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Die verschwundene Lady (German Edition)

Die verschwundene Lady (German Edition)

Titel: Die verschwundene Lady (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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vielen Hals-und Armketten klirrten, als er Anne erst recht packen wollte. Er rief seinen Kumpanen in einer fremden Sprache etwas zu. Anne unterlief ihn und fegte ihm mit einer kräftigen Beinbewegung die Beine unterm Leib weg.
    Der Rastamann setzte sich hart auf den Hosenboden. Jetzt musste Anne doch laufen, denn die anderen Burschen näherten sich. Anne zog ihre Schuhe aus, um schneller rennen zu können. Sie hatte grässliche Angst, von diesen Typen in das zum Abbruch bestimmte, offiziell nicht mehr bewohnte Haus verschleppt zu werden. Anne hätte es nicht für möglich gehalten, dass eine Frau in Soho am helllichten Vormittag auf offener Straße angefallen werden könnte.
    Jetzt wurde sie eines Besseren belehrt.
    Sie hörte die raschen, leichten Schritte ihrer Verfolger hinter sich. Die Burschen trugen alle Turnschuhe und waren so flink wie die Wiesel. Als Anne sah, dass sie nicht entkommen konnte, stellte sie sich mit dem Rücken gegen eine Hauswand, hob die Schuhe, um mit den Absätzen zuschlagen zu können, und rief laut um Hilfe.
    Ein Fenster wurde geöffnet. Eine dicke Negerin schaute heraus, mit bunten Plastikröllchen im Haar, und überschüttete Annes Bedränger mit einem Schwall unverständlicher und schneller Schimpfworte. Sie drohte ihnen mit der Faust. Die Burschen zögerten. Dann kam ein Polizist um die Ecke.
    Beim Anblick des blauuniformierten, behelmten Polizisten verschwand die Schar wie weggefegt. Die Burschen huschten durch Hauseingänge und Einfahrten. Der Rastamann, dem Anne zu einer unsanften Bodenlandung verholten hatte, war als einer der ersten weg. Selten hatte sich Anne so gefreut, einen Londoner Polizisten zu sehen.
    Es war ein kräftiger, sommersprossiger Mann.
    »Was treiben Sie denn hier, Miss ?«, fragte er. »Da sind Sie aber schlecht beraten, sich allein in diese Gegend zu wagen.«
    Die Negerin knallte das Fenster zu. Anne hatte sie geholfen, aber mit der Polizei wollte sie nichts zu schaffen haben. Die Studentin erklärte, wohin sie wollte, und fragte nach der Livonid Street.
    »Ich begleite Sie hin. Es ist ganz in der Nähe. Aber für den Rückweg nehmen Sie sich besser ein Taxi, ja? Was hat eine nette junge Dame wie Sie mit den drei Rechtsverdrehern zu schaffen?«
    »Das ist vertraulich. Eine Familienangelegenheit.« Anne zog ihre Schuhe an. Die Strumpfhose war natürlich ruiniert. »Sind die drei Anwälte wirklich so übel beleumundet?«
    »So übel, wie die sind, kann man sie gar nicht beleumunden«, sagte der Konstabler, während sie weitergingen. »Wenn Sie den dreien meine Dienstnummer nennen, würden sie sich sicher beschweren. Daher drücke ich es so aus: Wenn die drei die Straße entlanggehen, und es schreit jemand >He, Halunke was meinen Sie wohl, wer sich da umdreht?«
    »Alle drei.«
    »Genau. Und wenn Sie sie in einen großen Sack stecken und mit dem Knüppel draufschlagen, dann treffen Sie nie einen Verkehrten. Zu Mayhawr, Fishbret & Shuster gehen nur Gauner. Sie vertreten Rauschgifthändler und Diebe, die sie dafür aus ihrer Beute bezahlen, und beurkunden krumme Geschäfte, krummere gibt es nicht mehr.«
    »Sind Sie da sicher ?«, fragte Anne.
    Es konnte schließlich sein, dass der
    Konstabler eine persönliche Abneigung gegen die drei Anwälte hatte. Der Konstabler schaute die Frau an.
    »Nun, vor Gericht würde ich ’ s nicht aussagen. Mangels Beweisen. Sie brauchen mir nicht zu glauben, wenn Sie nicht wollen. Das ist die Livonid Street.«
    Es handelte sich um eine schmutzige kleine Seitengasse. Sie hatte kein Namensschild. Anne war schon zweimal daran vorbeigegangen. Der Konstabler deutete auf ein Haus mit einer fleckigen Messingtafel neben der Tür.
    »Das ist es. Und denken Sie an das Taxi, Miss . Das ist sicherer für Sie.«
    »Darauf können Sie sich verlassen. Die eine Erf a hrung reicht mir. Vielen Dank für Ihre Hilfe und die Begleitung.«
    »Keine Ursache, Miss , das ist mein Beruf. Wenn Sie Fishbret die Hand geben, zählen Sie hinterher Ihre Ringe - und die Finger. Das ist der Schlimmste der drei. - Leben Sie wohl.«
    Der Konstabler schaute Anne nach, bis sie in dem Haus verschwunden war, nachdem sie geklingelt und sich über die knarzende Sprechanlage angemeldet hatte. Eins war mal sicher: Der Konstabler war kein Freund der drei Anwälte.
    Anne fragte sich, weshalb ihre Mutter, die durch und durch eine Lady war, über solche Existenzen ein Geldgeschäft abwickelte. Auch noch in großer Höhe. Anne fasste es nicht.
     
    *
     
    In der Kanzlei stank es
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