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Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere

Titel: Die Werte Der Modernen Welt Unter Beruecksichtigung Diverser Kleintiere
Autoren: Marina Lewycka
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letzten Schuljahrs seine Stelle antrat, hat er verkündet, dass der traditionelle Sporttag im Sommer (zu viele Verlierer) durch einen Gemeindetag im Herbst (jeder ist ein Gewinner) ersetzt würde – eine Gelegenheit, neue Eltern willkommen zu heißen und die Interaktion zwischen Schule und Gemeinde anzukurbeln. Die Art, wie er es sagte – mit einem verschmitzten Funkeln in den dunklen Augen –, vermittelte dem Lehrkörper (vor allem den weiblichen Mitgliedern) das Gefühl, eine außerordentlich erfüllende Berufswahl getroffen zu haben.
    Doch nicht alle waren erfreut.
    »Es gibt schon genug Interaktion mit der Polizei und dem Sozialamt«, knurrte der unter Nikotinentzug leidende Mr. Kenny. »Was für eine verdammte Interaktion brauchen sie noch?«
    Aber Clara unterstützt Mr. Gorsts Ansatz. »Die grüne Greenhills School« ist ihr Motto für den Gemeindetag-Stand ihrer Klasse, der 6F. Wenn man die Kinder dazu bringen kann, ihre unmittelbare Umwelt zu achten, erhöht das auch ihre Achtsamkeit für die Schönheit und Verwundbarkeit unseres Planeten, erklärt sie dem verschmitzten Mr. Gorst. (Soll sie Alan zu ihm sagen? Es klingt vielleicht etwas zu vertraut.) Mr. Gorst/Alan erklärt, er finde das sehr inspirierend.
    An Claras Stand werden sie eingetopfte Setzlinge der Bäume verkaufen, nach denen die Straßen der Siedlung benannt sind – Eberesche, Pappel, Weißdorn und Kirsche. Die Eltern werden sie vor ihren Häusern einpflanzen, idealerweise jeweils in der passenden Straße (wenn nicht, könnte es in zwanzig Jahren Verwirrung geben). Außerdem werden Petitionen zur Rettung der Delphine ausliegen, zur Senkung des CO 2 -Ausstoßes und für ein Verbot, auf dem Rowan Green Fußball zu spielen (ein Vorschlag von Mrs. Salmon, deren Mutter dort in der Nähe wohnt). Es werden ein Papiercontainer und Sammelkörbe für recycelbares Plastik bereitstehen, wo Eltern ihre leeren Plastikflaschen entsorgen können. Einige Schüler der 6F werden in Gummistiefeln auf den Plastikflaschen herumspringen, um sie plattzudrücken (Miss! Bitte! Ich! Miss! Ich auch! Ich auch!). Am Ende des Tages wird der ganze Müll von einer örtlichen Recyclingfirma namens Syrec abgeholt (South Yorkshire Recycling), die ihren Sitz in Askern hat. Das ist der schwierige Teil.
    Sie musste sich zwei Stunden durch die Gelben Seiten wählen, bis sie eine Firma gefunden hat, die sich bereit erklärte, den Abfall abzuholen. Der Mann von Syrec klang am Telefon wie ein Neunzehnjähriger auf Speed oder wie ein Callcenter-Verkäufer, der versucht, eine windige Hypothek zu verhökern. Doch er erklärte sich bereit, den ganzen Müll für zwanzig Pfund abzuholen, und sie war nicht in der Position, lange zu verhandeln. Allerdings hat sie ihn seitdem nicht mehr erreicht, um den Auftrag zu bestätigen. Laut Mr. Kenny, dessen Frau bei der Stadt arbeitet, hat Syrec gerade einen großen regionalen Förderungszuschuss bekommen, möglicherweise hängt es damit zusammen.
    Nach dem Mittagessen begegnet sie auf dem Flur der Geschichtslehrerin, Heidi Postlethwaite, kurz Miss Hippo, die zwei große Schautafeln schleppt. Sie trägt geschnürte Römersandalen mit hohen Keilabsätzen, eine Cowgirl-Bluse undum die Taille einen mittelalterlich anmutenden Kettengürtel. (Wirklich, man kann es mit Geschichte auch zu weit treiben.)
    »Hallo, Heidi. Sind das eure Tafeln für den Gemeindetag?«
    »Ich will den Bewohnern der Siedlung einen kleinen Überblick über die örtliche Geschichte geben«, haucht Miss Hippo und klimpert mit ihren viktorianischen Hängeohrringen. »Sie haben so gar keine Verbindung zur Vergangenheit mehr.«
    Clara sieht sich die Tafeln an, die säuberlich mit Fotokopien von Schwarzweißfotos und krakeligen handgeschriebenen Erinnerungen beklebt sind. Aus Heidi Hippos Schautafeln geht hervor, dass die Greenhills-Siedlung in den 1930er Jahren gebaut wurde, um die Slums der Backsteinreihenhäuser zu ersetzen, die sich um Doncaster ausgebreitet hatten, und dass man den Straßen die Namen von Bäumen gegeben hat, um ländliche Idylle heraufzubeschwören.
    »Faszinierend!«
    Clara und die 6F bringen den Nachmittag damit zu, ihren eigenen idealisierten Entwurf der Siedlung auf mehrere Tafeln zu kleben, von den Kindern gemalte Bilder ihrer Straßen und Häuser auf einem raschelnden grünen Krepppapiermeer. Nachdem die Kinder nach Hause gegangen sind, räumt Clara das Klassenzimmer auf und bereitet alles für den morgigen Tag vor, als es an der Tür klopft. Es ist Mr.
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