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Die Washington-Akte

Die Washington-Akte

Titel: Die Washington-Akte
Autoren: Steve Berry
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Besatzung von fünfundsiebzig Mann gehabt und waren mit vierzehn Kanonen bestückt gewesen. Seine moderne Version war größer, neunzig Meter lang, und statt Holz war modernstes Verbundmaterial verwendet worden, was das Schiff leicht und elegant machte. Dieses wunderschöne Fahrzeug schleppte selbstredend keine schweren Kanonen mit sich herum. Es war vielmehr ein reizvoller Anblick für die Augen und beruhigte die Seele – ein hochseetaugliches Schiff, das allen Komfort bot und von technischem Spielzeug nur so strotzte. Die luxuriösen Kabinen boten Raum für zwölf Gäste, und sechzehn Mann bildeten die Besatzung. Viele von ihnen waren Nachkommen von Leuten, die den Hales seit der Amerikanischen Revolution gedient hatten.
    »Warum tust du das?«, schrie sein Opfer. »Warum, Quentin?«
    Hale blickte auf den Mann, der auf dem Deck lag. Er war in schwere Ketten gelegt und steckte in einem Galgenkäfig – gefertigt aus flachen, sieben Zentimeter breiten Eisenstäben. Ein runder Käfigteil umschloss Brust und Kopf, während Oberschenkel und Beine in eigenen Käfigkonstruktionen steckten. Vor Jahrhunderten waren die Käfige für die Opfer maßangefertigt worden, aber dieser hier war eher ein Exemplar von der Stange. Um Schädel und Kieferpartie des Mannes war nicht einmal mehr Platz für ein Muskelzucken, und er war absichtlich nicht geknebelt worden.
    »Bist du wahnsinnig?«, schrie der Mann. »Was du tust, ist Mord.«
    Hale nahm diesen Vorwurf übel. »Einen Verräter zu töten ist kein Mord.«
    Der in Ketten gelegte Mann führte wie schon sein Vater und Großvater vor ihm das Hauptbuch der Familie Hale. Der Buchhalter lebte auf einem wunderschönen Landsitz an der Küste Virginias. Hale Enterprises Ltd. war ein weltumspannender Konzern und beschäftigte fast dreihundert Angestellte. Zu diesen gehörten auch zahlreiche Buchhalter, doch der Mann vor ihm arbeitete außerhalb dieser Verwaltungsstrukturen und war nur Hale verantwortlich.
    »Ich schwöre dir, Quentin«, schrie der Mann. »Ich habe ihnen nur ein Minimum an Informationen gegeben.«
    »Dein Leben hängt davon ab, ob das auch stimmt.« Er ließ in seinen Worten eine gewisse Hoffnung für den Buchhalter mitschwingen. Er wollte, dass dieser Mann redete. Hale brauchte Gewissheit.
    »Sie sind mit einer Vorladung zu mir gekommen. Sie kannten die Antworten auf ihre Fragen schon. Sie sagten mir, wenn ich nicht kooperierte, käme ich ins Gefängnis und würde alles verlieren, was ich besitze.«
    Der Buchhalter begann zu weinen.
    Schon wieder.
    Sie waren die Leute von der Steuerbehörde. Beamte ihrer Strafverfolgungsabteilung, die sich Hale Enterprises eines Morgens vorgeknöpft hatten. Sie waren auch in acht Banken überall im ganzen Land aufgetaucht und hatten Kontoinformationen über den Konzern und über Hale selbst verlangt. Alle amerikanischen Banken hatten der Aufforderung Folge geleistet. Das war keine Überraschung. Die Gesetze sahen praktisch keinen Schutz privater Kontodaten vor. Daher waren alle Kontobewegungen durch genaueste Aufzeichnungen nachträglich nachvollziehbar. Ganz anders lag der Fall bei ausländischen Banken, insbesondere den schweizerischen Banken, wo das Bankgeheimnis seit jeher peinlich gehütet wurde.
    »Sie wussten über die Konten bei UBS Bescheid«, brüllte sein Buchhalter über das Brausen des Windes und der Wellen hinweg. »Nur über die habe ich mit ihnen gesprochen. Sonst über gar nichts. Das schwöre ich. Nur darüber.«
    Hale blickte über die Reling auf die wild bewegte See. Sein Opfer lag auf dem Achterdeck neben dem Whirlpool und dem Kaltwasserbecken. Es konnte nicht von vorbeifahrenden Booten gesehen werden, aber sie segelten nun schon den größten Teil des Vormittags und hatten bisher niemanden gesichtet.
    »Was hätte ich denn tun sollen?«, greinte sein Buchhalter. »Die Bank ist eingeknickt.«
    Die Union Bank of Switzerland hatte tatsächlich dem amerikanischen Druck nachgegeben und zum ersten Mal mehr als fünfzigtausend Konten für eine Beweisaufnahme im Ausland offengelegt. Natürlich hatte die Androhung einer Strafverfolgung ihrer US -Führungskräfte der Bank die Entscheidung leicht gemacht. Was Hales Buchhalter sagte, stimmte. Hale hatte das überprüft. Nur UBS -Unterlagen waren beschlagnahmt worden. In den anderen sieben Ländern hatte man die Konten nicht angerührt.
    »Mir ist keine Wahl geblieben. Himmel noch mal, Quentin. Was hätte ich denn tun sollen?«
    »Du hättest dich an die Artikel halten
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