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Die verschwundene Lady (German Edition)

Die verschwundene Lady (German Edition)

Titel: Die verschwundene Lady (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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habe, von dem Stanwell nichts wissen sollte. Aber für Kleinigkeiten konnte man keine hunderttausend Pfund ausgeben.
    »Was hat sie denn damit getan ?«, fragte Anne.
    »Tja, das frage ich mich auch. Hast du keine Ahnung?«
    »Nicht die geringste.«
    »Hm. Dann ist da noch ein Punkt. Heute erhalte ich eine Nachricht von der Bank, dass Marion weitere 75.000 Pfund auf ein Treuhandkonto bei einem Notar in Soho überweist. Dabei handelt es sich um den Erlös von Wertpapieren, die vorzeitig und ohne mich zu fragen verkauft wurden. Praktisch von heute auf morgen.« Stanwell war echt gekränkt. »Wozu bin ich denn Vermögensverwalter, wenn ich nicht zu Rate gezogen werde ?«, wollte er wissen. »Ich begreife das nicht. Jenem Notar konnte ich nicht entlocken, wofür das Treuhandkonto eingerichtet wurde. Ein Treuhandkonto bei einem fremden Notar! - Ich bin fassungslos. Wennschon, dann hätte man das doch über mich laufenlassen sollen. Oder sagt dir der Name der Kanzlei Mayhawr, Fishbret & Shuster etwas?«
    »Nicht das geringste. Hört sich exotisch an, würde ich sagen.«
    Stanwell schnaubte durch die Nase.
    »Dies ist keine alteingesessene, durch und durch seriöse Kanzlei. In meinem Klub würden die Herren Mayhawr, Fishbret und Shuster nicht aufgenommen. Es sind, um die Sache beim Namen zu nennen, Winkeladvokaten. Was jener Notar Fishbret in Soho beurkundet, möchte ich lieber nicht zu genau wissen, außer im Fall deiner Mutter, Anne. Ich fürchte, sie steht im Begriff, eine große Dummheit zu begehen. - Kannst du es ihr denn nicht ausreden?«
    »Vielleicht ist es ein gutes Geschäft, das sich ihr bietet«, sagte Anne. »Und es ist ihr Geld. Weshalb hat man sich von der Bank aus überhaupt an dich gewandt?«
    »Weil ich als Verwalter des Carmichael - Vermögens bekannt bin und das so gehandhabt wird. Das ist festgelegt. Verhindern kann ich die Transaktion nicht, wenn sie mit rechten Dingen zugeht. Es ist schließlich nicht mein Geld. Aber deins mit, Anne. Deine Mutter und du haben zu gleichen Teilen geerbt. Du erhältst jeden Monat einen Betrag. Die Zinsen deines Vermögens werden dir gutgeschrieben. Ab deinem 25. Geburtstag kannst du darüber verfügen wie du willst. Zur Zeit ist dein Vermögensanteil dem Zugriff deiner Mutter nicht entzogen.«
    » Lass mich mit deinen Paragraphen zufrieden, Onkel Peter. Ich vertraue meiner Mutter. Sie hat immer mein Bestes gewollt.«
    »Menschen sind wankelmütig, Paragraphen stehen«, verkündete Stanwell seine Grundüberzeugung. »Außerdem hat mich deine Mutter in geschäftlichen Dingen immer um Rat gefragt. Du kennst sicher ihre Ansicht, dass Geschäfte Männersache seien. Davon hat sie nicht einmal abbringen können, dass England eine Premierministerin erhielt. Mich wundert es sehr, wie sie plötzlich verfährt. Das kann nicht von ungefähr kommen.«
    »Tut es auch nicht. Um die Wahrheit zu sagen, Onkel Peter, Mutter ist verliebt. Es handelt sich um eine höchst geheimnisvolle Affäre.«
    Der Notar legte den Kopf schräg und erhielt durch seine spitze Nase Ähnlichkeit mit einem Vogel, der sich anschickte, einen Wurm aus dem Rasen zu picken. Stanwell war genauso alt wie Annes Vater, der im vergangenen Jahr fünfzig geworden wäre.
    »Ach«, sagte der Anwalt. »Darf man wissen, in wen?«
    »In ein Mitglied des englischen Hochadels.«
    »Und wie heißt dieses Mitglied?«
    »Eigentlich dürfte ich das gar nicht sagen. Aber da du ein langjähriger Freund unserer Familie bist, will ich es doch: Sir Henry.«
    »Und wie noch ?«, wollte er wissen.
    »Weiß ich nicht«, antwortete sie.
    »Du weißt es nicht? Dieser Mann muss doch einen Nachnamen haben. Sir Henry, Lord oder Earl of ... Oder handelt es sich um einen einfachen Esquire?«
    Der Esquire war der niedrigste Adelstitel. Er bezeichnete einen Feld-, Wald-und Wiesenbaron.
    »Ich sagte doch Hochadel. Sir Henry ist ein Lord. Das Verhältnis zwischen ihm und meiner Mutter muss aber streng geheim bleiben, da Sir Henry derzeit noch verheiratet ist.«
    Nun, da sie angefangen hatte, musste Anne auch weitersprechen. Sie berichtete Stanwell alles, was sie von ihrer Mutter erfahren hatte, und schilderte auch, wie sie ihr heimlich gefolgt war und die Szene am Regent's Park. Stanwell hatte sich erhoben. Er kehrte Anne den Rücken zu und stocherte im Kaminfeuer. Als er sich umdrehte, war seine Miene besorgt.
    »Höööchst merkwürdig«, sagte er gedehnt. »Da müssen wir nachhaken, Anne. Auch ich habe meine Erfahrungen in Scheidungssachen - ein
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