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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit
Autoren: Terry Pratchett
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Drumknott.
    »Äh, ja«, bestätigte William. »Ist alles in Ordnung mit dir, Herr?«
    »Oh, ja. Natürlich habe ich viel zu tun. So muss ich zum Beispiel eine
    ganze Menge lesen. Aber ich hielt es für angebracht, hierher zu kom-
    men und mir die ›freie Presse‹ anzusehen, von der mir Kommandeur
    Mumm sehr ausführlich berichtet hat.« Mit dem Gehstock klopfte er an
    eine der eisernen Säulen der Presse. »Allerdings scheint sie fest mit dem
    Boden verbunden zu sein.«
    »Äh, nein, Herr«, sagte William. »›Frei‹ ist das, was gedruckt wird.«
    »Bedeutet das, niemand muss dafür bezahlen?«
    »Äh, nein, aber…«
    »Oh, ich verstehe. Du meinst, du solltest frei sein und all das drucken dürfen, was dir gefäl t.«
    William saß in der Falle. »Nun… im Großen und Ganzen, Herr.«
    »Weil es im… Wie heißt der interessante Ausdruck? Weil es im öf-
    fentlichen Interesse liegt?« Lord Vetinari griff nach einer Drucktype
    und untersuchte sie sorgfältig.
    »Ich denke schon, Herr.«
    »Meinst du die Geschichten über Menschen fressende Goldfische und
    irgendwelche Ehemänner, die von großen silbernen Scheiben entführt
    werden?«
    »Nein, Herr. Das sind die Dinge, an denen die Öffentlichkeit interes-
    siert ist. Wir kümmern uns um den anderen Kram, Herr.«
    »Um komisch geformtes Gemüse?«
    »Nun, manchmal, Herr. Sacharissa meint, solche Geschichten treffen das menschliche Interesse.«
    »Geschichten über Gemüse und Tiere?«
    »Ja, Herr. Aber wenigstens betreffen sie echtes Gemüse und echte
    Tiere.«
    »Nun, wir haben also Dinge, an denen die Leute interessiert sind, und
    Geschichten, die das menschliche Interesse treffen. Hinzu kommt das
    öffentliche Interesse, an dem niemand Interesse zeigt.«
    »Abgesehen von der Öffentlichkeit, Herr«, warf William ein und ver-
    suchte, nicht den Überblick zu verlieren.
    »Was nicht das Gleiche bedeutet wie Leute und Menschen?«
    »Ich glaube, es ist ein wenig komplizierter, Herr.«
    »Offenbar. Glaubst du, die Öffentlichkeit unterscheidet sich von den
    Leuten, die du draußen siehst? Die Öffentlichkeit denkt große, vernünf-
    tige Gedanken, während die Leute herumlaufen und Dummes anstel-
    len?«
    »Ich glaube ja. Vielleicht sollte ich noch etwas gründlicher über diese
    Vorstel ung nachdenken, Herr.«
    »Hmm. Interessant. Mir ist aufgefallen, dass Gruppen intelligenter und vernünftiger Leute auf sehr dumme Ideen kommen können«, sagte
    Lord Vetinari. Er warf William einen Blick zu, der ihm mitteilte: »Ich
    kann deine Gedanken lesen, selbst das Kleingedruckte.« Dann sah er
    sich im Druckraum um. »Zweifellos hast du eine ereignisreiche Zukunft
    vor dir, und ich möchte sie dir nicht schwerer machen, als sie es ganz
    offensichtlich sein wird. Nun, wie ich sehe, habt ihr zu tun…«
    »Wir richten einen Semaphor-Posten ein«, sagte Sacharissa stolz.
    »Dann können wir Nachrichten direkt vom großen Stadtturm empfan-
    gen. Und wir eröffnen Büros in Sto Lat und Pseudopolis!«
    Lord Vetinari hob die Brauen. »Na so was«, erwiderte er. »Dann gibt
    es bestimmt bald weitere Beispiele von komisch geformtem Gemüse.
    Ich bin sehr neugierig darauf.«
    William entschied, dazu keinen Kommentar abzugeben.
    »Es erstaunt mich, wie gut eure Nachrichten in die Zeitung passen«,
    fuhr Lord Vetinari fort und betrachtete die Seite, an der Boddony arbei-
    tete. »Nirgends gibt es Lücken. Und jeden Tag passiert etwas, das wich-
    tig genug ist, um ganz oben auf der ersten Seite zu stehen. Wie selt-
    sam… Oh, bei ›empfangen‹ kommt ein p vor dem f…«
    Boddony sah auf. Lord Vetinaris Gehstock schwang mit einem leisen
    Zischen herum und verharrte mitten in der eng gesetzten Spalte. Der
    Zwerg sah genauer hin, nickte und holte ein kleines Werkzeug hervor.
    Für ihn stehen die Typen auf dem Kopf, und die Worte sind verkehrt
    herum gesetzt, dachte William. Außerdem steckt der Fehler mitten im
    Text. Aber er hat ihn trotzdem bemerkt.
    »Dinge, die verkehrt herum sind, kann man manchmal besser begrei-
    fen, wenn sie auch auf dem Kopf stehen«, sagte Lord Vetinari und
    klopfte sich wie geistesabwesend mit dem silbernen Knauf des Geh-
    stocks ans Kinn. »Im Leben ebenso wie in der Politik.«
    »Was hast du mit Charlie gemacht?«, fragte William.
    Das Gesicht des Patriziers zeigte unschuldige Überraschung.
    »Oh, nichts. Hätte ich etwas Besonderes mit ihm anstellen sollen?«
    »Hast du ihn in irgendeinem tiefen Kel er eingesperrt?«, fragte Sacha-
    rissa argwöhnisch.
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