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Die Wesen (German Edition)

Die Wesen (German Edition)

Titel: Die Wesen (German Edition)
Autoren: Philip Lux
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seichte Licht einer entfernten Notausgangsbeleuchtung war ihre einzige Orientierung. Die Regale standen unverändert. Sie bewegte sich auf das Licht zu. Der Schein der Taschenlampe flackerte jetzt wild durch den Raum, als der erste Polizist durch das Fenster stieg. Die Metalltür unter der Notausgangsbeleuchtung befand sich hinter einem Vorhang. Laima riss die Tür auf.
    „Stehenbleiben“, rief der Polizist zwischen den Regalen hindurch.
    Die Tür fiel zu.
    „Schnell, beeil dich doch. Ich glaube, es ist die Frau, die Eddis und Mikus abgehängt hat.“
    Es dauerte eine ganze Weile, bis beide zur Tür gefunden hatten und den Raum im Laufschritt verließen.
    Laima atmete hinter dem Vorhang auf. Dann tastete sie sich bis zum Bären, kroch in ihn hinein und fühlte sich endlich sicher.
     
    „Polizei. Kommen sie mit erhobenen Händen raus. Sie sind umstellt“, dröhnte eine tiefe Stimme.
    Laima schreckte hoch.
    „Kommen sie raus! Sie müssen zum Flughafen. Außerdem habe ich Hörnchen und Kaffee dabei.“
    „Mann, Papa, du findest das auch noch lustig“, sagte Laima und kroch aus ihrem Versteck.
    „Ich habe schon gehört, dass heute Nacht eingebrochen wurde. Wenn sie dich nicht gefunden haben, konntest du nur hier drin sein. Beeil dich, wir müssen uns noch fertig machen, bevor es zum Flughafen geht.“
     
    Es waren endlose schmale Treppen, die steil nach oben, nach unten, nach rechts und nach links, wie durch einen Ameisenbau führten. Schließlich kamen sie am Pförtner vorbei. Sie verließen die Oper durch den Künstlereingang, wo bereits ein Taxi wartete.
    „Meinst du nicht, es ist ein bisschen übertrieben. Ich habe den Eindruck, ein Schild um den Hals mit meinem Namen drauf wäre unauffälliger gewesen. Du als Scheich. Und ich ...“
    „Komm weiter. Mach keine Geschichten“, sagte ihr Vater und schob sie ins Taxi.
    „Maxim, gib Stoff. Zum Flughafen. Maxim war Rennfahrer und beim KGB. Eine bessere Kombination konnte ich auf die Schnelle nicht finden.“
    „Biete aanschnaalen“, sagte Maxim. „Wen sie uns foolgen woolen, chänge ich sie aab.“
    Dann gab er Gas. Er fuhr sehr schnell, aber elegant und weich.
    „Deine Schminke sieht irgendwie nicht echt aus“, sagte Laima. „Und dein Schnurrbart!“
    „Aber die Sonnenbrille, um meine blauen Augen zu verdecken, ist doch super.“
    „Blau, ja. Ist dir noch nicht aufgefallen, dass blaue Burkas in Afghanistan getragen werden? Nicht in den Emiraten!“
    „Sei nicht so kleinlich. Unser Fundus ist eben nicht perfekt. Was Besseres hätten wir für dich gar nicht finden können. Schließlich hast du dich in die Tinte gesetzt, nicht ich. Da solltest du lieber dankbar sein für alles, was du kriegen kannst.“
    Maxim beobachtete immer wieder den Verkehr hinter ihnen. Aber es schien alles ruhig.
    Als sie aus der Stadt waren, raste er unvermittelt los und wechselte ein paar Mal in schneller Folge die Spur.
    „Was ist? Sind sie hinter uns?“ Laima war nahe am Nervenzusammenbruch.
    „Nee, nee. Woolte nur bisschen Spaß, wie in aalte Zeit.“
    „Jetzt reichts mir langsam mit euren Späßen. Ich mache mir hier fast in die Hose und ihr benehmt euch wie die Kinder. Noch einen Spaß und ich werde euch beide hysterisch verprügeln. Verstanden?“
    „Iss klar“, sagte Maxim und grinste.
    „Und hör auf zu grinsen.“
     
    Maxim setzte sie vor dem Abflugterminal ab. Als sie die Halle mit den Check-in-Schaltern betraten, sahen sie sich um. Auf einer der Bänke saß Dr. Wu. Er starrte sie unverwandt an. Neben ihm lag eine gefaltete Zeitung. Laima setzte sich so, dass die Zeitung zwischen ihnen lag. Er wirkte befremdet, als sie Platz nahm.
    „Psst! Dr. Wu, ich bin es, Laima.“
    Er zuckte zusammen, ließ sich aber nichts weiter anmerken.
    „Ich habe schon gehört, dass sie es geschafft haben, die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich zu ziehen. Diese Verkleidung hilft ihnen bestimmt dabei, die aller anderen auch noch zu bekommen. Aber seis drum. Ich habe hier zwei Pässe, da sie offenbar nicht die Gelegenheit hatten, ihren mitzubringen. Einen auf ihren richtigen Namen. Und einen Pass auf den einer gewissen Fatima aus Marrakesch. Ihr Vater scheint da einiges durcheinandergebracht zu haben. Aber um bis in die Schweiz zu kommen, sollte es reichen. Schließlich wird hier bereits nach ihnen gefahndet. Beide Dokumente sind echt. Fragen sie mich nicht, wie ich das in der kurzen Zeit geschafft habe. Ihr Flug geht erster Klasse nach Zürich. Ich werde jetzt aufstehen. Ihr
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