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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand
Autoren: Ann Rosman
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sie Karins Nummer auf ihrem Handy gespeichert hatte. Suchend schob sie die Hand in die Tasche und zog das Telefon heraus. Kein Empfang.
    »Mein Kollege hat Alarm ausgelöst. Dafür musste er übrigens zum Bootsanleger gehen, denn auf dieser Seite der Insel scheint es keinen Empfang zu geben. In Kürze werden Rechtsmediziner, Techniker und Kommissare hier sein, um den Ort genauer zu untersuchen.«
    »Habt ihr versucht, Karin zu erreichen? Karin Adler?«
    »Das weiß ich nicht, aber warte kurz, ich sehe mal nach.« Der Polizist stand auf und ging zu seinem Kollegen hinüber. Sara sah, wie die beiden sich zu ihr umdrehten und sie ansahen.
    Beide Beamten kehrten zu Sara zurück.
    »Wir haben tatsächlich versucht, sie zu erreichen. Sagtest du, sie sei auf einem Segeltörn?«
    »Skagen«, sagte Sara. »Johan und sie wollten übers Wochenende nach Skagen.«
    »Danke. Wunderbar. Dann rufe ich die beiden stattdessen über UKW-Funk. Du weißt nicht zufällig das Rufzeichen des Bootes?«
    »Das Rufzeichen?«
    »Das Kennzeichen im UKW-Funk.«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass das Boot Andante heißt.«
    »Okay. Danke.«
Trankocherei Karlsvik, Härnäs
    Früher als gewöhnlich ging Agnes den Weg vom Hof Näverkärr zum Kontor in der Karlsvik hinunter. Der Hof lag in einem schmalen Tal und war auf beiden Seiten von Hügeln und dichtem Wald umgeben. Agnes beugte sich hinunter und hob ein paar Haselnüsse von der Erde auf. Obwohl sie für die Trankocherei ständig Unmengen an Brennholz benötigten, hatte Vater starrsinnig darauf beharrt, die Laubbäume im Storskog zu behalten. Daher mussten sie Torf und anderes Brennmaterial nun über weite Strecken transportieren. Sie öffnete die Pforte und passierte das Erlenmoor, bevor das Wasser in Sichtweite kam. Der Rauch aus den drei Kesseln auf Sladholm stieg in den graublauen Himmel hinauf, und der scharfe Geruch von Fischöl lag schwer über Karlsvik. Zwischen den vielen Gebäuden in der Bucht bewegten sich Menschen hin und her, und während Agnes den Hügel überquerte, legten am großen Holzsteg zwei weitere Boote an, um ihre Ladung zu löschen. Wenn ein kürzlich geleerter Kupferkessel wieder gefüllt werden sollte, hallten zwischen den Klippen von Sladholm laute Rufe wider. Ein Drittel fetter Hering wurde unter Umrühren acht Stunden lang in zwei Dritteln Meerwasser gekocht. Wenn der Hering zerkocht war, trieb der Tran an die Oberfläche, wurde abgeschöpft, umgefüllt und weiterbehandelt. Der restliche Bodensatz, ein übelriechender Brei, wurde in den eigens angelegten Teich geschüttet, damit er das Meer nicht verunreinigte. Dort faulte er stinkend vor sich hin, bis die Bauern ihn zum Düngen ihrer Äcker nutzten. Sowohl in der Bucht als auch auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen hatte man, wohin man auch ging, den herben Duft von verfaultem Fisch in der Nase.
    Vater war noch nicht im Kontor. Agnes schloss die Tür hinter sich und ging ins obere Stockwerk. Eigentlichwusste sie nicht, was man von ihr erwartete. Würde Vater vielleicht mit sich reden lassen? Sie setzte sich an ihren Schreibtisch und stellte die Zahlen für die nächste Verschiffung zusammen. Siebzehneinhalb Tonnen Hering, ungefähr sechsunddreißig Hektoliter, ergaben einhundertfünfundsechzig Liter Tran, was einem Fass entsprach. Ein Großteil des Tranöls wurde in ferne Länder verkauft, unter anderem nach Frankreich, wo damit die Straßen von Paris beleuchtet wurden. Großmutter hatte einiges über Frankreich erzählt, am meisten jedoch über Holland.
    Het komt wel goed.
    Agnes war sich jedoch nicht so sicher, ob alles gut werden würde.
    So sehr sie sich auch bemühte, an etwas anderes zu denken, ihre Gedanken wanderten immer wieder zu dem gestrigen Abendessen und der bevorstehenden Veränderung in ihrem Leben zurück.
    Draußen ertönten erboste Stimmen. Agnes stand auf und sah aus dem Fenster. Zwischen den Besatzungen der beiden Boote, die am Steg lagen, schien ein Streit ausgebrochen zu sein. Ein Mann blutete kräftig aus der Nase. Sie erkannte einige der Männer wieder und wusste, dass sie zwei verschiedenen Kompanien von Fischern angehörten. Mit schnellen Schritten kam ihr Vater anmarschiert. Bis nach oben ins Kontor hörte Agnes die Diskussion und Vaters strenge Stimme, die alle anderen übertönte. Die eine Gruppe hatte einen Heringsschwarm in eine Bucht getrieben und anschließend die Mündung der Bucht mit einem Schleppnetz verschlossen. Das habe mehrere Stunden in Anspruch genommen, betonte
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