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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand
Autoren: Ann Rosman
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ich vor dem Problem, dass diese beiden Phasen sich nicht überschnitten, sondern sich nacheinander abgespielt hatten. Die Porto-Franco-Ära endet 1794, während die Seeräuber in Marstrand zwischen 1800 und 1825 am aktivsten sind. Die Lösung bestand darin, eine Person diese beiden Zeitabschnitte verbinden zu lassen: Agnes vom Gut Näverkärr in Härnäs nördlich von Lysekil. Härnäs und Klöverö haben außerdem viel Ähnlichkeit miteinander, und deshalb dachte ich mir, dass sich Agnes auch auf Klöverö zu Hause fühlen würde.
    Die Geschichte, die ich in dem Roman Die Wächter von Marstrand erzähle, nahm immer mehr Form an, als ich eine Ausgabe der Zeitschrift Träbiten las, die der Verein für Volksboote herausgibt. Die Überschrift lautete »Seeräuber auf Klöverö«, und was ich in dem Artikel las, war so grauenhaft, dass ich die Zeitschrift beinahe weggelegt hätte. Es gelang mir, an eine Ausgabe von »Licht und Schatten« von 1880 zu kommen, denn auf diesem Buch beruhte der Artikel. Carl Fredrik Ridderstad, ein Redakteur aus Linköping, beschreibt darin, wie er Mitte des neunzehnten Jahrhunderts die Insel besucht und sich dort mit zwei älteren Seeräubern unterhält. Auf dem Bremsegård fängt Riddarstad an. Folgendermaßen gibter die Begegnung mit Johannes Andersson wider. Dieser ist alles andere als redselig (und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass der Redakteur wirklich so hart nachgefragt hat, wie er behauptet. Vielleicht ist das Buch deswegen erst lange nach dem Tod von Johannes und Daniel erschienen).
    »Man hat mir eine Menge über Herrn Andersson erzählt. Sie waren zwischen 1811 und 1814 als Kaperer tätig.«
    »Hm.«
    »Ist es wahr, dass Sie gleichzeitig ein Seeräuber waren?«
    »Hm!«
    »Sie haben Wracks geplündert.«
    »Hm!«
    »Es wird von einem schaurigen Mord berichtet, der in den Pater-Noster-Schären an der Besatzung eines Ostindienschiffs begangen wurde, dessen Ladung hauptsächlich aus Stoffen und rotem Garn bestanden haben soll.«
    »Hm!«
    »Außerdem heißt es, dass eine Frau, die bei dieser Gelegenheit gerettet wurde, von ihnen gefangen genommen wurde und viele Jahre hier gelebt hat. Angeblich wurde sie verrückt und hat nur noch von sieben Morden und den roten Stoffen gesprochen. Nach dem, was ich gehört haben, soll man sie oft auf den Klippen hier gesehen haben. Sie trug Männerkleidung, und ihr weißes Haar flatterte im Wind. Erzählen sie mir von ihr.«
    »Hm.«
    Etwas anderes als »Hm!« kam ihm nicht über die Lippen.
    »Ich habe die Absicht«, äußerte ich zum Abschluss, »mich von hier aus zu Vater Daniel auf der anderen Seite der Insel zu begeben.«
    Als ich Daniels Namen erwähnte, hellte sich Anderssons Gesicht auf, und ich sah es in seinen Augen blitzen.
    »Zu Vater Daniel«, wiederholte er, »ja, ja, tun Sie das!Er kann reden, wenn es sein muss, und wenn er will. Er war der kühnste und mutigste Mann seiner Zeit und kennt den Schärengarten wie seine Westentasche. Als er jung war, konnte es keiner mit ihm aufnehmen. Man nannte ihn den Riesen der Westküste, und das ist er bis heute. Trotz seines Alters kann sich mit seinem Körperbau, seinem Aussehen und seiner Haltung niemand messen.«
    …
    »Ja, gehen Sie zu ihm! Gehen Sie zu ihm und bitten Sie ihn, mit Ihnen zu reden. Er braucht das.«
    Der Redakteur spaziert also vom Bremsegård im Norden nach Korsvik auf der anderen Seite der Insel. Vor dem Haus begrüßen ihn angekettete Wachhunde. Er wird hereingelassen.
    Der Anblick, der sich mir bot, als ich die gute Stube betrat, dürfte einzigartig sein.
    Vor mir stand ein wirklich unheimlich kräftig gebauter, hochgewachsener und breitschultriger Mann, doch das an sich war noch nicht das Bemerkenswerte. Erstaunlich war vielmehr, dass der Koloss, der da vor mir stand, zitterte wie Espenlaub. Sein ganzes Wesen, jeder einzelne Nerv schien zu beben. Etwas Derartiges hätte ich niemals für möglich gehalten. Es sah aus, als hätte ihn ein mächtiges Gewissen erschüttert und sowohl Leib als auch Seele in eine ständige Vibration versetzt.
    Auch Daniels Frau ist anwesend. Sie wird als eine schwarzhaarige Frau mit scharfem Blick beschrieben. Als der Redakteur die Grüße von Johannes ausrichtet, lächelt Daniel traurig und beginnt anschließend zu sprechen.
    »Mein Leben war stürmisch, gewaltig und wild. Ich habe viel erlebt. Viele Erinnerungen gehen mir durch den Kopf.Ich kann mich ihrer nicht mehr erwehren. Manchmal sehe ich sie vor meinem inneren Auge wie Blitze in
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