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Die Welt in mir (German Edition)

Die Welt in mir (German Edition)

Titel: Die Welt in mir (German Edition)
Autoren: Stephanie Neuberger
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wolle mich überfallen,
verletzen oder mir Schlimmeres antun. Solange einige Menschen auf der Straße
waren, hielt sich meine Angst in Grenzen. Aber sobald ich einsamere Gegenden
durchqueren musste, zwang ich mich regelrecht, nicht einfach loszurennen und
meine Panik Herr über meine Sinne werden zu lassen.
    Auch an diesem Abend musste ich
durch eine menschenleere Straße gehen; meine Angst, überfallen zu werden,
begleitete mich. Als es dann passierte, überraschte es mich dennoch und das obwohl
mein Verstand sich schon vorher Horrorszenarien erdacht und ich mit ständiger
Angst im Nacken gelebt hatte.
    Wenige Meter vom Lokal entfernt
sah ich einen Mann auf mich zukommen. Als ich auf gleicher Höhe war, blickte er
mich an, doch ging vorbei. Wie immer bei einer nächtlichen Begegnung raste mein
Herz, ich versuchte, mich zu beruhigen, und war im Begriff, tief einzuatmen, als
mir allerdings die Luft wegblieb.
    Etwas Kaltes legte sich an meine
Kehle und ein Griff, so fest, dass ich mich nicht mehr rühren konnte, umfasste
mich von hinten. Sekundenlang war es leer in meinem Kopf. Keine Gedanken, keine
Umweltlaute, kein Nichts. Ich fühlte, wie der Mann an meiner Handtasche zerrte,
und im ersten Reflex wehrte ich mich dagegen. Irgendwie wollte ich sie nicht
loslassen, was schlichtweg unvernünftig war. Vielleicht lag es auch einfach nur
daran, dass sich mein ganzer Körper im Schockzustand versteift hatte. Doch
irgendwann entspannte ich meinen Arm, und meine Handtasche glitt mir von der
Schulter. Der Rest von mir war immer noch völlig versteift und unfähig, sich zu
bewegen. Ich hatte Angst. So eine große Angst hatte ich in meinem ganzen Leben
noch nicht gehabt.
    Es war nicht so, dass mein
Leben an mir vorüberzog in Anbetracht der lebensbedrohlichen Situation. Doch
ohne Frage fürchtete ich um mein Leben und mein Dasein. Das Messer an meinem
Hals machte deutlich, dass dieser Überfall böse für mich enden könnte. Am
liebsten hätte ich den Mann hinter mir angefleht, mir nichts zu tun. Ihm
gesagt, dass er all mein Geld haben könne und ich auch niemandem etwas sagen
würde, wenn er mich gehen ließe. Mein Mund war aber staubtrocken; ich hätte
nicht einmal mehr ein Flüstern herausgebracht, dessen war ich mir bewusst. Auch
ein Hilfeschrei lag außerhalb meiner Möglichkeiten.
    Da hörte ich eine Stimme, die
zu mir durchdrang und mir auf seltsame Weise bekannt vorkam: „Leg das Messer
weg! Was möchtest du ihr antun? Und eine wichtigere Frage: Hast du einen Plan,
wie du es überleben willst, wenn du sie auch nur verletzt? Ich sitze schon
lange auf der Reservebank, und glaube mir, nichts würde mir mehr Freude
bereiten, als dir das Messer abzunehmen und es dir danach ins Herz zu rammen.
Oh, ich kann dein warmes Blut beinahe fühlen.“
    In dem Moment entdeckte ich,
woher die Stimme kam.
    Genau vor mir, einige Meter
entfernt, stand ein Mann, der unglaublich gut aussah.
    Der Griff um mich wurde nach
den drohenden Worten stärker, und in mir erwachte ein ganz unglaubliches
Gefühl. Ich hatte keine Angst, sondern war bereit, zu kämpfen. Ich konnte fast
fühlen, wie der Hass und die Wut des Mannes, der offenbar mich retten und
meinen Angreifer töten wollte, in mir anschwoll. Beinahe so, als wären seine
Gefühle mit meinem Innenleben verbunden. Seine drastischen Worte machten mir
keine Angst. Ich fühlte so, wie er. Die Idee, dem Mann, der mir das Messer an
die Kehle hielt, etwas zu tun, wuchs in mir.
    Mein mutmaßlicher Retter, der
meinen Angreifer bedrohte, war der geborene Bad Boy. Er sah so gut aus! Düster,
dunkel und gefährlich − ein Albtraum von einem Schwiegersohn und damit
ein Mann, der Frauen in Schwierigkeiten brachte. Die dunklen Haare reichten ihm
über die Ohren, aber sie waren verwegen nach hinten frisiert. Nicht gestylt,
sondern als wären sie unbeabsichtigt, durch seine Hände, die mit einer lässigen
Geste hindurchstreiften, so geworden. Seine Augen waren zusammengekniffen und
starr auf den Mann hinter mir gerichtet.
    Hätte ich nicht diese unbändige
Wut verspürt, hätte ich vermutlich vor ihm eben so viel Angst wie vor dem Mann
mit dem Messer, das er immer noch an meine Kehle hielt, empfunden.
    Ansonsten trug mein
mutmaßlicher Retter Jeans, eine dunkle Jacke und Boots. Ein Bild von einem
Mann, das mich magisch anzog! Sein Blick huschte über mich und er legte den
Kopf schief. Ich hätte nicht gedacht, dass er noch heißer werden könnte. Obwohl
ich das Gefühl hatte, dass ich seit Minuten den Mann
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