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Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson

Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson

Titel: Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson
Autoren: Hakan Nesser
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Erkältung oder sogar eine Grippe gepackt; er ging frühzeitig zu Bett, während meine Schwester und ich diverse Nachtstunden am Küchentisch verbrachten, Tee tranken und uns unterhielten. Und diese Unterhaltung ist der Grund, warum ich Ihnen schreibe. Ich habe erfahren, dass Sie im kommenden Jahr aufdecken wollen, wer Bertil Albertssons Mörder war, und es erscheint mir deshalb wichtig, dass Sie im Besitz aller Informationen sind, damit nicht aus irrigen Gründen der Falsche an den Pranger gestellt wird. Meine Schwester ist jetzt seit acht Jahren tot und kann also nichts mehr zu dem Geschehen sagen. Wo Erik Wassman sich befindet und ob er noch am Leben ist, davon habe ich nicht die geringste Ahnung. Ich glaube, er ist kurz nach Ewas Dahinscheiden ins Ausland gegangen.
    Meine Schwester hat mir erklärt – laut meinen Tagebuchaufzeichnungen geschah das in der Nacht
vom 17. auf den 18. Oktober –, dass der Autor des Buches, d. h. Sie selbst, die Absicht verfolgen würde, die Wahrheit in diesem Fall in gewisser Weise unter Verschluss zu halten, ganz einfach, damit der Mörder nicht genannt werden musste, was sowohl sie als auch ich natürlich vollkommen in Ordnung fanden. Ewa wollte mir jedoch gewisse Informationen geben für den Fall, dass es nach der Veröffentlichung zu Spekulationen kommen sollte. Das war ihr wichtig, ich glaube sogar, es war der einzige Grund, warum sie mich überhaupt in ihre Wohnung in der Aschebergsgatan eingeladen hatte. Zweifellos war sie etwas nervös angesichts der bevorstehenden Buchveröffentlichung, auch wenn sie wie auch Erik Ihr Manuskript haben lesen und gutheißen können.
    Der Mord an Bertil Albertsson fand in der Nacht vom neunten auf den zehnten Juli 1962 statt. In Genezareth befanden sich zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall vier Personen (außer dem ankommenden Opfer), nämlich: Ewa selbst, Henry Wassman, Erik Wassman und Edmund Wester. Laut Ewa lag es auf der Hand, dass der Mörder zu
diesem Quartett gehören musste. Es lag ebenfalls auf der Hand, dass sie selbst die Tat nicht hatte ausüben können, sie schlief die ganze Nacht tief und fest, das hat sie mir gegenüber zumindest in unserem Gespräch behauptet.
    Bleiben also Henry, Erik und Edmund. Mit Henry hatte Ewa eine kurze, heimliche und äußerst emotional aufgeladene Beziehung, die jedoch mit dem Mord ihr Ende fand. Das Opfer Bertil Albertsson war schließlich ihr Verlobter, und es lag in der Natur der Sache, dass Henry und sie sich während der polizeilichen Ermittlungen voneinander fernhielten. Henry stand zu Anfang ja tatsächlich unter Verdacht, saß in Untersuchungshaft, genau wie es im Buch steht, und erst mehrere Monate später hatten die beiden Gelegenheit, miteinander zu sprechen. Das geschah in einem Café in Borås. Ewa hatte schon lange erkannt, dass ihre Beziehung beendet war, aber sie wollte natürlich wissen, wer von den Dreien ihren ehemaligen Verlobten erschlagen hatte: Henry, Erik oder Edmund. Anfangs war Henry äußerst unwillig, die Sache zu diskutieren. Ewa erzählte mir, dass es ganz
merkwürdig war, dort zu sitzen und mit Henry zu reden, es bestand ein großer Abstand zwischen ihnen, von der starken Anziehungskraft des Sommers war nicht mehr das Geringste zu spüren, und erst nachdem sie ihren Kaffee getrunken und ihre Muffins gegessen hatten, lüftete Henry ein wenig den Schleier. Laut Ewa erklärte er genau in dem Moment, als sie sich voneinander verabschieden wollten, Folgendes: »Es war keiner der Jungs, ich möchte, dass dir das ganz klar ist, Ewa. Weder Erik noch Edmund.« Ewa lag natürlich auf der Zunge, zu erwidern: »Dann warst du es also doch!«, aber irgendetwas in Henrys Blick hieß sie schweigen. Er umarmte sie kurz, und das war das letzte Mal, dass sie sich sahen. Sie schrieb ihm ein paar Briefe, wie sie es bereits im Herbst zuvor getan hatte – an seine Adresse in Göteborg –, erhielt jedoch nie eine Antwort.
    Ja, das war so ungefähr die Information, die meine Schwester mir über Henry und das Ganze hatte geben wollen, aber ehrlich gesagt kann ich nicht beurteilen, ob sie die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Ich konnte es damals nicht und kann es
heute nicht. Bereits als wir damals zusammensaßen, hatte ich das Gefühl, als hätte sie das Treffen mit Henry in Borås nur aus dem Grund zustande kommen lassen, um Erik und Edmund zu schützen; insbesondere Erik, mit dem sie ja bereits seit mehreren Jahren zusammen lebte. Andererseits – und ehrlicherweise – muss ich hervorheben,
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