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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand
Autoren: Ann Rosman
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erfahren.«
    Als sich das Schiff näherte, geriet Agnes ins Schwitzen. Neben dem Kapitän zählte sie vierundzwanzig bewaffnete Männer an Bord.
    »Unsere Ladung gehört dem Herrn von Näverkärr«, rief Kapitän Wikström.
    Der andere Schiffsführer lachte höhnisch. Die Besatzung fiel in sein Lachen ein.
    »Das ist uns bekannt. Wenn Sie sie uns freiwillig übergeben, kommt niemand zu Schaden.«
    »Dann wissen Sie wahrscheinlich auch, dass Bryngel Strömstierna und der Eigentümer unserer Ladung, der Herr von Näverkärr, demnächst verwandt sein werden. Letzterer wird seine Tochter Agnes mit dem jungen Herrn auf Gut Vese verheiraten. Es könnte allerdings Probleme mit der Hochzeit geben, wenn Sie Güter stehlen, die Bryngels Schwiegervater gehören.« Kapitän Wikström sprach mit lauter und ruhiger Stimme, aber Agnes sah die weißen Knöchel seiner Finger, die sich krampfhaft an das Steuerrad klammerten. Er ging ein hohes Risiko ein.
    Die Schiffe lagen nun nebeneinander. Strömstiernas kräftige Männer sahen ihren Befehlshaber erwartungsvoll an. Wäre auch nur ein einziges Fischereigerät an Bord gewesen, hätte man sie für Fischer halten können. Der Mann schien gedanklich den Wahrheitsgehalt der Information zu überprüfen.
    »Sind Sie sich Ihrer Sache sicher?«
    »Vollkommen.«
    »Glauben Sie mir, Kapitän Wikström, wenn Sie mich angelogen haben, werden Sie es bitter bereuen.« Das andere Boot fiel vom Wind ab und war nach wenigenMinuten hinter einer Insel verschwunden. Der Kapitän wirkte erleichtert.
    »Dieses Manöver funktioniert nur einmal, habe ich recht?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Agnes.
    »Beim nächsten Mal wissen Strömstiernas Seeräuber, dass sich Bryngels Zukünftige aus dem Staub gemacht hat.«
    Agnes riss die Augen auf. Er hatte sie durchschaut.
    »Erzählen Sie es bitte nicht weiter.«
    »Was denn?« Er lächelte. »Dass ein Fassmacher unser Passagier war?«
    Kapitän Wikström zeigte auf die Silhouette, die sich in weiter Ferne vom Himmel abhob.
    »Die Festung Carlsten. Wir sind noch vor dem Abend in Marstrand.«

3
    In einem alten Männerhemd und mit Kopftuch stand Vendela ganz oben auf der Leiter. Erbarmungslos schabte sie mit einem Spachtel die alte Leinölfarbe vom südlichen Giebel des Bremsegård. Hin und wieder wandte sie sich von der gelbgestrichenen Wand ab und ließ ihren Blick abwechselnd über das Wasser nach Marstrandsö oder die Wiesen von Klöverö und den etwas weiter entfernten Lindenberg schweifen.
    Da das Holz in gutem Zustand war, hatten sie erst wenige der Schalbretter erneuern müssen. Die Leinölfarbe hatte Wind und Wetter in erstaunlichem Maß getrotzt.
    »Was gibt es zu essen?«
    Die Frage kam von Jessica, die in einem Liegestuhl gemütlich im Forbes Magazin blätterte. Ihre Haare waren unter einem breitkrempigen Sonnenhut verborgen und ihr knappes Bikini-Oberteil bedeckte gerade eben die Brustwarzen.
    Vendela hinterließ vor Wut eine tiefe Kerbe in der alten Holzverschalung. Bei der Wahl seiner Ehefrau hatte ihr Bruder wirklich keinen guten Fang gemacht. Bei ihrer ersten Begegnung mit Jessica hatte Vendela gedachtoder vielmehr gehofft, es würde sich wie schon so oft nur um eine kurze Affäre handeln. Rickard hatte immer Schwierigkeiten gehabt, seine Begeisterung längerfristig aufrechtzuerhalten, doch entgegen aller Prognosen war es Jessica gelungen, sich festzubeißen.
    »Da musst du deinen Mann fragen«, erwiderte Vendela. Obwohl sie Jessica am liebsten aufgefordert hätte, ihren durchtrainierten Hintern zu erheben, Kartoffeln aufzusetzen und sich selbst zu überlegen, was man dazu essen könnte, biss sie sich auf die Zunge. Jessica hatte Ferien, das war nicht zu übersehen. Dass alle anderen ebenfalls frei hatten und trotzdem das alte Haus renovierten, schien ihr entgangen zu sein.
    Vendela stieg von der Leiter und ging in den Keller, wo Marmelade, Konserven, Getränkekisten und Kartoffeln aufbewahrt wurden. Sie füllte einen Blecheimer mit Wasser aus dem Gartenschlauch und setzte sich auf die Steintreppe, um die Frühkartoffeln zu waschen. Die Sonne schien, und wenn Jessica nicht so ein Störfaktor in ihrem Blickfeld gewesen wäre, hätte sie die Tätigkeit in vollen Zügen genossen. Der Bremsegård und Klöverö hatten schon immer eine beruhigende Wirkung auf sie gehabt. Hier hatte sie ihre Sommer und alle anderen Ferien verbracht, und hierhin war sie zurückgekehrt, um Kraft zu tanken. Wie damals, als Charlies Vater in die USA fuhr und einen Monat
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