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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand
Autoren: Ann Rosman
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nicht die Schwimmw…«
    »Mein liebes Mädchen.« Astrid sah sie an. »Ja, wir werden beide eine Schwimmweste tragen. Mach dir nicht so viele Sorgen, Vendela. Nicht um dich, nicht um mich und schon gar nicht um Charlie. Der Junge hat gute Anlagen. Es war übrigens sein Vorschlag, zusammen fischen zu gehen, und nicht meiner. Stell dir mal vor, dass er mit so einem alten Weib auf Fischfang gehen will.«
    »Tja, sieh mal an«, sagte Vendela. »Und jetzt mach endlich diesen Umschlag auf, sonst werde ich noch verrückt.«
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt. Worauf wartest du noch?«
    »Ich weiß nicht.« Astrid sah sich um. Sie betrachtete die Urlauber, die durch den Eingang vom Coop strömten, und die Touristen, die sich vergeblich bemühten, den gelben Fahrkartenautomaten von Västtrafik zu durchschauen. Dann ging sie zu der Bank hinüber, auf die Vendela gezeigt hatte, und setzte sich. Sie warf einen Blick auf den Schiffsverkehr im Sund und die Häuser am gegenüberliegenden Ufer.
    »Kaum zu glauben«, sagte sie. »Da drüben hat Agnes gelebt. Dort saß sie auf den Widellschen Höfen in ihrer Kammer und hat Tagebuch geschrieben.«
    »Wo war das eigentlich?« Vendela nahm neben ihr Platz.
    »An der Stelle, wo heute die Villa Maritime steht. In der Varvsgata. Leider sind die Höfe dem Brand von 1947 zum Opfer gefallen. Ich kann mich noch an sie erinnern. Mutter und ich sind morgens hinübergerudert und haben die Milch dort abgeliefert. Ich frage mich, ob Mutter das Tagebuch von Agnes kannte.«
    »Glaubst du?«
    »Nein. Sie hat die Familienbibel und die anderen alten Sachen so sorgfältig aufbewahrt. Das Tagebuch hätte sie bestimmt nicht im Schuppen liegen lassen. Sie kann nicht davon gewusst haben.« Langsam öffnete Astrid den Umschlag. Nun sah man das Blatt Papier darin. Astrid machte keine Anstalten, es herauszuholen.
    »Sieh du nach.« Sie reichte Vendela das Kuvert.
    Vendela faltete den Brief auseinander und las ihn. Gespannt beobachtete Astrid ihre Mimik.
    »Was steht drin?«, fragte sie.
    »Warte kurz, ich will mir nur ganz sicher sein, dass ich es richtig verstanden habe.« Dann nickte Vendela. »Ja, ihr seid verwandt, du und Aleida.«
    Astrid hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund. Zum ersten Mal in all den Jahren sah Vendela Tränen in den Augen der alten Dame. Vendela nahm sie in den Arm.
    »Unglaublich. Es ist wirklich wahr.«

30
    Vendela hatte Astrid die kurvige Strecke zur Kirche in Lycke gefahren. Sie hatten die weiße Kirche umrundet, und waren zu dem Grabhügel spaziert, der auf dem Friedhof einen Ehrenplatz einnahm. Er hatte sein blutiges Geld der Kirche gespendet. Vielleicht, um in den Himmel zu kommen, oder weil er im Herbst seines Lebens Vater Daniel genannt werden wollte. Ein schwarzer Obelisk überragte die anderen Grabsteine.
    »Kapitän Daniel Jacobsson, 28. Juni 1776 bis 22. Juni 1854, Korsvik«, las Vendela laut vor. Seine Ehefrau Helena hatte ihn um sechs Jahre überlebt. Vendela betrachtete die Grabsteine ringsherum. Hier lagen seine Kinder. Alle waren vor ihm und der Ehefrau gestorben. Er selbst hatte sich nach dem Tod der Tochter um seine Enkelkinder kümmern müssen. Vielleicht war das seine Strafe. Dass er verlor, was ihm am liebsten und teuersten war.
    »Da bist du also«, sagte Astrid. »Ich hoffe, du schämst dich, dass du und Johannes so viel Unheil angerichtet habt. Dein Senkblei haben sie übrigens in Korsvik gefunden. Als das Haus renoviert wurde, fand man es in einem Hohlraum im Mauerwerk. Deshalb weiß ich, dass alles wahr ist.«
    Eine Weile standen sie schweigend da. Der Schatten des blanken schwarzen Steins fiel auf Astrids Füße.
    »Aber wo liegt Johannes begraben?«, fragte Vendela.
    »Ich weiß nicht. Da der Bremsegård damals zum Kirchspiel Lycke gehörte, müsste er ja auf diesem Friedhof liegen, aber er könnte genauso gut auf Koö begraben sein. Es besteht die Gefahr, dass das Grab nicht mehr existiert. Mein Vater, du weißt schon. Er hat fast alles verschlampt.«
    Vendela strich ihr über die Wange.
    »Wo liegen denn deine Eltern begraben, Astrid? Müsste Johannes nicht auch dort sein?«
    »Nein.« Astrid schüttelte den Kopf. »Mutter liegt ja im Familiengrab der Ahlgrens auf Koö, und Papa – wo er begraben ist, weiß ich gar nicht. Nachdem der Bremsegård verkauft worden war, haben wir nie wieder ein Wort miteinander gesprochen.«
    Der Bremsegård. Astrid musste wieder an Jessica denken. Was hatte sie für ein Geschrei gemacht, als Astrid die Kartoffeln aus der
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