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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit
Autoren: Terry Pratchett
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Er hob die Hand an die Stirn. Der
    Fleck existierte längst nicht mehr.
    Du hast mir deinen Stempel aufgedrückt. Nun, ich kenne dich.
    »Gehen wir«, sagte er.
    Sacharissa war noch immer beschäftigt und sah auf.
    »Was?«
    »Lass uns gehen«, sagte William. »Nach draußen. Jetzt sofort. Ein
    Spaziergang. Oder wir trinken eine Tasse Tee. Oder wir sehen uns ir-
    gendwelche Geschäfte an. Verlassen wir diesen Ort. Bitte widersprich
    mir nicht. Zieh die Jacke an. Schnel . Bevor sie Verdacht schöpft. Bevor
    sie eine Möglichkeit findet, uns aufzuhalten.«
    »Wovon redest du?«
    Er nahm Sacharissas Jacke vom Kleiderständer und griff nach ihrem
    Arm. »Ich habe keine Zeit, es dir zu erklären!«
    Die junge Frau ließ sich auf die Straße ziehen, wo William tief durch-
    atmete und sich entspannte.
    »Könntest du mir jetzt erklären, was das alles zu bedeuten hat?«, frag-
    te Sacharissa. »Da drin wartet ein Haufen Arbeit auf mich.«
    »Ich weiß. Komm. Wahrscheinlich sind wir noch nicht weit genug
    entfernt. In der Ulmenstraße gibt es ein neues Nudel-Restaurant. Es
    soll sehr gut sein. Was hältst du davon?«
    »Aber es gibt noch so viel Arbeit!«
    »Na und? Die ist morgen auch noch da.«
    Sacharissa zögerte. »Nun, ein oder zwei Stunden schaden vermutlich
    nicht«, räumte sie ein.
    »Gut. Gehen wir.«
    Sie erreichten die Kreuzung Sirupminenstraße und Ulmenstraße, als
    der Journalismus zu ihnen aufholte.
    Weiter vorn auf der Straße erklangen Schreie. William drehte den
    Kopf und beobachtete, wie der von vier Pferden gezogene Rol wagen
    der Brauerei außer Kontrolle geriet. Leute sprangen beiseite. William
    sah, wie suppentel ergroße Hufe Matsch und Eis aufwirbelten. Er sah
    das Messing am Geschirr, den Glanz, den Dampf…
    Er drehte den Kopf in die andere Richtung und sah die Alte. Mit zwei
    Gehstöcken überquerte sie die Straße und ahnte nichts vom heranra-
    senden Tod. Er sah den Schal, das weiße Haar…
    Ein Schemen sauste an ihm vorbei. Der Mann drehte sich in der Luft,
    landete mit den Schultern mitten auf der Straße, rollte herum, kam auf
    die Beine, ergriff die Alte und sprang mit ihr zur Seite…
    Der Wagen donnerte in einem Durcheinander aus Dampf und Dreck
    vorbei. An der Kreuzung versuchten die Pferde, die Richtung zu wech-
    seln, während der Wagen hinter ihnen den Weg geradeaus fortsetzen
    wol te. Ein Gewirr aus Hufen, Pferden, Rädern, Schneematsch und
    Schreien wirbelte weiter und zertrümmerte die Schaufensterscheiben
    mehrerer Läden, bevor der Wagen an eine steinerne Säule prallte und
    abrupt stoppte.
    Die Ladung gehorchte den Gesetzen der Physik und Narration, in-
    dem sie in Bewegung blieb. Seile rissen. Fässer lösten sich, fielen auf die Straße und rollten davon. Einige zerbrachen und fül ten die Rinnsteine
    mit Schaum. Die anderen donnerten weiter und weckten die Aufmerk-
    samkeit aller aufrechten Bürger: Sie sahen Hunderte von Litern Bier,
    die plötzlich keinen Eigentümer mehr hatten und in Freiheit unterwegs
    waren.
    William und Sacharissa wechselten einen Blick.
    »In Ordnung – ich schreibe al es auf, und du holst Otto!«
    Sie sagten es gleichzeitig und starrten sich herausfordernd an.
    »Na schön, na schön«, sagte Wil iam. »Gib irgendeinem Jungen ein
    paar Cent und beauftrage ihn, Otto zu holen. Ich spreche mit dem Tap-
    feren Wächter, dessen Tol kühner Sprung die Alte Dame gerettet hat,
    und du kümmerst dich um das Große Krachen, einverstanden?«
    »Ich schicke einen Jungen zu Otto«, sagte Sacharissa und holte ein ei-
    genes Notizbuch hervor. »Aber du kümmerst dich um den Unfal und
    das Große Bierfass-Rol en, während ich mit der Weißhaarigen Oma
    rede. Menschliches Interesse, verstehst du?«
    »Na gut!«, gab William nach. »Der Retter ist übrigens Hauptmann Ka-
    rotte. Sorg dafür, dass Otto ein Bild von ihm anfertigt. Und frag ihn
    nach seinem Alter!«
    »Natürlich!«
    William näherte sich der Menge, die sich beim verunglückten Wagen
    eingefunden hatte. Andere Leute verfolgten die Bierfässer, und gele-
    gentliche Schreie wiesen auf Folgendes hin: Durstige Personen begrei-
    fen nur selten, wie schwer vierhundert Liter Bier in einem rollenden
    Eichenfass aufzuhalten sind.
    Pflichtbewusst notierte er den Namen an der Seite des Wagens. Zwei
    Männer halfen den Pferden auf die Beine, aber mit dem Biertransport
    schienen sie nichts zu tun zu haben. Sie sahen vielmehr wie Männer
    aus, die einfach nur verlorenen Pferden helfen und sie nach Hause
    bringen
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