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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer
Autoren: Kai Meyer
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werden sollte, allein am Ufer dieses Felsklotzes.
    Sein Lächeln wurde noch eine Spur breiter, fast wieder der alte Griffin. Dann aber beließ er es bei einem Blick in ihre Augen, stand auf und streckte ihr die Hand entgegen.
    »Kannst du aufstehen?«
    Sein abrupter Rückzug verunsicherte sie fast noch mehr als gerade eben seine Nähe. »Ich war nicht diejenige, die da draußen fast ertrunken ist«, sagte sie, nahm aber seine Hand und ließ sich hochziehen.
    Ehe sie es kommen sah, fing er sie schon mit beiden Armen auf.
    »Griffin«, sagte sie kopfschüttelnd. »Das ist nicht der Augenblick, um -«
    Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und ließ sie los.
    »Danke, dass du mir das Leben gerettet hast. Das warst doch du, die mich an Land gezogen hat, oder?«
    Sie nickte. »Was ist das Letzte, an das du dich erinnerst?«
    »An den Kanonendonner. Und dass ich . dass ich . ich hab oben am Mast gesessen, oder? Und ich bin runtergefallen, glaube ich.«
    Noch einmal nickte sie. »Ich bin hinterher, um dich zu suchen. Alles war voller Rauch, und als ich dich endlich gefunden hatte, war die Carfax fort… beide Schiffe.«
    Sie schaute hinaus in die Felspassage. Auf den Wogen trieben Splitter aus Mondlicht. Die Brandung spülte ein paar Holzstücke ans Ufer, zog sie wieder hinaus, warf sie zurück. Nirgends war ein Schiff zu sehen. Es erklang auch kein Lärm in der Ferne, keine Stimmen, kein Geschützdonner.
    Sie waren tatsächlich allein.
    »Was, wenn sie untergegangen ist?« Griffin war ihrem Blick gefolgt. Die Trümmerstücke und das leere Wasser zwischen den Inseln beschworen in beiden dieselbe Befürchtung herauf. Und doch sagte ihr eine innere Stimme, dass ihr erster Gedanke der richtige gewesen war: Der Geisterhändler hatte sie zurückgelassen.
    War sie deshalb enttäuscht? Oder wütend? Sie würde eine Weile brauchen, um darauf eine Antwort zu finden.
    War es nicht das, was sie immer gewollt hatte? Sollte Munk allein die Verantwortung tragen. Magie, Zauberei -das war nichts für sie. Sie lief über das Wasser. Sie war Pirat.
    Genau wie Griffin.
    »Es ist noch nicht vorbei«, sagte er. »Ganz bestimmt nicht.«
    Sie gab keine Antwort. Stattdessen drehte sie sich um. »Gehen wir«, sagte sie, als sie begann, den Geröllhang zu erklimmen. »Vielleicht gibt es hier irgendwo Leben.«
    Menschen, vielleicht, dachte sie.
    Oder eine Kreatur wie den Acherus.
    Sie schauderte.

Aelenium

    Drei Tage später verdüsterte eine dichte Nebelwand vor der Carfax den Sonnenaufgang am Horizont. Das Glutrot des Himmels, durchzogen von goldenen Schlieren und Lichtadern, verschwamm erst und versank dann völlig in wogendem Grau.
    »Das ist es«, sagte der Geisterhändler mit kaum verhohlener Erleichterung. »Hinter diesem Nebel liegt unser Ziel.«
    »Aelenium?«, fragte Soledad, die neben ihm an der Reling stand.
    Der Einäugige nickte unter seiner Kapuze. Die beiden Papageien auf seinen Schultern stießen ein schrilles Krähen aus, das fast wie das Gelächter eines Menschen klang.
    »Vielleicht können wir die Palomino im Nebel abhängen«, rief Walker von der Brücke herab.
    Der Geisterhändler drehte sich nicht zu ihm um. Es war, als spräche er beschwörend zu dem wogenden Dunst, der bald ihre gesamte Sicht einnahm.
    »Das werden wir«, flüsterte er. »Das werden wir.«
    Das Schiff des Kopfgeldjägers war immer noch hinter ihnen, angeschlagen und viel langsamer als zuvor -genauso wie die Carfax. Zwei Krüppel, die sich humpelnd und keuchend einen erbitterten Wettlauf lieferten.
    Der Zwiebelturmkäfig baumelte an einer Kette über der Reling. Der Hexhermetische Holzwurm hatte verlangt, ihn dort anzubringen, damit auch er etwas sehen konnte und nicht, wie er es genannt hatte, »den lieben langen Tag auf eure stinkenden Füße und ein paar faulige Fässer starren« musste.
    Der Nebel tastete mit faserigen Fingern nach ihnen und hüllte sie innerhalb weniger Atemzüge ein. Soledad schien es, als wäre er ihnen entgegengekommen, aber der Geisterhändler wusste es besser: »Der Nebel liegt wie ein breiter Ring um Aelenium. Er hält die meisten davon ab, sich heranzuwagen.«
    »Und diejenigen, die es trotzdem versuchen?«
    Der Händler war jetzt selbst nur noch ein dunkler Fleck inmitten des grauen Dunstes. »Manche kehren zurück, andere bleiben.«
    Mit einem Frösteln dachte Soledad an Schiffswracks auf dem Meeresgrund, viele Fadentiefen oder Meilen unter der See.
    »Ist die Palomino uns gefolgt?«, rief sie hinauf zu Walker, um sich
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