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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo
Autoren: Philipp Espen
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Netzen schwingenden braun gebrannten Fischern in weiten Umhängen an Bord.
    Die Reiter passierten den letzten Sandhügel. Am Ufer verkehrten junge, mit Halsketten geschmückte Frauen, die Krüge und Körbe auf ihren Köpfen trugen, ihre Gesichter waren ebenmäßig und schön, ihre schlanken, hellen Körper umschmeichelten bunte, gewebte Stoffe. Jungen balgten sich im Uferschlamm, weiter hinten waren Verkaufsstände und Tragegestelle aufgebaut, die sich unter Bergen von Früchten, Stoffen, Salzblöcken bogen. Hühner gackerten in Weidenkäfigen, dicke, schwarze Schweine scharrten in morastigen Kralen, alte Frauen trieben Ziegen und Schafe durch die Marktgassen.
    Langsam nahmen die Einheimischen die Fremden wahr. Es schienen tatsächlich Mauren zu sein. Ein Rudel dünner, nackter Jungen schlug mit biegsamen Gerten nach ihnen, neugierige Mädchenblicke aus dunklen Augen tasteten die Ankömmlinge mit der schmutzigweißen Haut unter schimmernden Kettenhemden ab. Die Gesichter der meisten Einheimischen waren markant, die Männer trugen spitze Bärte. Manche wirkten erstaunt, andere regelrecht entgeistert, und wie bei einem spätsommerlichen Laternenfest an der Küste der Provence sammelten sich allmählich alle hinter den unruhig tänzelnden Reittieren und ließen sich mitziehen. Es ging hinein durch ein Tor mit goldglitzerndem Dach in eine Stadt enger, staubiger Gassen, schlafender Hunde und einem Gestank wie aus einem Abtritt.
    »Zur Hölle mit diesem Gestank! Und mit dem Geschrei gleich hinterher! Wie kann man hier leben!«
    Der Matrose rümpfte die Nase, die anderen hatten sich längst ihre Halstücher vor die untere Hälfte des Gesichts geschlagen. Die Einheimischen, die ihnen in den jetzt breiter werdenden Straßen aus fest gestampftem Sand und dünnen Rinnsalen, die zum Fluss hinunterplätscherten, entgegenkamen, trugen ebenfalls eine Art Taschentuch über Mund und Nase, sie wirkten mager, waren nicht sehr groß und besaßen gekräuseltes schwarzes Haar, das bei manchen bis auf die Schultern fiel. Schwaden von Fliegen umschwirrten die Menschen, ein Umstand, der dem Fischfett zuzuschreiben sein konnte, mit dem sie sich offensichtlich einrieben – davon erzählten die Geruchswolken.
    Die Ankommenden suchten einen Ort, an dem man eine Auskunft bekommen konnte. Aber die Straßen vor ihnen waren wie leer gefegt, und die Menge in ihrem Schlepptau antwortete nicht auf ihre gerufenen Fragen.
    Hin und wieder kreuzte ein fleckiger Waran wie an einer Schnur gezogen den Straßenstaub, überall saßen Bartgeier, und Packtiere mit Körben, in denen die Ankömmlinge Wurzeln und Mais erkannten, trotteten durch noch engere Nebengassen. Schließlich weitete sich der unbefestigte Weg aber doch und mündete in einen Platz, auf dem sich gebleichte Knochen stapelten und den Palmen und Tamarindenbäume umstanden. Die Häuser drumherum waren dreistöckig, aus Lehm errichtet, weiß gestrichen und an den Firsten mit grünweißen Ornamenten verziert. Sie machten einen wohlhabenden Eindruck, in den Eingängen standen Blumenkübel.
    Henri erblickte in einem Hauseingang einen großen Mann, den ein blitzsauberes weißes Leinen umhüllte, das in der leichten Brise flatterte. Auf seinem Kopf saß ein gewaltiger roter Turban. Er winkte sie heran.
    Es stellte sich heraus, dass der Riese Tarfaya hieß, ein Yamshändler aus Tanger, der zwischen dem iberischen und afrikanischen Festland hin- und herpendelte und den es nun an die iberische Ostküste verschlagen hatte. Ein Maure, muskulös und kultiviert, er beherrschte Arabisch ebenso wie die Sprache der Balearen, das Katalanische, mit einem arabischen Akzent. Er redete, in diesen Sprachen hin und her wechselnd wie ein Läufer, der auf seinem Pfad Pfützen überspringt, unaufhörlich auf die Ankömmlinge ein.
    »Nein, Eure Kameraden waren nicht hier, es wäre mir bekannt. Natürlich, es ist die Stadt Almazora, weiter westlich ist Onda. Hier leben nur Muslime. Natürlich ist es unser Iberien, was denn sonst… überall leben die Almoharen, hoch gewachsene, kräftige Männer, ebenso wie ich. Die Bewohner weiter im Westen sprechen Spanisch, Ihr könnt dort sicher einen Fremdenführer kaufen. Sie tischen aber allen Fremden unglaubliche Lügen auf. Ich mag jedoch ihre Sauberkeit, sie waschen sich viermal täglich. Aber sie haben die unmöglichsten Tischmanieren. Sie sind gastfreundlich und großzügig. Wenn Ihr nach Toledo wollt, müsst Ihr zwei Grenzen und Gebiete des gefährlichen Raubadels passieren, und
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