Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Voegel

Die Voegel

Titel: Die Voegel
Autoren: Daphne Du Maurier
Vom Netzwerk:
loswerden. In den Städten machen sie ja auch eine Menge Schmutz. Nun, ich denke, wir können auch einmal ohne Radio auskommen, was?«
    »Wenn wir wenigstens ein Grammophon hätten!«, meinte Jill. »Das wäre besser als gar nichts.«
    Sie hielt ihr Gesicht dabei dem Küchenschrank zugewandt, der mit dem Rücken gegen das Fenster stand. Obwohl sie sich alle bemühten, so zu tun, als sei nichts Besonderes los, lauschten sie insgeheim doch angespannt dem Scharren und Pochen, dem unaufhörlichen Schlagen und Rauschen von Flügeln.
    »Wir wollen heute früher Abendbrot essen als sonst«, schlug Nat vor, »irgendetwas Gutes. Fragt mal Mama, vielleicht macht sie uns überbackene Käsebrote oder sonst etwas Feines, was wir alle gern essen.«
    Er zwinkerte und nickte seiner Frau zu; er wünschte den Ausdruck von Bestürzung und Angst aus Jills Gesicht zu tilgen.
    Beim Abendbrot war er behilflich, pfiff und summte und machte so viel Lärm wie möglich, und allmählich schien es ihm wirklich, als sei das Scharren und Tappen schwächer geworden. Sofort ging er in die Schlafzimmer hinauf und lauschte. Auch hier war nichts mehr zu hören. Sie sind allmählich zur Vernunft gekommen, dachte er, sie haben gemerkt, wie schwer es ist, hier einzudringen.
    Vielleicht versuchen sie es jetzt anderswo. Wahrscheinlich haben sie keine Lust mehr, ihre Kräfte hier bei uns zu vergeuden.
    Das Abendbrot verlief ohne Zwischenfall, und dann, beim Abräumen, hörten sie einen neuen Laut, dröhnend, vertraut, einen Laut, den sie alle kannten und verstanden.
    Seine Frau sah auf, ihre Züge erhellten sich. »Flugzeuge«, sagte sie, »sie schicken Flugzeuge aus gegen die Vögel. Ich habe ja immer gesagt, dass sie etwas tun müssen. Jetzt geht's den Biestern an den Kragen. Horch, wird da nicht geschossen? Sind das Kanonen?«
    Es konnte Geschützfeuer sein, draußen auf See. Nat wusste es nicht. Große Schiffskanonen konnten auf See vielleicht mit den Möwen fertig werden, aber jetzt waren sie über dem Lande, und die Küsten konnte man der Bevölkerung wegen nicht bombardieren.
    »Es tut richtig gut, die Flugzeuge zu hören, nicht wahr?«, fragte seine Frau.
    Und Jill, von der Begeisterung der Mutter angesteckt, hopste mit Johnny auf den Matratzen auf und nieder.
    »Die Flieger schießen die Vögel tot, die Flieger schießen die Vögel tot!«
    In diesem Augeblick hörten sie in der Ferne ein Krachen, es folgte ein zweites, ein drittes. Das Dröhnen ebbte ab und erstarb über dem Meer.
    »Was war denn das?«, fragte seine Frau. »Ob sie Bomben auf die Vögel geworfen haben?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Nat, »ich glaube kaum.«
    Er brachte es nicht über sich, ihr zu sagen, dass es das Getöse zerschellender Flugzeuge gewesen war. Ohne Zweifel hatte die Regierung es gewagt, Erkundungsflugzeuge auszuschicken; aber sie hätte wissen müssen, dass es ein selbstmörderisches Unterfangen war. Was konnten denn Flugzeuge gegen Vögel aus richten, die sich todeswütig gegen Propeller und Rumpf schleuderten? Sie mussten selbst in die Tiefe stürzen. Wahrscheinlich geschah dies jetzt überall im Lande. Und um welchen Preis! Jemand in der Regierung schien den Kopf verloren zu haben.
    »Wo sind die Flieger jetzt hin, Papa?«, fragte Jill.
    »Zurück zum Flugplatz«, antwortete Nat, »aber jetzt ist's Zeit, ins Bett zu kriechen.«
    Es hielt seine Frau wenigstens eine Weile beschäftigt, die Kinder vor dem Kaminfeuer auszuziehen, sie ins Bett zu bringen und alles für die Nacht zu ordnen.
    Inzwischen machte er einen Rundgang durch das Haus, um sich noch einmal zu vergewissern, dass sich keine Verschalung gelockert hatte. Kein Dröhnen von Flugzeugen mehr, auch die Schiffskanonen waren verstummt. Vergeudung von Menschenleben und Kräften, dachte Nat. Auf diese Art kann man nicht genug vernichten. Zu kostspielig. Natürlich gibt es Giftgas. Vielleicht werden sie es mit Gas versuchen, Senfgas. In dem Fall würde man uns natürlich erst warnen. Das ist bestimmt ein Problem, worüber sich die klügsten Männer im ganzen Land heute Abend den Kopf zerbrechen.
    Irgendwie beruhigte ihn diese Vorstellung. In Gedanken sah er Wissenschaftler, Physiker, Techniker und alle diese Spezialisten zu einer Beratung versammelt; die brüten jetzt darüber, wie sie der Gefahr Herr werden könnten.
    Dies war keine Aufgabe für die Politiker, die Generäle; diesmal hatten sie nur die Anordnungen der Fachleute auszuführen.
    Sie werden rücksichtslos vorgehen müssen, dachte er, und wo
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher