Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die versunkene Welt

Die versunkene Welt

Titel: Die versunkene Welt
Autoren: Horst Hoffmann
Vom Netzwerk:
nichts anderes, als daß das Ungeheuer aus der Schattenzone wahrhaftig zu einem Sturm auf Vanga blies, wie die Lichtwelt ihn noch nicht erlebt hatte.
    Vor ihrem geistigen Auge sah sie Hunderte, ja Tausende von ausgewachsenen Yacuben, wie sie Städte, Forts und Schlösser einfach überrannten und nichts außer Toten und Verwüstung zurückließen.
    Wieder spürte sie die Eiseskälte, die nach ihrem Herzen greifen wollte.
    »Dann kamen wir gerade zur rechten Zeit«, hörte sie eine Amazone sagen. »Wir haben sie getötet, bevor sie…«
    Gudun lachte rauh.
    »Hat dir die Angst den Verstand vernebelt?« fuhr sie die Kriegerin an. »Yacub trägt noch einen Teil seiner Nachkommenschaft in sich! Er floh, um sie zu retten.«
    »Dann ist dies die Gefahr, vor der die Zaem warnte«, flüsterte Gorma.
    »Und noch etwas überseht ihr«, sagte Gudun finster. »Sosona, du redetest davon, daß die Entersegler diese Insel bewachten, weil sie die Brut des Ungeheuers zu bewachen hätten. Aber es gibt sie überall im Nassen Grab! Wir wissen, daß sie Mnora-Lör heimsuchten, und so werden sie auf jeder anderen Insel zu finden sein – auf Ngore wie auf Asingea und Nida!«
    »Dann gibt es überall dort weitere Nester«, murmelte die Hexe, »Nester, die vielleicht älter sind als dieses hier. Und niemand von uns vermag zu sagen, wie schnell die kleinen Ungeheuer heranwachsen.«
    Die Kriegerinnen sahen sich erschüttert an.
    »Dann gibt es einen weiteren Grund für uns, Zaem und Burra schnell zu finden, denn nur die Zaubermutter mag diesem Unheil noch Einhalt gebieten können. Es muß so sein, daß Yacub dies wußte und ihr deshalb die Entersegler entgegenschickte.«
    Gudun zweifelte nicht an der Macht der Zaem. Doch sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß sie alle noch etwas Bedeutsames übersahen.
    Waren die Verschollenen wirklich in Yacubs Gewalt? Hatten die Amazonen und Sosona nicht zu vorschnell Artikis Warnungen vergessen, als sie Yacubs Spuren fanden?
    Sicher, die Entersegler, die die Boote angegriffen hatten, waren von den Tritonen getötet worden. Doch hieß dies wirklich, daß das Meervolk und seine Göttin Anemona, daß die geheimnisvolle Meermutter und alle Mächte, die noch in der Versunkenen Stadt leben mochten, nicht im Bunde mit Yacub waren? Warum sonst hätten sie die Entersegler zwischen den Ruinen von Ptaath geduldet?
    So vieles drang auf sie ein, das sie nicht zu begreifen vermochte.
    »Und nun?« hörte sie Gorma fragen. »Wohin sollen wir uns wenden?«
    »Es gibt einen Anhaltspunkt«, sagte Sosona. »Einen einzigen: Artiki sprach davon, daß auf der Insel Ngore eine Opferstätte zu finden sei. Dort opfern die Inselbewohner der Anemona, um sich deren Wohlwollen zu erhalten. Sie fürchten und verehren sie gleichermaßen.«
    Gudun starrte sie an. Ihre Augen weiteten sich. Hatte die Hexe den gleichen Gedanken wie sie.
    »Du glaubst«, fragte sie tonlos, »daß nicht nur die Verfemten der Anemona Opfer bringen, um sie zu besänftigen und den Schutz der Tritonen zu erkaufen? Daß auch Yacub ihr Opfer bringt, um der Sicherheit seiner Brut willen?«
    »Wir können es nicht ausschließen, Gudun. Und welches Opfer sollte größer sein als die Leben der Zaubermutter und der Burra?«
    »Bei allen Göttern!« entfuhr es Gorma. »So laßt uns keine Zeit mehr verlieren! Artiki ist tot. Die Verfemte kann uns nicht mehr nach Ngore bringen, aber wir wissen, wo die Insel zu finden ist! Noch haben wir die beiden Boote! Was hält uns noch hier?«
    »Die Entersegler«, sagte Sosona.
    Gorma winkte heftig ab.
    »Sie werden mit Yacub geflohen sein! Es gibt hier nichts mehr zu beschützen!«
    Sie stürmte in den Stollen. Gudun und die anderen folgten ihr.
    Sie hätten nochmals jeden Winkel der Grotte nach Yacub-Sprößlingen abgesucht, hätten sie gewußt, daß jene, die sie für tot hielten, nur vor Stunden auf Asingea ebenfalls eine Brutstätte des Ungeheuers entdeckten – und daß dort die kleinen Bestien nur handtellergroß gewesen waren.
    Yacubs Brut wuchs heran – viel schneller, als menschliche Vorstellungskraft es zu fassen vermochte.

2.
    Er war hier, um sich zu vermehren und die Lichtwelt mit seinesgleichen zu überschwemmen. Dies war sein Auftrag, seine Bestimmung. Deshalb hatten die Mächte der Finsternis ihn nach Vanga geschickt. Alles, was er nach seinem Erwachen auf der Schwimmenden Stadt Gondaha getan hatte, war nur ein Hinarbeiten auf dieses Ziel gewesen. Und doch hatte es fast zu lange gedauert, bis er den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher