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Die Welt in mir (German Edition)

Die Welt in mir (German Edition)

Titel: Die Welt in mir (German Edition)
Autoren: Stephanie Neuberger
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hingegen konnte immer
etwas Spannendes erzählen. Ständig hatte sie neue Eroberungen, die ihr
regelrecht zuflogen. Manchmal wechselte sie die Männer so schnell, dass einem
regelrecht schwindelig wurde. Die Mühe, mir die Namen zu merken, machte ich mir
nicht. Meist hielt keine ihrer Affären länger als zwei Wochen. Sarah liebte halt
die Männer, insofern gönnte ich ihr ihre zahlreichen Abenteuer. Warum auch
nicht? Sie hatte Spaß und war glücklich. Sollte sie ihre Gefühle ausleben, wie
sie wollte. Die Geschichten, wie sie den neuesten Mann in ihrem Leben
kennengelernt hatte, waren mal witzig, mal erschreckend, aber stets
unterhaltsam.
    Jaqui hingegen faselte ständig
von ihren derzeitigen Erkenntnissen. Damit waren Lebensphilosophien gemeint.
Andauernd war sie auf einem neuen Trip. Manchmal war es etwas Harmloses und
sicherlich Sinnvolles wie Yoga, um ihr Gleichgewicht wieder zu stabilisieren. Ein
anderes Mal handelte es sich um etwas Sonderbares, wie die Kommunikation mit
Engeln, die ihr sagten, was sie tun sollte. Gerade machte sie irgendwas mit
Klängen, die sich positiv auf die Seele auswirken sollten.
    Wir lauschten ihren neuen
Entdeckungen zwar immer aufmerksam, aber da sie fernab von den Dingen lagen, an
die wir glaubten, beließen wir es meist beim Zuhören oder wenigen Fragen zu
ihrer neusten Theorie. Zu viel Interesse und schwupp war es geschehen, und man
sah sich in einem von Jaquis Kursen und lernte plötzlich, seine innere Stimme
zu finden oder Ähnliches.
    Dies war mir einmal passiert;
damit es sich nicht wiederholte, hörte ich Jaqui zwar zu, versuchte aber, nicht
übermäßiges Interesse zu heucheln.
    Eine Taktik, die meine anderen
Freundinnen ebenfalls beherzigten.
    Übrig blieb Franzi, die anders
als wir anderen Freundinnen eine wirklich steile Karriere gemacht hatte. Sie
leitete eine Eventagentur und konnte stets Klatsch sowie Tratsch bieten oder
peinliche Pannen aus dem Partyplanerbusiness. In ihren Businessanzügen und
ihrem selbstbewussten und geschäftsmäßigen Aufzug hatte sie nichts mehr mit der
Franzi zu tun, die als Teenager auf Partys jedes Mal als Erste auf dem Tisch getanzt
hatte.
    Hätten wir uns nicht schon in
der Schule kennengelernt, sondern erst als Erwachsene, wären wir wohl keine
Freundinnen geworden. Frauen mit so unterschiedlichen Lebenswegen und
Einstellungen finden normalerweise nie zusammen, wenn sie nicht die
Vergangenheit verbindet. Seitdem wir unser Abitur vor rund sechs Jahren gemacht
hatten, war jede ihren eigenen Weg gegangen. Ich hatte eine Ausbildung zur
Immobilienmaklerin gemacht, landete aber in einem Büro, in dem ich als
Bürokauffrau arbeitete. Franzi hatte Eventmanagement studiert, was sich
auszahlte, und Sarah und Jaqui machten ständig etwas anderes. Sie lebten ihr
Leben auf ganz verschiedene Arten aus. Sollten sie am Ende ihres Daseins eine
Bilanz ziehen, konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie glaubten, etwas
verpasst zu haben.
    Aber auch wenn es im Laufe der
Jahre nicht immer leicht war, hielten wir vier den Kontakt und trafen uns
regelmäßig zu einem echten Mädelsabend. Obwohl ich nicht immer Lust hatte und
nur sehr, sehr selten wirklich Spannendes beitragen konnte, war ich meist froh,
wenn ich die Mädels gesehen hatte. Für einen Moment entfloh ich dann meinem
Alltagstrott, ging aus und amüsierte mich.
    Nachdem jede eine gute Portion
gegessen und einen sehr großen Schluck Wein getrunken hatte, ging jede wieder ihrer
Wege bis zur nächsten Verabredung. Meist trennten sich die Richtungen bereits
vor der Tür des Lokals.
    So auch am Abend, an dem sich
mein Leben auf den Kopf stellte und es mir nie wieder gelingen sollte, es
erneut umzudrehen und einen vollkommen unbeschwerten Abend mit meinen
Freundinnen zu verbringen.
    Wir verabschiedeten uns an der
Tür mit Bussi rechts und Bussi links. Wir versprachen, unser Treffen wie üblich
bald zu wiederholen, versicherten uns gegenseitig, wie schön es sei, uns
wiedergesehen zu haben. Anschließend machte sich jede auf den Heimweg.
    Ich war von Natur aus ein sehr
ängstlicher Mensch, der an jeder Ecke Gefahren witterte, sich Horrorszenarien
ausmalte und im Dunkeln Angst hatte. Allein, weil ich es mir einredete, schlug
mein Herz schneller. Dass dies eher eine Vorahnung als Verrücktheit war, wusste
ich mein Leben lang nicht. Ich ging, seit ich mich zurückerinnern kann, immer
die Straße mit einem unguten Gefühl entlang. Stets war ich bei jeder Person,
die mir abends entgegenkam, überzeugt davon, sie
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