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Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt
Autoren: Horst Hoffmann
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Tempeldienerin hallten in Mythors Bewußtsein nach, als er und die Gefährten sich nun anschickten, ihr zu folgen und die Landzunge zu verlassen, auf der sie aus tiefer Bewußtlosigkeit erwacht waren.
    Ein letztes Mal blickte er sich um. Er gewahrte Kalisses vorwurfsvolle Blicke, die ihm sagten:
    Traue ihr nicht mehr! Schon einmal bekamen wir solche schmeichelnden Worte zu hören!
    Und wurden getäuscht, dachte er bitter. Die Verbannten der Inseln führten uns zur Tempelruine, um uns ihrer Göttin, der Anemona, zu opfern.
    Fast wäre es ihr Tod gewesen. Sie konnten in die Götzenstatue fliehen, als aus heiterem Himmel die Entersegler angriffen, und fanden Yacubs unselige Brut. So wild und mordlüstern waren die nur handgroßen Nachkommen der Bestie schon gewesen, daß sie sie töten mußten, um nicht selbst getötet zu werden.
    Dann, als sie nach weiteren Nestern des Ungeheuers aus der Schattenzone suchten, kam die Flut. Alle vier wären sie in den hereinströmenden Wassern ertrunken, hätten nicht Unbekannte sie im letzten Augenblick gepackt und in Sicherheit gebracht – auf die Landzunge.
    Mythor hatte nur die schwache Erinnerung an ein grünlich schimmerndes, fremdartiges Gesicht, das nur einem der geheimnisvollen Tritonen gehören konnte, die die Inselbewohner gleichermaßen fürchteten und anbeteten.
    Mythor verbannte alle Fragen nach dem Warum und Wieso. Zu vieles verstand er nicht. Zu vieles war geschehen und verlangte nach einer Antwort. Und diese konnten nur die Tritonen selbst geben.
    Das war der Grund, weshalb er sich entschlossen hatte, Dorgele zu folgen. Diesmal sollten sie gewappnet sein und nicht mehr arglos in eine Falle laufen. Sie waren Gefangene des Nassen Grabes, von dem es hieß, daß es keine lebende Seele wieder freigegeben hatte, die es hierher verschlagen hatte.
    Er aber mußte weiter, nach Süden, zum Hexenstern, wo er Fronja in allergrößter Gefahr wußte.
    Weiter…
    Durfte er nun an sich selbst und an Fronja denken, wo er doch wußte, welche furchtbare Gefahr der Lichtwelt durch Yacub und seine Brut drohte? Galt es nicht, dafür zu sorgen, daß nicht einer von Yacubs Nachkommen Tod und Verderben über Vanga bringen konnte?
    Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Irgendwo im Nassen Grab wußte er Yacub selbst, und gewiß wäre er Dorgele nicht gefolgt, hätte er den gehörnten Echsenschädel gesehen, der ganz kurz nur einige Steinwürfe entfernt aus dem Wasser getaucht war.
    So gab er sich ganz der Hoffnung hin, bald schon Licht ins Dunkel zu bringen, das ihn umgab, in den Wasserbewohnern vielleicht gar Helfer im Kampf gegen Yacub zu finden.
    Scida stieß ihn mit dem Ellbogen an und riß ihn aus seinen Gedanken.
    Sie deutete auf Dorgele, die einige Schritte vorausging und ihnen den Rücken zuwandte.
    »Du fragst nicht einmal, wohin sie uns bringt«, flüsterte die alternde Amazone. »Dein Vertrauen zu ihr muß ja grenzenlos sein.«
    Scida war verbittert und mehr denn je in Sorge um ihren »Beutesohn«. In Sorge war auch Gerrek, doch mehr um sein eigenes Wohlbefinden.
    »Sag’s ihm nur, Scida!« knurrte der Mandaler. »Für ihn ist es ja ganz natürlich, zu den Tritonen ins Meer hinabzusteigen! Er liebt das Wasser ja! Aber denkt er dabei an mich, der ihm ein ums andere Mal sein kostbares Leben rettete?«
    »Wir alle denken an nichts anderes«, seufzte Kalisse. »Nur an dich und das Wasser, du verzauberter Prinz!«
    Gerrek knurrte etwas Unverständliches in ihre Richtung und jammerte beleidigt: »O Welt der Ungleichheit! Für euch männerverachtende Weiber gibt’s nur noch Honga! Für Honga gibt’s nur Fronja! Wer denkt an mich?«
    »Yacub!« versetzte Kalisse.
    Dorgele blieb stehen, bis die Gefährten mit ihr auf gleicher Höhe waren. Ein Pfad führte einen flachen Hügel hinauf. Von einer Siedlung der Verfemten war noch nichts zu erkennen. Nur der Wind brachte den mittlerweile sattsam bekannten Fisch- und Fäulnisgeruch heran.
    »Seid nicht so ungeduldig«, sagte Dorgele. »Niemand braucht ins Wasser zu gehen.«
    »So?« fragte Gerrek. »Dann kommen die Tritonen an Land?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Wartet ab. Bald werdet ihr die Antworten erfahren.«
    »Warum gibst du sie uns nicht?« wollte Scida wissen. »Du darfst es nicht, wie? Du bist doch eine Tempeldienerin. Gibt es andere, die dir zu gebieten haben?«
    »Nur die Göttin!« sagte die Ausgestoßene. Es war offensichtlich, daß sie nicht länger darüber reden wollte. Sie wandte sich um und schritt den Hügel hinauf.
    Murrend
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