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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung
Autoren: Hannah Kaiser
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Liebe und von Schmerz. Und am nächsten Morgen wache ich mit dem Gefühl der Sehnsucht nach ihm auf und werde es auch den ganzen Tag lang nicht mehr los.
    Mein Handy liegt griffbereit neben mir auf dem Schreibtisch, aber es ist geradezu demonstrativ still, als wolle es mich ärgern. Nur das Festnetztelefon klingelt gegen Nachmittag und ein aufgeregter Sam erzählt mir von der Fahrt und seinem ersten Tag im Schnee. Als Val mich gestern Abend anrief, um mir mitzuteilen, dass sie gut angekommen sind, schlief Sam schon.
    Als ich ins Bett gehe, nehme ich die CD mit in mein Schlafzimmer und lege sie, noch immer ungehört, auf den Nachttisch.
    In den nächsten Tagen beäuge ich sie immer wieder, aber irgendwie habe ich Angst davor, sie mir anzuhören. Was ja völlig albern ist, denn es ist nur eine CD, was soll sie mir schon antun können? Dennoch schleppe ich sie weiter umher, habe sie immer neben mir liegen, aber noch nicht einmal aus ihrer Hülle genommen. Dafür schreibe ich, als gäbe es kein Morgen, breche jeden Tag aufs Neue meinen Schreibrekord und einen Tag vor Silvester habe ich mein Manuskript tatsächlich fertig.
    Die CD liegt immer noch neben mir und funkelt mich herausfordernd an, aber ich ignoriere sie und gehe mir erst einmal einen Tee kochen.
    Schließlich schiebe ich sie doch in den CD-Player. Es dauert ein paar Sekunden, bis ich zunächst die Klänge einer E-Gitarre höre - und dann fängt John an zu singen. Seine schöne, tiefe Stimme klingt sanft und schwermütig, voller Schmerz und Trauer und gleichzeitig so voller Hoffnung.
     
    Everytime I pray
    No one wanna hear.
    I want you to stay
    But there’s nothing, just fear,
    There is nothing to say.
     
    You are my hope.
    You are my love.
    You are sent from above.
    And I’m just a mope.
     
    I ask you to look at me.
    Approach you to hold me.
    Beg you to stay with me.
    Thankfully. Full of humility.
     
    Every time I pray
    I hope you wanna hear.
    ’ Cause I want you to stay.
     
    Den Rest des Liedes bekomme ich nicht mehr mit, weil ich in Tränen ausbreche und wie ein kleines Kind hemmungslos zu schluchzen anfange. Ich stelle den CD-Player auf Repeat und höre sein Lied, oder vielleicht vielmehr mein Lied, immer wieder von vorne. Ich weine so lang, bis ich vor Erschöpfung auf dem Wohnzimmerfußboden einschlafe.
     
    Am nächsten Morgen schaffe ich es nur mit einer langen heißen Dusche und extrastarkem Kaffee, meine Lebensgeister wieder halbwegs zu erwecken. Ich fühle mich elend. Ich vermisse Sam und die Sehnsucht nach John frisst mich beinah auf. Ich überwinde meinen Stolz und rufe ihn an, aber es geht nur die Mailbox dran. Ich versuche mein Manuskript zu überarbeiten, aber ich kann mich nicht konzentrieren. Ich schalte den Fernseher ein, aber es gibt nichts, das meine Aufmerksamkeit länger als ein paar Sekunden fesseln könnte.
    Schließlich setze ich mich ans Fenster und starre stumpfsinnig nach draußen, was immer noch besser ist, als auf eine der Wohnzimmerwände zu schauen.
    Keine Ahnung, wie lang ich hier letztendlich sitze. Wahrscheinlich sind es nur ein paar Minuten, aber es fühlt sich an wie ein halbes Leben. Ich fühle mich schrecklich und innerlich so wund und aufgerieben, als hätte ich mich gerade erst von John getrennt.
    Irgendwann schließe ich die Augen und lehne meine Stirn gegen das kalte, glatte Fenster und versuche an einfach gar nichts mehr zu denken. Das gelingt mir, eher schlecht als recht, vielleicht dreißig Sekunden lang, dann sorgt das schrille Läuten meiner eigenen Türklingel dafür, dass ich vor lauter Schreck beinah von der Fensterbank falle.
     
    +++
    „John!“ Hope sieht müde aus, als sie ihm die Tür öffnet.
    „Meine Schöne …“ Er beugt sich zu ihr herab, um sie zu küssen, und sie schlingt die Arme um seinen Hals, als würde sie ihn nie wieder loslassen wollen. „Hey, alles okay bei dir?“ Er schiebt sie ein kleines Stück von sich und mustert sie besorgt, aber sie lässt es nicht lang zu, da sie gleich wieder ihre Arme um ihn schlingt. Und dann küsst sie ihn, während sie ihn gleichzeitig ins Haus zieht. Für einen Moment raubt ihm ihr Kuss den Atem. Begehren wallt in ihm auf, während er erfreut über ihre Reaktion auf ihn zufrieden lächelt. Dann löst er sich entschlossen von ihr.
    „Ich würde vorschlagen, du packst ein paar Sachen zusammen, wenigstens genug für zwei Nächte. Ich würde dir gern etwas zeigen. Und dort können wir das hier auch gern fortsetzen. Aber wir kommen hier nie weg, wenn
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