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Die Zahlen Der Toten

Die Zahlen Der Toten

Titel: Die Zahlen Der Toten
Autoren: Linda Castillo
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Stromrechnung kriegen.
    Beim Blick auf den nächsten Zettel runzelt Mona die Stirn. »Phyllis Combs vermisst ihre Katze und glaubt, derselbe Kerl ist dafür verantwortlich.« Sie sieht mich aus großen braunen Augen an. »Ricky McBride hat mir erzählt, das Opfer war … geköpft. Stimmt das?«
    Ich widerstehe dem Drang, mir die brennenden Augen zu reiben. »Nein. Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie alle Gerüchte sofort im Keim ersticken. Davon wird es in den nächsten Tagen nämlich noch genug geben.«
    »Ganz bestimmt.«
    Mit Blick auf die rosa Zettel beschließe ich, mir ihren Eifer zunutze zu machen. »Rufen Sie die Leute alle zurück. Sagen Sie ihnen, die Polizei von Painters Mill tut alles, um den Mord aufzuklären, und dass ich in der nächsten Ausgabe vom
Advocate
ein Statement abgeben werde.«
The Advocate
ist die Wochenzeitung unserer Stadt mit einer Auflage von viertausend. »Wenn Anfragen von der Presse kommen, sagen Sie, dass sie heute Nachmittag eine Pressemeldung gefaxt bekommen. Ansonsten heißt es immer ›Kein Kommentar‹, ist das klar?«
    Sie hängt an meinen Lippen, wirkt dabei etwas zu aufgeregt, zu eifrig. »Hab verstanden, Chief. Kein Kommentar. Sonst noch etwas?«
    »Ich könnte einen Kaffee brauchen.«
    »Ist schon unterwegs.«
    Ich muss an ihr Soja-Espresso-Schokolade-Gebräu denken und mich schaudert. »Einen ganz normalen Kaffee, Mona, und ein paar Aspirin, wenn wir welche hier haben.« Ich setze mich in Bewegung, um Zuflucht in meinem Büro zu suchen.
    »Ja, natürlich. Milch, ohne Zucker. Ist Tylenol auch okay?«
    Kurz vor meiner Bürotür fällt mir noch etwas ein und ich drehe mich um. »Hat in den letzten Tagen jemand eine junge Frau als vermisst gemeldet?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Aber es ist immer noch früh, der Anruf kommt bestimmt, da bin ich mir sicher. »Fragen Sie bei der State Highway Patrol und beim Sheriffbüro von Holmes County nach, ja? Weiß, blaue Augen, dunkelblonde Haare. Alter zwischen fünfzehn und dreißig.«
    »Wird sofort erledigt.«
    Ich gehe in mein Büro, mache die Tür hinter mir zu und widerstehe der Versuchung, sie abzuschließen. Auf engem Raum stehen hier ein lädierter Metallschreibtisch, ein altmodischer, staubiger Aktenschrank und ein Computer, der Geräusche macht wie eine Kaffeemühle. Das einzige Fenster bietet einen wenig berauschenden Blick auf den Verkehr in der Main Street.
    Sobald ich die Jacke ausgezogen und über den Stuhl gehängt habe, schalte ich den Computer ein und schließe den Aktenschrank auf. Während der PC hochfährt, ziehe ich die untere Schublade auf und blättere einige Akten durch. Häusliche Gewalt. Tätlichkeiten. Mutwillige Sachbeschädigung. Alles Vergehen, die in einer Stadt wie Painters Mill nicht überraschen. Doch die Akte, die ich suche, ist ganz hinten, und ich zögere einen Moment, bevor ich sie schließlich heraushole. Seit zwei Jahren bin ich hier Chief of Police, habe mich aber nicht überwinden können, mir die Akte anzusehen. Heute Morgen komme ich nicht mehr drum herum.
    Es ist eine dicke Akte, braun mit verschlissenen Rändern und schwarzen, vom vielen Gebrauch zerbrochenen Metallklammern. Auf dem sich ablösenden Etikett steht:
Schlächter-Morde, Holmes County, Januar 1992 .
Ich nehme die Akte mit zum Schreibtisch und schlage sie auf.
    Mein Vorgänger, Delbert McCoy, hat alles pedantisch genau festgehalten. Auf einem getippten Polizeibericht stehen Datum, Uhrzeit und Ort. Den Namen von Zeugen folgen Kontaktinformationen und Anmerkungen über erfolgte Überprüfungen. Jeder einzelne Aspekt der Untersuchung scheint peinlich genau dokumentiert. Außer natürlich dem einen Vorfall, der nicht der Polizei gemeldet worden war …
    Ich blättere die Akte durch, präge mir das Wesentliche ein. Vor sechzehn Jahren hatte in den ruhigen Straßen von Painters Mill ein Mörder auf der Lauer gelegen. Über einen Zeitraum von zwei Jahren hatte er vier Frauen auf grausamste Weise getötet.
    Die Art seines Vorgehens – er hat sie wie Schlachtvieh ausbluten lassen – veranlasste einen schlagzeilengeilen Reporter, ihn als »Schlächter« zu bezeichnen, was sich dann in den Köpfen der Leute festsetzte.
    Das erste Opfer, die siebzehnjährige Patty Lynn Thorpe, war vergewaltigt und misshandelt worden, ihre Kehle durchgeschnitten. Die Leiche wurde an der Shady Grove Road abgeladen – nur zwei Meilen von der Stelle entfernt, an der T. J. heute Morgen die Tote gefunden hat. Der Autopsiebericht lässt mich
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