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Die Welt des Ursprungs

Die Welt des Ursprungs

Titel: Die Welt des Ursprungs
Autoren: Kurt Mahr
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großen und schönen Stadt Sundale, der Hauptstadt des demokratischen Planeten SILVERGLASS, gab es nichts mehr zu kaufen.
     



Tembraker schaute an den Häuserwänden hinauf. Von weitem strahlten sie noch die Gediegenheit und den Reichtum der größten Handelsstadt aus, die es in der Galaxis gab; aber wenn der Bus an ihnen vorbeifuhr, erkannte Tembraker die dicke Lage von Staub und Schmutz, die sich in das harte Baumaterial hineinzufressen schien.
    Verschiedene Häuser waren mit gewaltigen Transparenten behängt, deren Aufschriften Kris Tembraker erst nach geraumer Zeit zu einem verbindenden Gedanken zusammenfügen konnte.
    ZUSAMMENHALT TUT NOT!
    SPART ENERGIE!
    VERSTAATLICHUNG – DER ERSTE SCHRITT ZUM SIEG!
    Tembraker fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Kein Zweifel: es war Krieg!
    Jetzt verstand er, was der Schaffner gemeint hatte. Die Franklin-Harvon-Company war verstaatlicht worden, und wahrscheinlich hatte man ihr auch einen anderen Namen gegeben.
    Mit einem schmerzlichen Lächeln dachte Kris an den alten Harvon. Vor fünfzig Jahren hatte er ihn als jungen Kadetten in die Company aufgenommen und sich so lange und so intensiv um ihn bemüht, bis Tembraker einer der bekanntesten Kapitäne von SILVERGLASS war und sich vor verlockenden Angeboten von anderen Gesellschaften nicht mehr retten konnte. Trotzdem war er bei Harvon geblieben, obwohl der alte Hartschädel sich geweigert hatte, auch nur einen halben Subunit außer der tariflichen Besoldung und den üblichen Gewinnvergütungen mehr zu zahlen.
    Er fragte sich, was aus Harvon geworden sein mochte.
    Harvon war damals knapp über Neunzig, rechnete Kris. Wenn er sich auf seine alten Tage nicht noch einmal hat breitschlagen lassen, eine große Fahrt zu unternehmen, dann wäre er jetzt Hundertzehn und wahrscheinlich schon längst tot. Vielleicht hat er das ganze Durcheinander gar nicht mehr mitbekommen. Er wäre sicher daran zugrunde gegangen.
    Der Bus verließ die Innenstadt. Tembraker stand auf und ging nach vorne. An der nächsten Haltestelle würde er aussteigen müssen.
    Mit pfeifendem Motor zog das alte Fahrzeug an der schmutzigen Front des Harvon-Verwaltungsgebäudes entlang. Es hielt genau vor dem Haupttor.
    Wo früher ein automatischer Portier saß, stand jetzt ein menschlicher. Er trug einen uniformähnlichen Anzug und sah Tembraker unfreundlich an.
    „Wohin wollen Sie?“
    Tembraker grinste.
    „Das ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich kennt mich hier niemand mehr. Ich war zwanzig Jahre lang unterwegs!“
    Das Gesicht des Portiers wurde um einen Ton weniger unfreundlich.
    „Sind Sie Mr. Tembraker?“
    „Ja, der bin ich!“
    Mit einem ausgesprochen höflichen Lächeln öffnete der Portier von seinem Schaltpult aus die Schranke, die Tembraker bis jetzt davon abgehalten hatte, weiterzugehen, und sagte:
    „Sie werden erwartet, Mr. Tembraker. Fünfter Stock, Zimmer einhundertzehn!“
    „Danke!“
    An der Lifttür hing ein großes Pappschild.
    AUSSER BETRIEB
    Tembraker fluchte und stieg die Treppe hinauf. Im fünften Stockwerk schritt er auf die hohe Glastür zu, die den langen dahinterliegenden Gang vom Treppenhaus abtrennte. Er ging ziemlich schnell, und deswegen prallte er hart mit dem Kopf gegen das harte Material der Tür.
    Er rieb sich die Stirn und trat einen Schritt zurück. Die Plastiksäulen des Photozellenöffners standen noch, aber hinter den Linsen war es finster. Er entdeckte die Türgriffe, die man nachträglich angebracht hatte, und begriff. Ächzend schob er den schweren Türflügel auf und betrat den Gang.
    Die Zimmer waren früher durch leuchtende Nummern gekennzeichnet gewesen. In der Zwischenzeit hatte man die Ziffern mit phantasieloser Hand auf die Türen gemalt.
    Vor der Nummer 110 blieb Kris Tembraker stehen. Nirgendwo war ein Geräusch zu hören. Er hob die Hand und klopfte an.
    „Herein!“ kam von drinnen eine mürrische Stimme.
    Tembraker drückte die Klinke – er wartete nicht mehr darauf, daß die Tür sich von selbst öffnen werde, wie sie es früher getan hatte – und trat ein.
    Um einen überdimensionalen Schreibtisch herum saßen vier Männer. Sie rauchten und musterten Tembraker gespannt aus zusammengekniffenen Augen. Einer davon war der alte Harvon.
    „Er ist es“, sagte er beinahe andächtig.
    Dann sprang er auf, rannte um den Schreibtisch herum, stürzte auf Tembraker zu und umarmte ihn.
    „Du hast keine Ahnung, mein Junge“, stammelte er, „wie sehr ich mich darüber freue, daß du wieder zurückgekommen
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