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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Mittelalter ist der Bacca laureus , englisch Bachelor , der stolze Träger seiner ersten Auszeichnung nach dem Bestehen des ersten akademischen Examens.

O Tannenbaum!
Tanne
    Das Wort »Tanne« kommt nur in westgermanischen Sprachen auf dem Kontinent vor, also schon gar nicht mehr im Englischen. Daher zählt es auch nicht zu den indoeuropäischen Wörtern, sondern stammt sicherlich aus einer unbekannten, vor-indoeuropäischen Sprache, die wir nicht kennen.
    Tannen sind, anders als Fichten, tiefwurzelnde Bäume. Ein weiteres auffallendes Unterscheidungsmerkmal sind die Zapfen, die bei der Tanne aufrecht stehen; bei der Fichte hängen sie an den Zweigen. Tannenholz wird analog zum Fichtenholz vielfältig genutzt.
    Die Nordmann-Tanne, benannt nach dem finnischen Biologen Dr. phil Dr. med. Alexander von Nordmann (1803-1866), stammt aus der Gebirgsregion von Kaukasus und Schwarzem Meer. Nordmann lehrte und arbeitete als Botaniker im südrussischen Odessa. Bei seinen zahlreichen Forschungsexkursionen in diesem Raum Richtung Balkan und Kaukasus hatte er neben etlichen Tieren und anderen Pflanzen diese spezifische Tannenart im heutigen Georgien entdeckt und erstmals beschrieben. Die bald nach ihrem Entdecker benannte Tannenart zeichnet sich durch ihr schönes Wuchsbild, dichte, kräftige Zweige und lange, nicht zu stachelige Nadeln aus. 1841 wurde sie nach Westeuropa »verpflanzt« – nicht anders wie man in der Kolonialzeit Reis, Kaffee, Bananen und Dutzende anderer Nutzpflanzen in anderen Weltgegenden ansiedelte.
    Nordmann war zwar der Entdecker dieser Tannen-Art, aber er schlug nicht vor, sie zum Weihnachtsbaum zu machen, da diese Sitte zu seiner Zeit noch bei Weitem nicht so verbreitet war wiedann zum Ende des 19. Jahrhunderts. Die Nordmann-Tanne ist mit einem Marktanteil von 75 Prozent mittlerweile der bei den Deutschen beliebteste Weihnachtsbaum und hat, zumindest im Wohnzimmer, die Fichte verdrängt. Nordmann wird bevorzugt, weil sie in der Regel schön gerade wächst, nicht nadelt und nicht sticht. Als Weihnachtsbaum-Klassiker wird sie plantagenmäßig angebaut, und zwar hauptsächlich in Dänemark, wo das Seeklima etwas milder ist. Entsprechend ihrer Herkunft liebt die Nordmann-Tanne kühles, aber nicht zu kaltes Klima. So ergibt sich für die dänische Weihnachtsbaumindustrie ein klimatischer Standortvorteil. Man wird abwarten, ob die vorhergesagte Klimaerwärmung eines Tages zu Nordmann-Billigimporten aus Polen führen wird, wenn man sie dort auch in Baumschulen hochziehen kann.
    Nach wie vor werden jährlich Hunderte von Kilogramm Zapfen aus den Wipfeln strammer, 40 Meter hoher Nordmann-Tannen in Georgien gesammelt und in große Anbauländer wie Dänemark, Deutschland, Großbritannien exportiert. Nur die Wipfelzapfen sind für die möglichst verlustarme Keimung und Aufzucht in den Baumschulen geeignet; am Boden liegende Zapfen könnten bereits mit Pilzen oder auf andere Weise verunreinigt sein. So werden einige Hundert kaukasische Tannen zu Vätern und Müttern von Millionen von Weihnachtsbäumen – nach circa zehn Jahren Wachstumszeit der Setzlinge. Richtig große Weihnachtsbäume brauchen natürlich drei bis vier Jahre länger.
    Der dänische Weihnachtsbaumexport liegt bei fünf Millionen Exemplaren pro Jahr. Rund 4000 dänische Baumschulen sind im Weihnachtsbaumgeschäft tätig. Die romantische Vorstellung vom Förster, der ein paar Tannenbäumchen in der Schonung absägt, ist angesichts eines solchen Massenmarktes damit hinfällig.
    Knapp 30 Millionen Weihnachtsbäume werden pro Jahr verkauft. Die Stückzahl ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen, und zwar in ziemlich direkter Abhängigkeit von der wachsenden Zahl der Einpersonenhaushalte. 700 Millionen Euro beträgt der Weihnachtsbaum-Jahresumsatz – der natürlich nur im Dezember generiert wird.
Douglasie
    In Europa sind nur ganz wenige Nadelholzarten einheimisch. Der wichtigste Baumimport in europäische Wälder ist die Douglastanne ( Pseudotsuga menziesii ) aus Nordamerika. Auf Englisch wird sie aber nicht »Douglasie« genannt, sondern Oregon pine . Douglasien, eine eigene Gattung, wachsen höher als jeder andere Baum, sogar höher als die kalifornischen Mammutbäume, und sie liefern ein wertvolles Holz.
    Benannt ist das hohe Nadelbaumgewächs nach dem durch einen tragischen Unfall jung verstorbenen schottischen Botaniker und Pflanzensammler David Douglas (1799-1834). Douglas war auf seinen abenteuerlichen Reisen als Sammler sehr
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