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Die verschwundene Lady (German Edition)

Die verschwundene Lady (German Edition)

Titel: Die verschwundene Lady (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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unerfreuliches Kapitel, auch für den Anwalt.«
    Anne fielen der Mann und die Frau ein, die vor ihr bei Stanwell gewesen waren. Als Anne diesbezüglich fragte, berief sich Stanwell jedoch auf seine Schweigepflicht. Anne musste mit ihrer Vermutung richtig liegen.
    »Diese ... hm, Affäre deiner Mutter gefällt mir nicht.« Anne hatte das Gefühl, dass Stanwell das nicht nur aus beruflichen Gründen sagte. »Die Geldabhebunge n und -Überweisungen sind höchst verdächtig. Du musst darüber unbedingt mit deiner Mutter sprechen. Schnellstmöglich!«
    »Lord Henry wird Mutter ja wohl ni c ht berauben, Onkel Peter. Sie ist alt genug und weiß, was sie tut.«
    Aber wusste Marion Carmichael das wirklich? Anne erinnerte sich, wie sie geschwärmt hatte. Marion Carmichael hatte, wie man so sagte, den Kopf verloren. Ihre Tochter fragte sich, wofür sie soviel Geld brauchte und weshalb aie weder mit ihr noch mit dem Anwalt darüber sprach.
    Anne hatte immer ein Vertrauensverhältnis zu ihrer Mutter gehabt. Steckte jener Lord Henry dahinter? Aber er musste doch nach den Angaben der Mrs. Carmichael immens reich sein.
    »Ich spreche mit ihr«, versprach Anne. »Ich wollte Mutter heute schon anrufen, habe sie aber nicht erreichen können. Ich fahre gleich zu ihr. - Übrigens, Onkel Peter, ich habe den Eindruck, dass du auch aus persönlichen Gründen die Liebe meiner Mutter zu jenem Lord ungern siehst.«
    Unter Annes prüfendem Blick wurde Stanwell immer verlegener. Er zerrte in einem fort an seiner Krawatte.
    »Ich ... ja, nun, hm ...«
    »Bevor du dir den Hals verknotest, Onkel Peter, will ich es aussprechen. Du liebst meine Mutter.«
    Jetzt war es heraus. Peter Stanwell wurde ein wenig rot wie ein ertappter Schuljunge. Ihn romantischer Gefühle fähig zu sehen, überraschte Anne. Bisher hatte sie immer geglaubt, außer Paragraphenauslegungen und allenfalls freundschaftlichen Regungen würde in reiner Advokatenbrust nichts vorgehen.
    »Ich habe einmal gehofft, Marion heiraten zu können«, antwortete Stanwell mit einer stillen Bescheidenheit, die Anne wiederum für ihn einnahm. »Doch dein Vater ist der Glücklichere gewesen. Er kam, sah und siegte. Er eroberte die schöne Marion Larrimer. Ich habe mich zurückgezogen und blieb der Freund des Hauses. Für mich hat es keine andere Frau gegeben. Ich bin nun einmal so. Ich weiß nicht, ob du das verstehen kannst. Aber so ist es.«
    »Und nach Vaters Tod? Hast du Mutter niemals gesagt, wie du für sie empfindest?«
    »Nein.«
    »Warum nicht? Seit dem Tod meines Vaters sind immerhin schon sechs Jahre verstrichen.«
    »Ja. Aber die Zeit ist so schnell herumgegangen. Zuerst war da das Trauerjahr. Da wollte ich Rücksicht nehmen. Danach hat sich irgendwie nie der richtige Anknüpfungspunkt ergeben. Ich dachte immer, dass Marion noch mit dem Andenken ihres verstorbenen Gatten leben würde.«
    »Das ist auch lange Zeit der Fall gewesen«, sagte Anne. »Doch auf Dauer kann niemand nur im Gedenken an einen Toten Genüge finden. Du hättest dich eher entschließen sollen, deine Zurückhaltung aufzugeben, Onkel Peter. So ist dir Sir Henry zuvorgekommen. Mutter lernte ihn, wie sie mir sagte, bei einem Konzert in der Albert Hall kennen. Während der Pause begegneten sie sich.«
    »Und da hat er sie einfach angesprochen ?«, fragte Stanwell. »Eine wildfremde Frau?«
    »Fremd war sie schon, wild wohl w eniger. In welcher Welt lebst du eigentlich, Onkel Peter? Als Anwalt müsstest du doch einiges mehr über das Leben wissen.«
    »Ja, nun, was meine Fälle und was mich persönlich betrifft, da differenziere ich.«
    Anne verabschiedete sich. Sie nahm, obwohl sie sonst diese Ausgabe scheute, ein Taxi zur Park Lane. Die junge Frau wollte möglichst schnell zu ihrer Mutter, von der sie annahm, dass sie inzwischen zu Hause sein müsste . Sonst hätte sie Anne am Vorabend bestimmt gesagt, dass sie verreisen würde.
    Oder sollte sie sich mit ihrem Liebhaber völlig vergessen haben?
     

2. Kapitel
     
    »Bedaure, Miss Carmichael, Ihre Frau Mutter ist nicht zu Hause«, eröffnete der weißhaarige Portier Donald Anne gleich, als er sie sah. »Sie könnten aber, falls Sie das wollten, in die Wohnung. Die Putzfrau ist oben.«
    »Danke, Donald. Seit wann ist meine Mutter denn weg?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Miss Carmichael. Ich sah sie nicht weggehen, seit ich um acht Uhr früh meinen Dienst angetreten habe.«
    Das hörte sich an, als ob Mrs. Carmichael die Nacht außer Haus verbracht habe. Oder sie
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