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Die Versuchung der Hoffnung

Die Versuchung der Hoffnung

Titel: Die Versuchung der Hoffnung
Autoren: Hannah Kaiser
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gelernt. Eine Lektion fürs Leben, wenn du so willst. Nämlich Demut und Dankbarkeit.“
    John macht eine kurze Pause, während Hope ihr Gesicht halb zu ihm dreht und er den fragenden Blick ihrer klugen, gewittergrauen Augen sehen kann.
    „Wir nehmen die Dinge, die uns in unserem Leben geschenkt werden, immer als so selbstverständlich hin. Statt uns über das zu freuen, was wir haben, uns eben darüber glücklich zu schätzen, was das Leben uns geschenkt hat, wollen wir immer mehr und noch mehr. Dabei übersehen wir das unendliche Glück, das wir haben und aufgrund dessen wir eigentlich voller Dankbarkeit und voller Demut auf die Knie sinken müssten. Ich meine damit nicht, dass man nicht versuchen sollte, im Leben weiterzukommen, das ist es nicht. Aber manchmal sollte man stehen bleiben und sich auf das besinnen, was man hat, und auf das, was einem wirklich wichtig ist. Was bleibt einem am Ende von einer tollen Karriere, wenn man niemanden mehr hat, der einen in den Arm nimmt und sich mit einem darüber freuen kann? Was hat man vom Erfolg, wenn man trotzdem nur einsam ist, wenn man abends im Bett liegt, egal, mit wie vielen Frauen man sich umgibt, einfach deshalb, weil keine dabei ist, die einem etwas bedeutet? Man hat nichts von alledem, wenn es niemanden gibt, der sich um einen sorgt, der einen liebt und den man ebenfalls von Herzen liebt. Leider war es viel zu spät, als ich all das erkannt habe.“
    Beide stehen eine Weile schweigend und eng umschlungen in der Kälte. Johns Stimme ist rau und belegt, als er schließlich wieder das Wort ergreift.
    „Aber immerhin habe ich es jetzt erkannt, Hope. Und ich stehe hier und bin demütig. Und dankbar. Und ich habe das unglaubliche Glück, dass das Leben mir eine zweite Chance eingeräumt hat.“ Wieder zögert er eine Weile, bevor er fragt: „Das hat es doch, Hope, oder?“
    Etwas Warmes tropft auf seine Hand, und als er Hope ansieht, sieht er die stummen Tränen, die ihr über die Wange rollen.
    „Ja, John, das hat es“, flüstert sie schließlich. „Und zwar für uns beide.“
    +++

 
Vier Monate später
     
    Es ist Mitte April und beinah schon sommerlich mild, was nach diesem kalten, langen Winter fast an ein Wunder grenzt.
    Ich stelle mein Auto in der Tiefgarage ab, drücke auf den Fahrstuhlknopf und gebe den entsprechenden Code ein, um in Johns Wohnung zu gelangen. Während der kurzen Fahrt nach oben denke ich darüber nach, wie sehr sich mein Leben in den letzten Monaten verändert hat. Wie viel besser und erfüllter es sich anfühlt, seit John und ich wieder ein Paar sind. Die meiste Zeit verbringt er mittlerweile bei Samuel und mir in unserem kleinen Häuschen. Aber heute übernachtet Sam bei Valerie und Mike, sodass John und ich das Wochenende ganz für uns allein haben werden.
    Als sich die Fahrstuhltüren öffnen, kann ich es schon riechen, bevor ich sie sehen kann. Die ganze Wohnung steht voller Rosen und ihr Anblick lässt mein Herz schneller schlagen. Ich spüre, wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet und wie von selbst führt mich der Weg auf das Dach, auf dem John steht und mich lächelnd erwartet. Er sinkt vor mir auf die Knie, als er mich sieht und ich beiße mir lächelnd auf die Unterlippe.
    „Hope“, seine Stimme klingt trotz seiner oberflächlichen Gelassenheit alles andere als cool. „Hope, meine Schöne. Meine Liebe. Würdest du mir die Ehre erweisen, meine Frau zu werden? Noch einmal?“
    Mein Herz schlägt so schnell, das ich befürchte, dass es jeden Moment zerspringt. Ich reiche ihm meine Hand und ziehe ihn zu mir hoch, bevor ich ihn küsse.
    „Nichts lieber als das“, flüstere ich in sein Ohr, küsse ihn erneut und spüre sein Lächeln an meinen Lippen. Er zieht mich fest an sich und hält mich eine kleine Ewigkeit lang einfach nur fest.
    „Du machst mich so glücklich, Hope, so wahnsinnig glücklich“, flüstert er schließlich, bevor er mich wieder loslässt. „Und mach dir keine Sorgen, diesmal lasse ich dir ein bisschen mehr Zeit, bevor der Friedensrichter mit den Trauzeugen hier auftaucht.“
    Erleichtert fange ich an zu lachen. „Das ist sehr lieb von dir. Diesmal hätte ich es nämlich ganz gern, wenn ich mir ein Kleid aussuchen könnte. Außerdem will ich, dass Sam dabei ist.“
    „Sollst du alles haben. Aber ich habe eine Bedingung.“
    Fragend ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe und Jonathan grinst. „Du musst das Kleid bis nächste Woche haben …“ Er legt eine Hand auf meinen Bauch, der sich
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