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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand
Autoren: Ann Rosman
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gab.
    Kapitän Wikström strich sich nachdenklich über den Bart.
    »Ist er auch kein entlaufener Unhold?«
    »Er hat ein Zeugnis vom Pastor aus Bro.«
    »Na dann, alles klar. Er muss rechtzeitig hier sein. Sobald das letzte Fass an Bord ist, legen wir ab. Und er muss die Fahrt bezahlen.«An diesem Abend unternahm Agnes einen letzten Versuch, mit ihrem Vater zu reden. Er hörte zu, aber er verstand sie nicht.
    »Es ist am besten so, Agnes. Irgendeinen musst du doch sowieso heiraten.«
    »Aber er hat mich nicht einmal angesehen. Sollte man nicht irgendetwas füreinander empfinden, sich gernhaben?«
    »Vese ist ein schönes Gut. Große Ländereien, gute Zahlen.«
    »Wie war es bei dir und Mutter?«
    Zum ersten Mal seit langem lächelte Vater.
    »Deine Mutter und ich«, seufzte er und schien in Erinnerungen zu versinken. »Ich muss wirklich sagen, dass wir glücklich zusammen waren.« Er nickte bedächtig. Sein Lächeln verschwand. »Aber Glück kommt mit der Zeit, in erster Linie geht es darum, eine gute Partie zu machen. Ich wünschte, deine Mutter oder wenigstens deine Großmutter wären noch am Leben, Frauenzimmer eignen sich besser für solche Gespräche.«
    »Und was ist mit dem Hof und der Heringssalzerei? Wer soll dir in der Trankocherei und bei der Buchhaltung helfen?«
    »Agnes, wenn du mein Sohn wärst, hättest du hier weitermachen und auf lange Sicht ganz Näverkärr übernehmen dürfen, aber nun macht das Nils. Du wirst die neue Herrin auf Gut Vese. Du wirst dich dort um den gesamten Haushalt kümmern. Das ist eine große Aufgabe und gar nicht so leicht, das wirst du noch sehen.« Er legte eine kurze Pause ein. »Du weißt, dass es so sein muss.«
    Agnes fasste sich ein Herz.
    »Es gibt Gerüchte über Bryngel und seinen Vater.«
    »Zeig mir denjenigen, über den sie sich nicht das Maul zerreißen.«
    »Aber … es wird behauptet …«
    »Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist, und mischen sich in Dinge ein, die sie nichts angehen. Du wirst es gut haben auf Gut Vese, davon bin ich überzeugt.«
    Es war schon nach Mitternacht, aber Agnes war noch wach. Auf Hof Näverkärr war es still und vor ihrem Fenster herrschte Dunkelheit. Im Schein der Tranlampe packte sie sorgfältig Großmutters alten Robbenfellkoffer und setzte sich dann vor den Spiegel. Sie kämmte ihr langes Haar, das ihr ein gutes Stück über die Schultern hing. Dann griff sie zur Schere. Sie nahm eine Strähne in  die Hand und schnitt sie ab. Es war kein großer Unterschied zu erkennen. Agnes ließ die Haare auf den Boden fallen und schnitt noch mehr ab. Mit dem Haar fielen Tränen, in Gedanken suchte sie ein letztes Mal einen anderen Ausweg, aber die Antwort war immer dieselbe.
    Entsetzt sah sie Agnes verschwinden, während sich auf dem Fußboden die Haare türmten. Am Ende schaute sie eine Person mit kurzen Haaren aus dem Spiegel an. Ein Mädchen mit einer schlecht geschnittenen Frisur. Oder ein Junge? Sie hatte es hinter sich gebracht. Agnes fegte die Haare zusammen und legte sie in die Schublade des Sekretärs. Eigentlich wollte sie das Haar mit zu Großmutter nehmen und es ihr an das Grab legen, aber dafür blieb keine Zeit. Bald würde der Hof erwachen.
    Geld. Sie würde Geld brauchen. Vorsichtig öffnete sie die Tür und schritt lautlos über die alten Holzdielen in den Raum neben Vaters Schlafzimmer, wo sich die Truhe mit dem Geld befand. Den Schlüssel würde sie allerdings aus Vaters Zimmer holen müssen. Mit angehaltenem Atem drückte Agnes die Klinke hinunter. Vater schnarchte. Seine Schlüssel hingen neben seinem Bett. Sie klimperten, als Agnes sie vom Haken nahm … Das Schnarchen verstummte. Sie stand regungslos da undatmete erst auf, als ihr Vater sich auf die Seite drehte und weiterschlief. Leise machte sie die Tür hinter sich zu und schloss die mit Blumen verzierte Truhe auf. Neben Kaufverträgen und Vereinbarungen lagen Münzen von ganz unterschiedlichem Wert. Auf einem der Papiere las sie »Mitgift« und staunte über die Höhe der Summe. Dass Vater tatsächlich bereit war, so viel Geld zu bezahlen, um sie loszuwerden. Sie hatte das Gefühl, ihn gar nicht mehr zu kennen. Als ob er ein anderer geworden wäre. Agnes nahm sich etwas von dem Geld und versuchte einzuschätzen, wie viel sie brauchen würde.
    Wie soll ich bloß allein zurechtkommen?, dachte sie verzweifelt. Doch in der Erinnerung hörte sie Großmutter sagen:
    Met jouw komt het altijd goed mijn kind. Du klarar dig alltid, mitt barn.
    Als die Sonne an diesem
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