Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wiederkehrer

Die Wiederkehrer

Titel: Die Wiederkehrer
Autoren: Kooky Rooster
Vom Netzwerk:
war Nikos nächster Gedanke.
    Bauchspeicheldrüse. Endstadium. Ein Krebs, den man meist zu spät entdeckt. Zunächst hatten die Ärzte geglaubt, Nikos Mutter hätte einen Schlaganfall, doch dann hatten sie die Metastasen entdeckt, die sich bereits bis ins Hirn ausgebreitet hatten.
    „Es geht zu Ende“, schluchzte Nikos Vater, „Was soll ich jetzt tun? Ich weiß noch nicht einmal, wie ich den Herd ankriege!“ Ach du liebe Güte! Das war Nikos Zukunft! Sein Vater war sein späteres Ebenbild. Zwar wusste Niko – noch – wie man einen Herd bediente oder eine Waschmaschine, aber er war auf dem besten Weg dahin gewesen, wo sein Vater heute bereits war.
    „Ich sage meinem Chef Bescheid, dann komme ich“, versprach Niko und startete mit zitternden Händen den Wagen. Es war keine gute Idee, in dieser Verfassung selbst mit dem Auto zu fahren. Da konnte weiß Gott was passieren. Das hatte Niko schon bei seinem Bruder gesehen.
    „Gut, dass ich Sie erwische, Herr Scheiffler“, wurde Niko vom Chef begrüßt, der ihm die Hand auf den Rücken legte und ihn sofort ins chaotische Büro schob. Das. War. Kein. Gutes. Zeichen. „Setzen Sie sich doch, Herr Scheiffler“, forderte der Chef Niko auf, richtete sich die Krawatte und sank hinter dem riesigen Schreibtisch in den feudalen, bequemen Stuhl. Niko hätte lieber stehen bleiben wollen, doch er fügte sich. War einfacher. Außerdem hatte er wackelige Beine und es war nicht klug, dem Chef gegenüber Schwäche zu zeigen. Niko musste seinem Vorgesetzten nun klar machen, dass er spontan ein paar Tage Urlaub benötigte. Zumindest war nun geregelt, wo er die nächsten paar Nächte schlafen könnte, schoss Niko durch den Kopf. Gleich darauf schämte er sich für diesen Gedanken.
    „Herr Scheiffler …“, kam ihm der Chef zuvor, seufzte, spielte mit einem Kugelschreiber, musterte seinen Mitarbeiter, als wäre ihm wichtig, wie es diesem ging. Ein Schauspiel, das er durch Seminare zur Mitarbeiterführung perfektioniert hatte. Dass ihn jedoch nicht im Geringsten interessierte, wie sich Niko fühlte, war daran zu erkennen, dass er weder die geschwollenen Augen bemerkte, noch die bleiche Haut oder das zerzauste Haar, oder, dass sein Mitarbeiter zitterte. „… Sie wissen ja, dass wir mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen haben …“, begann der Chef.
Einigen?
Das war eine schamlose Untertreibung. Der Betrieb kämpfte seit einem Jahr verzweifelt gegen den Konkurs. Es gab Wochen, da musste die Belegschaft täglich damit rechnen, am Morgen keine Stühle oder Rechner mehr vorzufinden, weil diese versteigert werden sollten. Die Gehälter wurden mittlerweile mit drei Monaten Verzögerung überwiesen und zu Weihnachten war der Vollidiot von Chef auf die glorreiche Idee gekommen, statt des Gehalts den Mitarbeitern ihre Arbeitsrechner zu schenken.
    Die halbe Belegschaft war bereits gekündigt worden und der Rest versuchte, mit den übriggebliebenen Fragmenten der ehemals florierenden Druckerei, über die Runden zu kommen. Das war eigentlich so gut wie unmöglich, da die Leasingfirmen die meisten Druckmaschinen abgeholt hatten. Es war seit Monaten nichts weiter, als ein Zeit absitzen, bis es endlich knallte. Warum Niko noch da war? Betörende Lügen der Geschäftsleitung: Einerseits wurden jede Woche neue, wenn auch absurde Versprechen gegeben, das nahende Ende der Krise prophezeit. Man hielt die Leute mit Durchhalteparolen bei der Stange und erzählte ihnen, man habe eine Lösung gefunden, ab nun ginge es steil bergauf. Andererseits war das Gehalt gut und Niko hatte ja noch den Job. Wozu sollte er sich den Stress antun und woanders bewerben?
    „… kündigen“, drang an Nikos Ohr. Er hatte gar nicht richtig zugehört.
    „Was?“ Niko wurde rückwirkend gekündigt, um die Kündigungsfrist abzukürzen. Eine rasch abverlangte Unterschrift, die Niko völlig perplex leistete, machte dieses hinterhältige Vorhaben legal. Mit Ende des Monats wurde er also arbeitslos. Das waren zwar noch zwei Wochen hin, aber da Niko noch Urlaubstage offen hatte und der Chef kein Geld, um diese auszuzahlen, sollte Niko auf der Stelle die Firma verlassen.
    „Wie …
gleich?
“, fragte er verwirrt. Ihm dröhnte der Schädel. Niko fühlte sich wie in die Wüste gestoßen, auf den tiefsten Grund des Meeres verbannt, ans Gipfelkreuz eines Achttausenders genagelt.
    Der Chef erhob sich erleichtert, knöpfte geschäftig das Sakko zu, reichte Niko die Hand und brabbelte prosaisch: „Es war uns ein Vergnügen, mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher