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Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel
Autoren: Anne Perry
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es hier mit Behauptungen zu tun, die sich ein offenbar unterbeschäftigter Arzt und ein Polizeibeamter, der sich einen Namen machen möchte, und sei es auf Kosten eines Toten und um den Preis einer zum Himmel schreienden Anklage gegen dessen Freund, aus den Fingern gesogen haben. Diesen Unsinn sollten Sie zurückweisen!«
    »Sind Sie mit Ihrer Verteidigung fertig?«, erkundigte sich Juster mit lauter Stimme. »Es sieht ganz so aus, als wären Sie schon beim Schlussplädoyer.«
    »Obwohl ich kaum mehr brauche, bin ich das ganz und gar nicht!«, gab Gleave zurück. »Aber von mir aus dürfen Sie Ihren Zeugen gern weiter befragen.«
    »Nun, viel gibt es nicht mehr zu fragen«, sagte Juster und nahm Platz. »Mr. Pitt, war das Hausmädchen seiner Sache
sicher, als Sie sie zum ersten Mal nach dem Kratzer an der Tür zum Billardzimmer gefragt haben?«
    »Absolut.«
    »Also muss irgendetwas die Frau seither veranlasst haben, ihre Meinung zu ändern?«
    Pitt leckte sich die Lippen. »Ja.«
    »Was das nur sein mag?«, sagte Juster achselzuckend und fuhr dann rasch fort: »Und auch der Butler war sicher, dass der Sessel in der Bibliothek verrückt worden war?«
    »Ja.«
    »Ob er es sich inzwischen anders überlegt hat?«, wollte Juster mit ausgebreiteten Händen wissen. »Ach, das können Sie naturgemäß nicht wissen. Nun, das hat er nicht. Auch der Stiefelputzer ist völlig sicher, die Schuhe seines Herrn so gründlich geputzt zu haben, dass keine Fäden vom Teppich daran hingen, sei es aus der Mitte oder von den Fransen.« Er machte ein Gesicht, als komme ihm plötzlich ein Einfall. »Ach, übrigens, stammten die Fäden, die Sie da gefunden hatten, von den Fransen, oder war es weicher Flor?«
    »Weicher Flor, von der gleichen Farbe wie in der Mitte«, sagte Pitt.
    »Aha. Wir haben die Schuhe gesehen, aber nicht den Teppich.« Er lächelte. »Vermutlich wäre das zu umständlich. Auch die Bibliotheksregale mit den falsch eingeordneten Büchern können wir nicht sehen.« Nachdenklich verzog er das Gesicht. »Welchen Grund hätte jemand, der sich mit der Geschichte des Altertums beschäftigt und in ferne Länder reist, sich ganz besonders für Troja interessiert, die Ruinen, den Zauber und die Sagen im Zusammenhang mit dieser Stadt, die für unsere Kultur so große Bedeutung hat, drei der lebendigsten Beschreibungen, die es davon gibt, so in seinen Bücherschrank zu stellen, dass er jedes Mal auf eine Leiter steigen muss, um daran zu gelangen? Ganz offensichtlich wollte er an diese Bücher gelangen, denn wäre er sonst zu Tode gestürzt, als er sie herunterholte?« Er hob die Schultern und fügte mit dramatischem Effekt hinzu: »Nur dass es sich so eben nicht verhalten hat!«
An jenem Abend fand Pitt keine Ruhe. Er ging im Garten seines Hauses auf und ab, rupfte hier und da Unkraut aus, erfreute sich an den Blumen und betrachtete das frische Grün der Bäume, doch nichts vermochte seine Aufmerksamkeit längere Zeit zu fesseln.
    Charlotte kam mit besorgtem Gesicht heraus und trat neben ihn. Das Licht der Abendsonne schimmerte wie ein Heiligenschein um ihr rötliches Haar. Die Kinder waren im Bett, im Haus war es still. Es wurde allmählich kühl.
    Er wandte sich ihr zu und lächelte. Er brauchte nichts zu erklären. Sie hatte den Fall von Anfang an mitverfolgt und kannte den Grund seiner Besorgnis, auch wenn sie nicht wusste, welch finstere Vorahnungen ihn bedrückten. Er hatte ihr verschwiegen, was für schreckliche Folgen es hätte, wenn die Geschworenen Adinett freisprächen, weil sie Pitt für unfähig hielten und überzeugt waren, dass er aufgrund persönlicher Voreingenommenheit handelte und die Sache zur Anklage gebracht hatte, um seine Ruhmsucht zu befriedigen oder weil er sich andere Vorteile davon versprach.
    Während sie sich über alltägliche Dinge unterhielten, schritten sie langsam über die Rasenfläche und wieder zurück. Was gesagt wurde, war unerheblich, wichtig war Charlottes Wärme, ihre Anwesenheit, dass sie ihn weder mit Fragen bedrängte noch ihre eigenen Befürchtungen äußerte.
     
    Am folgenden Tag machte Gleave es sich zur Aufgabe, darzustellen, wie absurd die Annahme sei, sein Mandant könne die Tat begangen haben. Er hatte bereits versucht, die Aussage Doktor Ibbs’ und der verschiedenen Dienstboten herunterzuspielen, denen die von Pitt angeführten winzigen Veränderungen aufgefallen waren, wie auch die des Passanten auf der Straße, der gesehen hatte, dass jemand, auf den Adinetts Beschreibung
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