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Die Versteckte Stadt: Thriller

Die Versteckte Stadt: Thriller

Titel: Die Versteckte Stadt: Thriller
Autoren: Jonas Winner
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niedrige, sich in der Ferne verlierende Halle geblasen.“
    Max lag auf zwei übereinandergeschichteten Kissen auf seinem Krankenbett, Till hatte sich einen Stuhl herangezogen und neben ihn gesetzt. Als er angekommen war, war Max allein in seinem Zimmer gewesen. Zuerst hatten sie nur ein paar Worte gewechselt, aber es war Till gleich aufgefallen, wie mitgenommen Max wirkte. Und dann hatte Max angefangen, zu erzählen.
    Von der Magensonde, die sie ihm gelegt hatten, davon, dass seine Mutter die ganze Zeit bei ihm gewesen war, dass sie ihn danach zurück in sein Zimmer gebracht hatten und seine Mutter losgegangen war, um noch einmal mit den Ärzten zu reden.
    „Ich hab die Augen geschlossen, um ein wenig zu schlafen - und plötzlich gehört, wie die Tür knirschte. Und als ich die Augen aufgemacht habe, stand er schon mitten im Zimmer.“
    „Wer?“
    „Keine Ahnung. Ein Mann, er trug einen Arztkittel und als er sah, dass ich wach war, hat er sich ganz schnell entschuldigt. Er hätte sich wohl in der Zimmernummer geirrt.“
    „Hm.“
    „Ja. Und dann ist er raus. Aber weißt du was?“
    „Hm?“
    „Ich hatte den schon mal gesehen - aber nicht hier im Krankenhaus“, Max‘ Stimme sank zu einem Flüstern herab, „sondern bei uns zu Hause - beim Papageienkampf.“ Seine Augen leuchteten. „Er war einer von den Gästen im Musikzimmer, verstehst du?“
    Till stützte sich mit dem Ellbogen aufs Bett. „Echt?“
    Max nickte mit offenem Mund. „Also bin ich aufgestanden und ihm gefolgt, aber so, dass er es nicht gemerkt hat. Über den Flur, die Treppe runter, immer hinterher, bis in die Abteilung.“
    Max versuchte, sich ein wenig aufzurichten, ließ es dann aber doch bleiben und setzte nur seinen Bericht fort. „Ohne groß nachzudenken, bin ich ihm in die Abteilung gefolgt und habe mich dort ein wenig umgesehen. Aber je tiefer ich eindrang, desto mehr fiel mir auf, dass die Kittel der Schwestern doch gar nicht so blütenrein waren, wie ich am Anfang gedacht hatte. Dass auch der Fußboden vielleicht mal gewischt werden müsste. Und ich hatte das Gefühl, unter dem Desinfektionsgeruch noch einen anderen Duft wahrzunehmen, der darunter versteckt war, einen Geruch, von dem ich mir nicht sicher war, ob ich ihn zuordnen konnte, der aber nach Kupfer zu schmecken schien.“
    Max‘ Gesicht lag blass auf dem weißen Kissen. „Dann sah ich ihn wieder, den Arzt, der in meinem Zimmer gewesen war und den ich kurz aus den Augen verloren hatte. Er schlängelte sich zwischen den verschiebbaren Wänden hindurch. Ich ging ihm nach und kam in einen Bereich, in dem … ich weiß nicht … in dem irgendwie die klare Unterscheidung zwischen Durchgängen und Patientennischen aufgehört zu haben schien. Es waren viele Betten, Till, fast hundert, schätze ich. Und darin lagen Männer, Greise, Frauen, Kinder, Schwangere … In einem Bett sah ich einen Mann und eine Frau zusammenliegen, bei einem anderen war der Bezug nicht mehr weiß, sondern wie von einer grauen Kruste überzogen. Kinder sind in Gruppen zwischen den Betten hindurchgetobt und ein Chirurg kam mir im grünen Anzug des Operationssaals entgegen. Seine Augen lagen brandrot umrändert in den Höhlen, sein Gesicht wirkte geradezu gezeichnet. Sein Blick war fokussiert, ja?, aber jede Weichheit, verstehst du?, schien aus seinen Zügen herausgesaugt worden zu sein. Er hatte nichts Empfindliches mehr an sich, ‚nichts Menschliches‘, musste ich denken, weil das, was er hinter sich hatte, zu radikal, zu grob und krass gewesen zu sein schien und in ihm die Empfindlichkeit zerstört hatte, die nötig ist, um mit anderen Menschen mitzufühlen.“
    Max‘ Augen blickten Till an und Till kam es so vor, als würden auch die verletzlichen Augäpfel von Max in ihren wässrigen Höhlen buchstäblich brennen.
    „Die Empfindlichkeit, die … “, Max suchte nach Worten, „ … die nötig ist, um sich für die - im Vergleich mit der Natur - winzigen Dimensionen des Menschlichen erwärmen zu können.“
    Was?
    Till schwirrte den Kopf. Vage glaubte er zu erahnen, was Max meinte, aber bevor er nachfragen konnte, setzte Max seinen Bericht schon fort, atemlos mit den Händen gestikulierend, mit dem Kopf hin und herruckend, mit den Augen ihn festhaltend. „Dann war der Chirurg an mir vorbei und ich hastete weiter, wie gekettet an den Kittel des Arztes, dem ich folgte, wie benommen von den Eindrücken, die auf mich einströmten. Es ging den Patienten dort unten, wie mir schien, gar nicht so
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