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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit
Autoren: Terry Pratchett
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Zwerge können Blei in Gold verwandeln…
    Schließlich gelangte es auch an die spitzen Ohren der Zwerge.
    »Können wir das wirklich?«
    »Will verdammt sein, wenn ich das wüsste. Ich kann’s nicht.«
    »Ja, aber wenn du es könntest, würdest du es nicht zugeben. Ich mei-
    ne, ich würd’s nicht sagen, wenn ich es könnte.«
    »Kannst du’s?«
    »Nein!«
    »Ah -ha !«

    Das Gerücht erreichte auch die Ohren der Nachtwache beim Tor-
    dienst, um zehn Uhr an einem frostigen Abend. Der Tordienst in
    Ankh-Morpork war nicht besonders anstrengend. Er bestand haupt-
    sächlich darin, alles durchzuwinken, was das Tor passieren wollte, und
    im dunklen, eiskalten Nebel herrschte kaum Verkehr.
    Mit hoch gezogenen Schultern standen die Wächter im Schutz des
    Torbogens und rauchten eine feuchte Zigarette.
    »Man kann nicht etwas in etwas anderes verwandeln«, sagte Korporal
    Nobbs. »Die Alchimisten versuchen das schon seit Jahren.«
    »Sie sind imstande, ein Haus in ein Loch im Boden zu verwandeln«,
    erwiderte Feldwebel Colon.
    »Das meine ich ja«, sagte Korporal Nobbs. »Es ist einfach nicht mög-
    lich. Es liegt an den… Elementen. Das weiß ich von einem Alchimis-
    ten. Alles besteht aus Elementen, klar? Erde, Wasser, Luft, Feuer
    und… Dingsbums. Ist al gemein bekannt. Alles hat sie in sich ver-
    mischt.«
    Er stampfte mit den Füßen, um sie ein wenig zu wärmen.
    »Wenn man Blei wirklich in Gold verwandeln könnte, wären al e da-
    mit beschäftigt«, sagte er.
    »Zauberer können es«, meinte Feldwebel Colon.
    »Oh, na ja, Magie .« Nobby winkte ab.
    Ein großer Karren rumpelte aus den gelbgrauen Schwaden, passierte
    das Tor und bespritzte Colon, als er durch eine der Pfützen rol te, die
    zu den typischen Merkmalen der Straßen von Ankh-Morpork gehörten.
    »Blöde Zwerge«, sagte er, als der Karren den Weg in die Stadt fort-
    setzte. Aber Colon sprach dabei nicht zu laut.
    »Es waren ziemlich viele, die den Karren schoben«, meinte Korporal
    Nobbs nachdenklich. Der große Wagen wackelte um eine Ecke und
    geriet außer Sicht.
    »Wahrscheinlich liegt’s an all dem Gold«, sagte Colon.
    »Ha! Ja. Das dürfte die Erklärung sein.«

    Und das Gerücht erreichte die Ohren von William de Worde. In gewis-
    ser Weise blieb es dort, denn er schrieb es pflichtbewusst nieder.
    Das war seine Aufgabe. Lady Margolotta von Überwald schickte ihm
    dafür fünf Ankh-Morpork-Dollar pro Monat. Ebenso die Herzogin-
    witwe von Quirm. Und auch König Verence von Lancre sowie einige
    andere prominente Persönlichkeiten in den Spitzhornbergen. Der Serif
    von Al-Khali bezahlte ihn zweimal im Jahr mit einer halben Wagenla-
    dung Feigen.
    Im Großen und Ganzen glaubte Wil iam, dass er auf eine gute Sache
    gestoßen war. Er brauchte nur einen Brief zu schreiben, ganz sorgfältig,
    und ihn dann auf ein Stück Buchsbaumholz zu übertragen, das er sich
    von Herrn Kratzgut besorgte, dem Graveur und Holzschneider in der
    Straße Schlauer Kunsthandwerker. Anschließend bezahlte er Herrn
    Kratzgut zwanzig Dollar dafür, vorsichtig all das Holz zu entfernen, das
    nicht für die Buchstaben gebraucht wurde, und dann fertigte er fünf
    Drucke auf Papier an.
    Natürlich musste er dabei an al es denken, zum Beispiel daran, hinter
    »An meinen ehrenwerten Kunden« und ähnlichen Bemerkungen freie
    Stellen zu lassen, um diese später auszufüllen. Aber selbst nach Abzug
    der Kosten blieben fast dreißig Dollar für kaum mehr als einen Tag
    Arbeit im Monat übrig.
    Ein junger Mann ohne große Verantwortung konnte mit dreißig oder
    vierzig Dollar im Monat ein bescheidenes Leben in Ankh-Morpork
    führen. Die Feigen verkaufte William de Worde stets. Zwar war es
    möglich, al ein von Feigen zu leben, aber man wünschte sich doch bald,
    nicht darauf angewiesen zu sein.
    Außerdem bot die Welt der Buchstaben gute Möglichkeiten, hier und
    dort etwas hinzuzuverdienen. Für viele Bewohner von Ankh-Morpork
    bestand sie nur aus geheimnisvollen Papierobjekten, aber wenn sie ein-
    mal Schriftliches benötigten, gingen sie die knarrende Treppe hoch,
    vorbei an dem Schild »William de Worde: Geschriebene Dinge«.
    Zum Beispiel die Zwerge. Immer wieder kamen Zwerge auf der Su-
    che nach Arbeit in die Stadt, und als Erstes schickten sie einen Brief
    nach Hause, in dem es hieß, wie gut es ihnen ging; selbst dann, wenn
    der betreffende Zwerg so sehr in Not geraten war, dass er den eigenen
    Helm verspeisen musste. William hatte dies zum Anlass genommen,
    Herrn Kratzgut
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