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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars
Autoren: Klaus Frühauf
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beschwörend: »Mont, Mont! Holt sie uns bloß gesund runter. Noch könnt ihr es schaffen.«
    Zum erstenmal verlor Mont ein wenig von seiner überlegenen Ruhe. Brend sah, daß die Finger des Kommandanten zitterten, als er den neuen Kurs programmierte. Neben ihm auf dem Pult lief das Aufzeichnungsband mit dem Text der heimkehrenden Rakete weiter, jetzt waren unverständliche Worte von Tod und Heldentum zu vernehmen, von ehrendem Angedenken und einem gewaltigen Geschenk an die Menschheit.
    Brend preßte die Hände gegeneinander. Das alles sind Worte, die aus einem Speicher kommen, sagte er sich. Nach ganz wenigen Sätzen, die ihnen wohl die Verblüffung über den zeitigen Kontakt abgelockt hatte, waren die Rückkehrenden auf Konserve übergegangen und reagierten auf keinen Anruf mehr. Aber es gab keinen Grund, weshalb sie nicht mehr am Leben sein sollten.
    Doch dann änderte sich die Sendung plötzlich erneut. Die einleitenden Worte brachen ab, und von diesem Zeitpunkt an wurden ausschließlich Rechneralgorithmen übertragen. Ununterbrochen, in ständiger, ermüdender Wiederholung. Die Besatzung selbst aber reagierte auf keinen Ruf mehr.
    So vergingen die Minuten und reihten sich die Stunden. Schließlich richtete sich der Kommandant entschlossen auf. »Wir können nicht länger warten. Schluß mit den fruchtlosen Kontaktversuchen! Bremsmanöver einleiten! Die Gefahr, daß sie überrascht werden, müssen wir in Kauf nehmen. Wir dürfen nicht länger zögern.«
    Man sah dem Kommandanten an, daß ihm diese Entscheidung nicht leichtfiel, aber es gab keine Alternative.
     
    Es war geschafft. Sie hatten Kontakt bekommen. Viel weiter draußen, als sie es vermutet hatten und als es die Chronik verzeichnete.
    Die Alten hatten sich geirrt, was den Kontaktpunkt anbetraf, aber sie würden recht behalten, was die Art des Endes der Expedition und seiner Teilnehmer anging. Die Geschwindigkeit der Rakete hatte einen Wert erreicht, der eine Fremdbremsung ausschloß. Und die Menschen der Erde unternahmen keinerlei Versuche dazu. Auch sie hatten wohl keine Hoffnung mehr.
    Stasch selbst hatte den Funkkontakt unterbrochen und die Speicherwürfel eingelegt. Er beobachtete, wie der Taststrahl zu laufen begann und der kleine Zeiger, der die Antennenleistung anzeigte, bis an den Anschlag sprang.
    Es hatte keinen Sinn mehr, sich mit den Menschen der Erde zu unterhalten, sich mit sinnlosen Hoffnungen zu quälen, es gab Wichtigeres, es gab die Botschaft an die Erde, das Geschenk, für das sie geboren worden waren und gelebt hatten. Und bald würde es nur noch das Geschenk geben.
    Sie hatten getan, was sie tun mußten. Das Vermächtnis der Alten war erfüllt.
    Stasch schwebte vor dem großen Pult und lauschte auf seine Gedanken. Er hatte keine Furcht mehr. Eine große innere Ruhe war über ihn gekommen. Jetzt erst wurde er sich bewußt, daß die Chronik auch an ihm ihr Werk getan hatte. Die jahrelange Erziehung angesichts eines unvermeidlichen, vorzeitigen Todes zahlte sich aus. Sie würden sterben ohne jede Klage, so, wie er es dem alten Laser in dessen Todesstunde versprochen hatte. Von irgendwoher kollerte das Gestammel des jungen Lasers durch die Zentrale.

    Der furchtbare Schlag der Bremsverzögerung traf sie völlig unvorbereitet und mit zerschmetternder Wucht. Stasch sah die Sitzschale unter dem jungen Berger bersten, die Ereignisse liefen vor seinen Augen, bevor sie sich zu trüben begannen, wie ein Zeitlupenfilm ab. Während sich der Andruck der Bremsung auf seine Brust wälzte, sah er einen Riß in der gewölbten Schale entstehen, einen Riß, der sich nur langsam verbreiterte. Und während sich der Körper Bergers neigte, löste sich die Schale in einzelne Splitter auf. Unter der Wirkung der geheimnisvollen Bremskräfte setzten sie sich zielstrebig in Richtung auf die hintere Kabinenwand in Bewegung. Dann fühlte Stasch, daß auch ihn selbst eine nie gekannte Kraft gegen die Rückwand der Zentrale schleuderte. Sein an die Schwerelosigkeit gewöhnter Körper krümmte sich unter unsäglichen Schmerzen, er hing wie angeschmiedet an der gepolsterten Wand, unverrückbar, als sei er selbst Teil des Raumschiffes geworden.
    Wie durch eine schwammige Wand vernahm er Entsetzensschreie um sich, dann wieder schmetterndes Krachen und langgezogenes Stöhnen, dem man es anhörte, daß es nicht zu unterdrücken war.
    Die plötzlich eintretende Ruhe schien ihm wie die Ruhe des Todes. Kam jetzt schon das Ende? Kam es viel eher, als sie alle es vermutet,
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