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Die Wahrheit über Marie - Roman

Die Wahrheit über Marie - Roman

Titel: Die Wahrheit über Marie - Roman
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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und Pferd in der Nacht umgeben von einem Strahlenkranz aus Feuer, die Flammen züngelten um sie herum, ein Lichthof aus Funken und weißglühenden Teilchen umschloss ihre ängstlich-verstörten Gestalten. Das Pferd hatte schwere Verbrennungen, die Haut hatte sich stellenweise abgelöst, das Muskelfleisch schaute hervor, schwärzliche, sirupartige Melasse lief die Flanken hinunter. Peppino rannte neben ihm her und versuchte, es zu beruhigen, und brachte es hinter den Feuerwehrwagen in Sicherheit. Dort waren bereits acht weitere Pferde an einem Tankwagen festgebunden, mit einer gemeinsamen Leine, aneinandergebunden, aber ständig in Bewegung, in alle Richtungen ausbrechend, gegeneinanderstoßend, sich um sich selbst drehend in einem Gewoge aus Schweifen und bebenden Mähnen, eine kopflose, bewegliche, kompakte Masse, das Fell erglänzend im Widerschein des Feuers, aufgewiegelt durch eine ständig neu entfachte Welle animalischer Nervosität. Sie drängten sich aneinander, wirbelten herum, wichen zurück, stoben wieder auseinander, wurden von der Leine gebremst, zerrten am Tankwagen, bis der aus dem Gleichgewicht geriet und die Räder sich aus dem Staub hoben. Überall im Reitclub waren noch Feuerherde, Hütten standen in Flammen, Scheunen, Stallungen, und selbst der Boden, das Gras brannte an einigen Stellen, und Marie rannte plötzlich zu Peppino hinüber. Sie überquerte im Zickzack ein Grasstück, über dem Schwaden violetten Qualms in der zitternden Luft der Nacht hingen. Marie rannte in direkter Linie, ohne von ihrem Weg abzuweichen, auf Peppino zu, lief durch Feuer, das über den Boden kroch, hob ihre Sandalen an, beschleunigte den Schritt, rannte weiter, hüpfte auf der Stelle, weil sie sich die Füße verbrannt hatte, aber als Peppino sie kommen sah, machte er wütend und außer sich heftige Zeichen mit dem Arm, dass sie zurückbleiben solle, und Marie machte kehrt, wusste nicht mehr, wohin sie wollte, verwirrt, wie sie war, mit verbrannten Fußsohlen lief sie im Kreis. Ein Feuerwehrmann, der sie gesehen hatte, rannte ihr hinterher und fing sie ein, schützend seinen Arm um sie gelegt, während sie sich an seine dicke Lederjacke schmiegte, brachte er sie zu mir zurück.
    Der Feuerwehrmann hatte mir befohlen, sofort das Gelände zu verlassen, und ich versuchte mit Marie wieder zum Auto zu kommen, sie lief an meiner Seite, den Arm wie ein Schutzschild vor dem Gesicht. Sie hustete und spuckte, taumelte durch den dichten Rauch und fiel hin. Ich half ihr auf, schob ihren Arm auf meine Schulter und zog sie mit mir mit, sie lief nicht mehr, ihre Beine rutschten neben mir durch den Staub und ihre Sandalen schrappten über Staub und Steine. Ich öffnete die Wagentür und ließ sie auf den Sitz fallen, ihr Körper sackte kraftlos in sich zusammen und rutschte den Sitz hinunter, ich hob sie wieder hoch, stützte sie, holte ihren linken Arm, der auf dem Feldweg hing, in den Wagen und schloss die Tür. Ich nahm hinter dem Lenkrad Platz und startete den Wagen. Da es nicht möglich war zu wenden, fuhr ich geradeaus, zurück zu den Reitställen. Peppino und die wenigen noch anwesenden Feuerwehrleute hatten die Verteidigung des Reitclubs aufgegeben – es war zu spät, es war so gut wie alles niedergebrannt –, sie hatten sich in den Schutz des Tankwagens zurückgezogen und sahen mich sprachlos verblüfft vorbeifahren, während die Pferde zu wiehern begannen und wild um sich schlagend versuchten, mir in einem Wirbel von Schweif und Mähnen zu folgen. Ich drehte eine weite Kurve auf dem Parkplatz und fuhr in entgegengesetzter Richtung aus dem Reitclub hinaus, beschleunigte im Staub.
    Ich verlangsamte meine Fahrt nicht, sondern drückte noch stärker aufs Gaspedal, fuhr ohne Rücksicht auf Schlaglöcher und Fahrrinnen und andere Hindernisse über den Feldweg, ließ das Lenkrad nur los, wenn ich den Körper von Marie abstützen musste, der gegen meine Schulter oder brutal nach vorne zur Windschutzscheibe fiel, und ich sie an ihrem T-Shirt packen musste, um sie wieder nach hinten in ihren Sitz zu ziehen und sie dort festzuhalten. Ich wusste nicht, ob sie noch bei Bewusstsein war, fuhr weiter durch den Nebel, sah nichts außer dem grellen Licht der Scheinwerfer, überall war nur blendender Rauch oder totale Dunkelheit. Am Ende des Wegs angekommen, bog ich ab in Richtung Portoferraio und folgte der gewundenen Straße entlang der Küste. Der Wind vom Meer ließ die Türen des alten Lieferwagens erzittern, und einige stärkere
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