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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand
Autoren: Ann Rosman
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Landzunge begeben. Da wir das Alte Moor überqueren, das mitunter äußerst trügerisch ist, bleibt ihr bitte hinter mir.«
    Der Mann schritt vorsichtig voran. Hin und wieder blieb er stehen und steckte seinen Wanderstock in densumpfigen Untergrund. Auch wenn Sara keine Markierungen entdecken konnte, die signalisiert hätten, dass sie sich auf einem Weg befanden, schien er einer bestimmten Route zu folgen. Hier und dort wuchsen Teichbinsen, an denen sich ablesen ließ, dass reichlich Wasser vorhanden war.
    Sara trat hinter der Frau mit den Edelweißstrümpfen auf die Grasbüschel. Teilweise war das Gras grün und üppig, an anderen Stellen wirkte es gelblich und wie abgestorben. Nicht weit von ihnen entfernt war eine Gruppe von Menschen zu erkennen. Sara zählte zwölf Personen.
    Der Mann mit der Baskenmütze begrüßte die Frau, die offensichtlich die Truppe anführte. Er räusperte sich.
    »Hier habe ich noch eine kleine Überraschung für euch. Darf ich euch eine gute Freundin von mir vorstellen? Sie ist promovierte Biologin am Institut für Umweltwissenschaften an der Uni Göteborg. Sie und ihre Studenten sind gerade dabei, das Moos zu untersuchen. Magst du uns kurz erläutern, was ihr hier macht?«
    »Natürlich. Zunächt müsst ihr wissen, dass Torf eigentlich aus totem Torfmoos besteht, auf Lateinisch Sphagnum, das ist eine andere Pflanze als die, in die man die Adventskerzen steckt. Ein Moor ist schließlich einmal ein See gewesen, der allmählich ausgetrocknet ist. Die Studenten hier besuchen ein Aufbauseminar in Pflanzenökologie. Mit Hilfe eines weißrussischen Stechbohrers haben wir eine Bodenprobe genommen, die wir nun analysieren wollen.«
    Die Frau hielt ein Werkzeug in die Höhe, das die Form des Buchstaben T hatte. Der Mann mit der Baskenmütze sah ihr bewundernd zu, als sie behutsam den Bohrkern entfernte und fortfuhr.
    »Wir drücken das Gerät von Hand in den Untergrund und erhalten so einen anderthalb Meter langen und viereinhalb Zentimeter dicken Bohrkern.«
    Sara betrachtete die schlangenförmige Bodenprobe, die vor ihnen auf dem Klapptisch lag. Die Frau erzählte weiter.
    »Da das Moor unheimlich langsam wächst, wissen wir, dass Pflanzenpollen in einem Meter Tiefe dort vor etwa tausend Jahren gelandet sind, als der Torf an dieser Stelle noch das frische Torfmoos an der Oberfläche darstellte. Mitunter entdecken wir auch andere interessante Pflanzenpartikel, die eine Untersuchung lohnen.«
    »Die Kombination aus Moorboden und Muschelschalen bietet zweifelsohne besondere Voraussetzungen für die hiesige Pflanzen- und Tierwelt«, meldete sich der Mann mit der Baskenmütze zu Wort und machte ein Gesicht, als erhoffte er sich von der Frau ein Lob. Er winkte die anderen näher heran.
    »Kommt an den Tisch, damit ihr alles ganz genau seht.«
    »Hier haben wir einen Gegenstand.« Die Frau stocherte mit dem Messer. »Mal sehen, was das ist. Oh, mein Gott!« Sie schlug sich die Hand vor den Mund und riss die Augen auf. Als Sara den Blick auf die Platte richtete, verstand sie auch, warum. Vor ihnen lag ein Teil eines menschlichen Ohrs.
    Im Alten Moor lag eine Leiche.
Gut Näverkärr Anno 1793
    »Wein, Fräulein Agnes?« Das Dienstmädchen hielt eine Kristallkaraffe in der Hand.
    Der Vater gab mit einem diskreten Nicken seine Zustimmung. Er hatte sich für den teuren französischenWein entschieden, der zuletzt bei Mutters Beerdigung serviert worden war.
    »Ja, gerne.«
    Der Vater hob sein Glas und trank auf das Wohl der Gäste. Agnes nahm auch einen vorsichtigen Schluck und strich mit der Hand über den zarten hellblauen Stoff ihres Kleides. Es war bereits vor einer Woche fertig geworden, aber die Schneiderin hatte es am Abend vor dem Festmahl erneut enger näher müssen. Die ohnehin schmal gebaute Agnes war so unruhig, dass sie noch einmal zwei Kilo abgenommen hatte. Doch welches junge Mädchen war vor der eigenen Verlobungsfeier nicht nervös?
    Der Tisch war reich gedeckt. Das Küchenpersonal hatte sein Bestes gegeben, und es war nicht zu übersehen, dass Vater mit besonderen Speisen beeindrucken wollte. Mit Pfifferlingen gefüllter Zander aus dem Ofen, französische Pastete, glasierter Schinken mit eingelegten Kirschen, Lammfrikassee mit Austern, gebratene Erdbirnen mit Petersilie. Die Saucen glänzten samtig, und mehrere Teller waren mit roten Krebsen dekoriert. Essen im Überfluss. Unter normalen Umständen hätte sie es sich schmecken lassen.
    Sie fühlte sich schön. Ihre Haare hatte sie mit
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