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Die Voegel

Die Voegel

Titel: Die Voegel
Autoren: Daphne Du Maurier
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Saatkrähen und Nebelkrähen, Dohlen, Elstern und Häher, alles Vögel, die sonst die kleineren Arten jagten; an diesem Nachmittag aber gehorchten sie einem anderen Befehl.

    Ihnen sind die Städte anbefohlen worden, dachte Nat, sie wissen, was sie zu tun haben. Wir hier zählen nicht. Für uns genügen die Möwen. Die anderen ziehen in die Städte.
    Er ging zur Telefonzelle, zog die Tür hinter sich zu und hob den Hörer ab. Er wollte nur das Amt anrufen, von dort würde man die Nachricht schon weitergeben.
    »Ich spreche vom Highway«, sagte er, »an der Bushaltestelle. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass große Vogelzüge landeinwärts fliegen und die Möwen sich in der Bucht versammelt haben.«
    »Ja, in Ordnung«, antwortete die Stimme, gleichmütig, gelangweilt.
    »Geben Sie die Nachricht auch bestimmt an die richtige Stelle weiter?«
    »Ja ... selbstverständlich ...« Jetzt ungeduldig, verdrossen. Das Summzeichen ertönte.
    Wieder eine, die sich nicht darum kümmert, dachte Nat. Vielleicht hat sie den ganzen Tag solche Anrufe beantworten müssen, und vielleicht will sie heute Abend ins Kino gehen. Sie wird Hand in Hand mit einem Burschen dahinschlendern, zum Himmel zeigen und sagen: »Sieh mal, all die Vögel.« Sie macht sich nichts daraus.
    Der Autobus kam ratternd die Anhöhe herauf. Jill kletterte heraus und drei oder vier andere Kinder. Der Bus fuhr weiter zur Stadt.
    »Warum hast du die Hacke mit, Papa?« Sie drängten sich lachend und mit den Fingern darauf zeigend um ihn.
    »Ich hab sie gerade bei mir gehabt«, sagte er. »Marsch jetzt, wir gehen nach Hause. Es ist kalt, nicht gebummelt. Nun passt mal auf, ihr anderen, ich möchte sehen, wie schnell ihr über die Felder laufen könnt.«
    Er hatte sich an Jills Schulkameraden gewandt, Kinder zweier Familien, die in den Gemeindehäuschen wohnten. Wenn sie die Abkürzungen über die Felder nahmen, waren sie schnell zu Hause.

    »Wir wollen noch ein bisschen am Heckenpfad spielen«, sagte eines der Kinder.
    »Nein, das gibt's nicht! Vorwärts, nach Hause, oder ich sag's eurer Mama.«
    Sie tuschelten miteinander, machten runde Augen und trollten sich schließlich querfeldein. Jill sah ihren Vater verdutzt an und verzog das Mäulchen.
    »Wir spielen aber immer am Heckenpfad«, trotzte sie.
    »Heut nicht, heut gibt's das nicht. Los jetzt, schnell.« Er konnte sehen, wie die Möwen sich dem Land näherten, schon über den Feldern kreisten. Noch immer kein Laut. Noch immer ganz stumm.
    »Schau, Papa, schau mal, da drüben, all die vielen Möwen.«
    »Ja, ja, schnell jetzt.«
    »Wohin fliegen sie denn?«
    »Landeinwärts wahrscheinlich. Wo es wärmer ist.«

    Er packte sie bei der Hand und zog sie hinter sich her den Pfad entlang.
    »Lauf doch nicht so, Papa. Ich kann nicht so schnell!«
    Die Möwen taten es den Saatkrähen und Dohlen gleich. In riesigen Formationen verteilten sie sich über den ganzen Himmel. In Schwärmen zu Tausenden steuerten sie in die vier Himmelsrichtungen.
    »Papa, was ist los mit den Möwen? Was tun sie da oben?«
    Ihr Flug war jedoch nicht so zielbewusst wie der der Krähen und Dohlen. Sie kreisten noch immer über ihnen. Sie flogen auch nicht so hoch. Es war, als warteten sie auf ein Signal, als sei die Entscheidung noch nicht gefallen, der Befehl noch nicht klar.
    »Soll ich dich tragen, Jill? Komm, huckepack.« Auf diese Weise hoffte er, schneller vorwärts zu kommen. Aber er irrte sich. Jill war schwer. Sie rutschte dauernd hinunter und begann nun auch noch zu weinen. Seine eigene Bedrängnis und Furcht hatten sich dem Kinde mitgeteilt.
    »Die Möwen sollen wieder weggehen! Ich kann sie nicht leiden. Sie kommen immer näher.«
    Er setzte sie wieder ab. Nun begann er zu laufen, zerrte Jill hinter sich her. Als sie an der Abzweigung, die zum Gehöft führte, vorbeikamen, sah er, wie der Bauer sein Auto in die Garage fahren wollte. Nat rief ihn an.
    »Können Sie uns heimfahren?«
    »Was ist los?«
    Der Bauer drehte sich auf dem Führersitz um und starrte sie an. Dann grinste er über sein ganzes gutmütiges, frisches Gesicht.
    »Es sieht ja aus, als ob wir einen Heidenspaß kriegen«, meinte er. »Haben Sie die Möwen gesehen, Hocken? Wir werden ihnen eins aufbrennen, Jim und ich.
    Alle Leute sind ja ganz übergeschnappt wegen dieser Vögel, reden von nichts anderem. Ich hab' gehört, dass Sie heute Nacht Ärger mit ihnen hatten. Soll ich Ihnen eine Flinte leihen?«
    Nat schüttelte den Kopf.
    Das kleine Auto war voll gepackt, es war
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