Schlages ließ meinen Liebsten mitsamt seinem Stuhl zu Boden fallen. Ich wollte aufspringen, um ihm zu helfen. Peter jedoch griff mich mit seinen Fäusten und schüttelte mich durch. »Metze! Dich habe ich zur Kaiserin gemacht, dich gekrönt, und du hurst wie eine gewöhnliche Magd! Widerliche Kebse! Unehrlich und verlogen bis auf die Knochen! Und sieh, du schmückst dich sogar mit den Früchten deiner Arbeit! Bestechlich bist du auch noch!«
    Er griff an das Halsband, das ich trug, und riß es weg. Die Perlen, Rubine und Diamanten daran regneten als bunter Schauer zu Boden. Wilhelm Mons kauerte nun auf seinen Knien und umfaßte die Stiefel Peters. Er bedeckte das rauhe Leder mit Küssen. »Mein Zar, bei all der Liebe und all der Ehre, die Ihr meiner Familie habt zugute kommen lassen, glaubt dies nicht! Glaubt nicht, daß ich das Ansehen der Zariza beschmutzen oder gar Euch verraten könnte!«
    »Hundsfott! Wurm!« schrie Peter und trat ihn zweimal mit seinem Fuß: Einmal in sein schönes Gesicht, einmal hart gegen die Brust. »Wage es nicht, den Namen der Zariza im selben Atemzug mit dem deiner verfluchten Sippe zu nennen! Ihr werdet alle bezahlen!«
    In diesem Augenblick griff er nach dem Wasserkrug aus niederländischem Porzellan und warf ihn mit Wucht in den kunstvoll geschliffenen Spiegel aus venezianischem Glas. Er zersprang in tausend Splitter. »Das, Katharina Alexejewna, soll mit dir und den Deinen geschehen!« schrie er. Ich faßte mich ob seines Zorns und sagte kalt: »Fabelhaft. Du hast gerade eines der schönsten Stücke in deinem Haushalt zerstört. Fühlst du dich jetzt besser?«
    Jedes Zeichen von Furcht in meinem Verhalten, so wußte ich, würde er nur als Eingeständnis meiner Schuld sehen. Er griff wieder nach meinem Handgelenk. Ich meinte, meine Knochen wollten zerspringen, doch ich ließ keinen Laut über meine Lippen kommen. Peter rief zur Tür hin: »Wache! Sofort zu mir!«
    Vier baumlange Soldaten stürmten in den Raum. Peter zeigte mit einem zitternden Finger auf Wilhelm Mons, der noch immer am Boden kauerte.
    »Verhaftet den Mann! Sofort verhaften«, befahl er den Männern atemlos. »In die Festung mit ihm. Dunkelhaft, Folter, bis er gesteht. Brecht ihm alle Knochen. Zieht ihm die Haut ab. Die Anklage lautet auf Diebstahl und Beleidigung der Kaiserin.«
    Mir wurde schwarz vor Augen, und Peter fing mich auf, als ich ohnmächtig wurde.
     
    Wilhelm Mons verriet weder mich noch unsere Liebe. Peters Folterknechte führten ihr grausames Handwerk nach bestem Wissen und Gewissen aus, aber kein Laut soll über seine Lippen gekommen sein. Öffentliche Schreier liefen durch die Straßen von Sankt Petersburg und luden jeden ein, noch weitere Verbrechen der Familie Mons anzuzeigen. Der Gedanke an die Qualen, die mein Geliebter ausstehen mußte, raubte mir den Schlaf und die Lust auf das Leben. Peter jedoch wartete darauf, daß ich mich verriet. Ich konnte ihm nicht
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