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Die Welt auf dem Kopf

Die Welt auf dem Kopf

Titel: Die Welt auf dem Kopf
Autoren: Milena Agus
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ständig umziehen kann, und dass Cagliari für ihn der schönste Ort der Welt ist.«
    »So Gott will, Inschallah , werden wenigstens wir zusammenbleiben. Im Übrigen kann ich mir auch nicht vorstellen, wie er ohne das Meer auskommen sollte, wo wir doch fast jeden Tag zusammen an den Strand gehen, egal bei welchem Wetter.«
    » Ma petite fille , wie du dir denken kannst, fiel mir ebenfalls ein Stein vom Herzen, als der Junge sagte, er will hierbleiben. Und gewiss nicht nur, weil er dann weiterhin ans Meer gehen kann. Und ebenso wenig aus egoistischen Gründen. Du weißt, worauf ich hinauswill, hab ich recht? Ein Vater ist wichtig, aber genauso wichtig ist ein normales Leben.Wie man sieht, ist Giovannino weiser als wir alle. Wenigstens ein Mal hat der liebe Gott Gnade mit mir gehabt und mir einen Enkel geschenkt, der keine Ausnahme von der Regel ist!«

Vier
    E ines Tages, kurz bevor der Sommer zu Ende ging, sagte Natascha zu mir: »Ich bin schwanger. Wenn ich mich umbringen will, muss ich mir schleunigst eine Zyankalikapsel besorgen, wobei es wahrscheinlich auch mit Mäusegift gehen würde.«
    »Natascha! Aber das ist doch wunderbar. Du hast einen Freund, der dich liebt und dich nicht betrügt und der sich bestimmt auf das Kind freuen wird.«
    »Ach was, alles nur Märchen. Dann lieber einen Präventiv-Selbstmord. Sterben und alles hat ein Ende. Sich nicht mehr aufregen müssen, keinen Widerstand mehr leisten müssen, Schluss mit dem ewigen Kontrollieren, Schluss mit der Angst vor Abschieden. Von mir aus soll alles kommen, wie es kommen muss, ich werde dann nicht mehr sein.«
    »Und das Kind?«
    »Für das Kind ist es besser, wenn es gar nicht geboren wird. Es wäre für alle besser, nicht geboren worden zu sein.«
    »Aber ist das Leben nicht auch voller schöner Dinge? Wenn du schwanger bist, musst du mit deinem Freund geschlafen haben. Und ist die Liebe nicht etwas Wunderbares?«
    »Ach ja, die Liebe! Oder sagen wir besser Sex, und den haben wir häufig. Im Auto, weil wir sonst keinen Ort haben, wo wir ungestört sind – du weißt ja, dass ich ihn nicht in deine Wohnung mitnehmen will. Er ist verrückt nach mir. Du hast mich noch nie gesehen, wenn ich mit ihm ausgehe, wie ich angezogen bin.«
    »Wie du angezogen bist?«
    »Ach, lassen wir es, wenn es dir noch nicht aufgefallen ist.«
    »Bist du gut im Bett?«
    »Jedenfalls habe ich immer Lust. Sobald er mich berührt, werde ich feucht. Er meint, ich bin eine richtige Sexgranate.«
    »Eine Sexgranate! Aber dann brauchst du keine Angst zu haben. Dann wird er dich bestimmt nie verlassen. Und über das Kind wird er sich auch freuen.«
    »Ich wollte alles richtig machen – wenigstens einer in unserer verfluchten Familie sollte alles richtig machen –, wollte die Schande meiner Großmutter wiedergutmachen und die meiner Mutter, und diesem Fluch ein Ende bereiten, nie die Dinge so zu tun, wie es sich gehört.«
    »Und was verstehst du unter die Dinge so zu tun, wie es sich gehört?«
    »Na, sie der Reihe nach und zum richtigen Zeitpunkt tun. Zum Beispiel, dass man zuerst heiratet und dann Kinder kriegt.«
    »Bald kommen Giovannino und Johnson junior zurück. Johnson junior muss seine Sachen abholen. Dann reden wir mit ihm, und du wirst sehen, dass er bestimmt Rat weiß. Er weiß immer, was zu tun ist, auch wenn du sagst, dass die Art, wie Giovannino entstanden ist, wider die Natur ist. Du handelst auch gegen die Natur, wenn du dich im schwangeren Zustand umbringen willst.«
    Ich rief Johnson junior an und bat ihn, umgehend zurückzukehren anstatt erst am Ende des Sommers, weil er der Einzige sei, der Natascha davon abbringen könne, sich das Leben zu nehmen. Und vielleicht könne er auch mit ihrem Freund reden und ihn, falls dieser das Kind nicht haben wolle, überzeugen, wie schön es sei, mit dem Menschen, den man liebt, Kinder zu haben, zumal es auch Fälle gebe, bei denen das nicht möglich ist. Aber vor allem müsse er mit Annina reden, damit sie nicht noch vor der Operation einen Herzanfall bekommt.

Fünf
    G iovannino und ich genossen nochmals ausgiebig den Strand, denn bald würde der Sommer zu Ende gehen und die Schule wieder anfangen und ich meine Sachen packen und in den oberen Stock umziehen, Nataschas Bauch sich zu wölben beginnen, und die Ärzte würden Anninas Herz operieren.
    Im September ist es am Poetto-Strand besonders schön. Viel schöner als zu den anderen Jahreszeiten. Manchmal kommt es mir vor, als seien die Wellen dann noch zarter, aber als
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