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Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson

Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson

Titel: Die Wahrheit über Kim Novak und den Mord an Berra Albertsson
Autoren: Hakan Nesser
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zwar so ehrlich und gewissenhaft, wie ich nur kann. Es lag nicht in meiner Absicht – aber aufgrund der neuen Umstände, die sich ergeben haben, befinde ich mich ungefähr in der gleichen Situation wie die Leser dieses Buches: Ich muss abwägen und Schlüsse ziehen, ich muss eine Entscheidung treffen – urteilen, wenn man so will –, was ich dann letztendlich im Schlussteil dieses Textes auch tun werde.
    Möglicherweise hat es den Anschein, dass ich meine Hände in Unschuld wasche, aber welche Wege stehen mir denn sonst noch offen? Ich bin nur ein einfacher Autor, und Morde sind schmutzige
Angelegenheiten – um nicht zu sagen: blutige. So ist es nun einmal, das musste bereits Odysseus feststellen, als er vor mehr als zweieinhalbtausend Jahren versuchte, seine blutbefleckten Hände im ewig fließenden Meerwasser zu reinigen.
    Ein paar statistische Angaben zum Schluss, bevor wir weitermachen. Kim Novak badete nie im See von Genezareth hat sich in Schweden bislang 300 000-mal verkauft (in Deutschland sieht es ganz ähnlich aus) und ist von mindestens einem Viertel aller Schüler gelesen worden, die nach dem Jahr 2000 das Gymnasium verlassen haben. Von all den Menschen, die darüber rätselten, wer wohl der Mörder darin war, halten etwa vierzig Prozent Erik Wassman für den Täter, und ungefähr genauso viele entscheiden sich für Edmund Wester. Die restlichen zwanzig Prozent verteilen sich gleichmäßig auf Henry Wassman und Ewa Kaludis, nur rund zwei Prozent tippen auf jemanden, der nicht zu diesem Quartett gehört. Ein Leser in Hafnarfjördur auf Island schlug vor, dass Berra Albertsson es geschafft hat, sich selbst die Autotür so fest an den Kopf zu schlagen, dass sie sein Schicksal wurde,
und dass überhaupt kein Vorschlaghammer eine Rolle gespielt hat.
    Wie war es nun wirklich – in der Realität?
    Es ist meine Hoffnung, dass jeder Leser in diesem Büchlein letztendlich seine eigene Antwort auf diese Frage finden wird.

Brief von Anja Kaludis

    Dieser Brief wurde am 15. April 2008 in Vilnius,
Litauen, abgeschickt, adressiert an den Albert-
Bonniers-Verlag in Stockholm, von wo aus er an den
eigentlichen Adressaten Håkan Nesser an
dessen Adresse in New York weitergeleitet wurde.
Dort kam er am 23. April an, übrigens der Todestag
sowohl von William Shakespeare als auch von Miguel
Cervantes und seit vielen Jahren der Weltbuchtag.
Einige Namen sind von der Briefschreiberin selbst
verändert worden.

    Hochverehrter Herr Schriftsteller Nesser!
    M ein Name ist Anja Kaludis. Ich bin die Schwester von Ewa Kaludis, die in Ihrem Roman mit dem Titel Kim Novak badete nie im See von Genezareth von 1998 eine Rolle spielt. Meine Schwester und ich sind 1952 in einem einfachen Fischerboot nach Schweden gekommen, was Sie Ewa ja auch im Buch berichten lassen. Unsere Eltern sind auf der anderen Seite der Ostsee geblieben, weder ich noch Ewa haben sie jemals wiedergesehen. Aufgrund verschiedener Umstände sind Ewa und ich an unterschiedlichen Orten in Schweden aufgewachsen, wir hatten nur wenig Kontakt zueinander. Ich bin in einem kleinen, unscheinbaren Ort in Norrbotten gelandet, wo ich – mit wenigen Ausnahmen – alle meine Jahre in Schweden verbracht habe. Ewa landete in Mittelschweden, und
sie führte dort ein sehr viel abwechslungsreicheres Leben als ich. Im Laufe all dieser Zeit führten wir keinen besonders regen Briefwechsel, es ist traurig, das einzugestehen, aber wir standen uns nie besonders nahe – nicht in unserer Kindheit und auch nicht, nachdem wir das Heimatland gewechselt hatten.
    1997 zog ich zusammen mit meinem Mann nach Estland (ein weiteres baltisches Land, das durch die launische Wechselhaftigkeit der Geschichte befreit wurde) und später zurück in mein Heimatland Litauen. Ich glaube, Ewa und ich, wir haben uns während meiner fünfundvierzig Jahre in Schweden nicht häufiger als vier oder fünf Mal getroffen. Das letzte Mal nur wenige Monate, bevor ich das Land verließ, wir sahen uns in Göteborg, und bei dieser Gelegenheit lernte ich auch ihren damaligen Lebensgefährten, Erik Wassman, kennen. Ihr Buch war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschienen, aber sie waren beide von Ihnen interviewt worden, und sie haben mir einiges erzählt, sowohl über die anstehende Publikation als auch über die Ereignisse am See von Genezareth
Anfang der Sechzigerjahre. Es war das erste Mal, dass ich davon hörte.
    Es war Mitte Oktober, der erste Herbststurm hatte die Westküste heimgesucht, und Erik Wassman hatte eine
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