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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes
Autoren: Ulrich Hefner
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Besserung. Ich denke, in zwei Wochen ist er wieder zu Hause.«
    »Und Doktor Esser?«, fragte Rike.
    Trevisan schüttelte mitleidig den Kopf. »Er wird wohl immer auf einen Rollstuhl angewiesen sein. Aber er wird es überleben.«
    Rike nickte und griff nach ihrem Tee. »Und alles nur, weil diesen Kriminellen ein paar Robben im Weg waren. Manchmal ist das Leben schon grotesk, finden Sie nicht?«
    Trevisan lächelte gequält, doch ihm fiel keine passende Antwort ein.
    »Wissen Sie, wie viele Tiere von diesen Mördern umgebracht wurden?«
    »Sieben, acht. Hartnäckige, die sich nicht durch die schrillen Signale vertreiben ließen.«
    »Sieben«, antwortete Rike nachdenklich. »Genauso viele Wale starben, als ich versuchte, sie zu schützen. Unten, im Südpolarmeer. Irgendwie habe ich kein Glück.«
    »Was werden Sie jetzt tun?«, fragte Trevisan.
    Rike schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich habe alle meine Freunde verloren. Larsen, Hilko und beinahe auch Töngen.«
    »Onno lässt Ihnen Grüße ausrichten«, antwortete Trevisan. »Er würde Sie gerne wiedersehen. Offenbar haben Sie einen neuen Freund gefunden.« Trevisan erhob sich. »Fangen Sie ein neues Leben an. Sie haben alle Möglichkeiten. Ich habe Ihre Arbeit über den Schutz des Wattenmeeres gelesen. Sie hat mich schwer beeindruckt und nachdenklich gemacht. Wir müssen umdenken, wenn wir in ein paar Jahre noch etwas Natur um uns herum haben wollen. Da gibt es noch sehr viel zu tun.«
    Rike nickte.
    *
    Paula kam Ende Februar in Wilhelmshaven an. Grit begleitete sie. Als das Mädchen ihren Vater auf dem Bahnsteig erkannte, fiel sie ihm in die Arme. Grit blieb stehen und schaute den beiden regungslos zu. Nachdem Trevisan seine Tochter voller Überschwang begrüßt hatte, ging er auf seine Nochehefrau zu. »Hallo, Grit, wie geht es dir?«
    »Interessiert es dich wirklich?«
    Trevisan atmete tief durch. Er wollte vermeiden, dass es wieder zum Streit kam. »Ja.«
    »Zur Zeit habe ich wirklich viel um die Ohren«, antwortete Grit nach einem Moment des Schweigens. »Ich mache gerade einen EDV-Kurs und bilde mich fort. Der Job, der mir angeboten wurde, ist eine echte Chance für mich. Deswegen fahre ich auch in einer Stunde wieder zurück.«
    Trevisan nickte. »Trinken wir noch einen Kaffee zusammen?«
    Sie setzten sich in ein Café nahe der Nordseepassage. Zum ersten Mal seit Monaten konnte sich Trevisan mit seiner Frau unterhalten, ohne dass sie in Streit gerieten. Grit sprach mit Feuereifer über ihr neues Leben und Trevisan wusste, dass darin für ihn kein Platz mehr war.
    »Ich brauche jetzt etwas Zeit für mich«, sagte Grit, als sie in der Tür des Regionalexpresszuges nach Hamburg stand. »Ich hole Paula wieder ab, sobald ich etwas Passendes gefunden und mein Leben organisiert habe.«
    Trevisan nickte nur und drückte Paulas Hand. Die Kleine sah lächelnd zu ihm auf.
    Er wartete nicht, bis der Zug abfuhr.
    *
    Bei der Gerichtsverhandlung traf er alle wieder. Kirner, Rike, Behrend und auch die Angeklagten, die in Handschellen vorgeführt wurden. Rike und Behrend lebten inzwischen zusammen. Sie waren wie Vater und Tochter.
    Alexander Romanow hatte die ganze Zeit geschwiegen. Der Verhandlung folgte er teilnahmslos. Vargösz und Liebler hingegen redeten und versuchten zu retten, was es noch zu retten gab. Das Verfahren gegen Gunnar Lührs, den Chef der ENCON-Network, war abgekoppelt worden. Er hatte wegen Bestechung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung erhalten. Von den weiteren Verbrechen hatte er nichts gewusst, behauptete er. Das Gegenteil konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Auch das Verfahren gegen die auf der Sigtuna festgenommenen Seeleute wurde vom Hauptverfahren abgetrennt. Wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mordversuch und Verstößen gegen das Seerecht und gegen naturschutzrechtliche Beschränkungen wurden ein Matrose zu zwei Jahren und sechs Monaten und der Kapitän des Schiffes zu fünf Jahren und acht Monaten verurteilt.
    Im Hauptverfahren von dem Schöffengericht in Oldenburg wurde Horst Liebler wegen Beihilfe zum Mord, Bestechung und Vorteilsannahme zu acht Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Thomas Vargösz erhielt eine lebenslängliche Haftstrafe, ebenso Alexander Romanow, bei dem als Drahtzieher wegen besonders schwerer Schuld überdies noch eine Sicherungsverwahrung angeordnet wurde. Er würde das Gefängnis wohl nur noch als gebrechlicher alter Mann verlassen. Das Geld aus den Reisetaschen, insgesamt 6,2 Millionen
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