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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo
Autoren: Philipp Espen
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Henri hocherfreut an. »Nicht wahr? Das ist die Frage! Die Antwort kennen nur wenige Glückliche, ich bin einer davon. Sie lautet folgendermaßen: Nur ein geringer Teil des Salzes wird in Tanbutu verbraucht. Da man sich in dieser Stadt in der Nähe der Tagundnachtgleiche befindet, ist es zu gewissen Jahreszeiten so heiß, dass ihr Blut verfault, wenn sie dagegen kein Salz einnehmen. Was nützt Goldstaub? Er reinigt das Menschenblut nicht. Sie bereiten sich eine Medizin zu. Ein kleines Salzstück wird in Wasser aufgelöst und täglich getrunken. Sie haben herausgefunden, dass dieses einfache Gebräu ihr Leben erhält. Das restliche Salz zertrümmern sie in so große Stücke, dass ein Mann diese mit einer gewissen Geschicklichkeit bei Reisen auf dem Kopf transportieren kann. Im Land Melli, diesem reichen, stolzen Land, begegnet man vielen Karawanen und vielen Eingeborenen zu Fuß, ganzen Heeren, die Salz auf dem Kopf balancieren, denn sie legen ständig große Entfernungen zurück.«
    Alle Ankömmlinge warteten gespannt, um weitere Einzelheiten zu erfahren. Selbst die Musikanten spielten leiser.
    »Die Salzträger führen auf ihrem Marsch zwei Gabelstöcke mit. Einen in jeder Hand, um diese, wenn sie müde sind, in den Boden zu rammen, darauf die Last abzulegen und sich so auszuruhen. So ziehen sie von Wasserstelle zu Wasserstelle. Und jetzt wird es spannend. Denn warum sie an eine ganz bestimmte Wasserstelle ziehen, das weiß ich. An dieser Wasserstelle nämlich, es ist eigentlich ein großer See, markieren sie ihre Salzblöcke mit Zeichen – und ziehen sich eine halbe Tagesreise weit ins Land zurück.«
    »Mit Zeichen? Warum das denn?«, fragte ein Matrose verdutzt.
    »Tjaaa! Während ihrer Abwesenheit, mitten in der Nacht, legen nämlich große Boote an den Flussufern an. Schwarze steigen aus. Sie wollen nicht gesehen, erkannt, angesprochen werden. Niemand weiß, wer sie sind, welchem Stamm sie angehören, ob sie von Inseln in dem See kommen, nur dass sie schwarz sind, hat man gesehen.«
    »Sind sie Betrüger?«
    »Nichts dergleichen. Sie lassen ja sowohl das Gold als auch das Salz liegen, versteht Ihr? Es geht folgendermaßen weiter: Wenn die Salzträger mit der Menge Goldstaub, die neben ihrem Salzblock liegt, zufrieden sind, lassen sie das Salzstück liegen, nehmen das Gold an sich und ziehen sich erneut eine halbe Tagesreise weit zurück. Sind sie nicht zufrieden mit dem Gegenwert, lassen sie ihn neben dem Salz liegen. Die geheimnisvollen Schwarzen von den Inseln kommen erneut, sie nehmen nur das Salz mit, neben dem kein Gold mehr liegt. Sind sie am Kauf der übrigen Stücke interessiert, legen sie noch mehr Gold hin, wenn nicht, lassen sie das Salz unberührt.«
    »Und die Handelspartner bekommen sich nie zu Gesicht?« Henri konnte es kaum glauben.
    »Niemals. Es muss ein uralter Brauch sein, der bis in die Zeiten des Propheten zurückgeht, und alle halten sich daran.«
    »Aber sagt«, wollte Henri wissen, »hat noch niemand versucht, den geheimen Herkunftsort der schwarzen Goldkundigen ausfindig zu machen?«
    »Doch«, meinte der Maure bedeutungsvoll. »Natürlich.«
    »Ja und? Erzählt doch!«
    »Vor einigen Jahren nahm sich der damalige Kaiser von Melli vor, gleichgültig, was es koste, einen dieser schwarzen Goldmänner in seine Gewalt zu bringen. Nachdem er darüber Rat gehalten hatte, zogen einige seiner Leute mit dem Vorsprung von ein paar Tagen vor der nächsten Salzkarawane an den genannten See. Sie hoben Gräben aus und versteckten sich darin. Die Karawane traf ein, die Nacht kam, und aus ihrem Schatten lösten sich die schwarzen Männer mit ihrer kostbaren goldenen Fracht in Säckchen aus Leinen. Der Austausch sollte vor sich gehen wie all die Hunderte von Jahren zuvor. Doch da waren die Häscher. Sie fesselten drei der Schwarzen, der Rest ergriff unter wüsten Rachedrohungen die Flucht auf Schilfbooten. Bevor sich die Häscher auf den Weg zurück nach Tanbutu machten, ließen sie zwei Gefangene frei. Mit dem übrig gebliebenen Gefangenen versuchten sie ein Gespräch, doch er sprach keine ihrer Sprachen. Nicht nur das. Er weigerte sich auch, zu essen und zu trinken. Sie versuchten alles. Doch es war vergeblich. Er starb noch auf der Rückreise. Natürlich war daraufhin der Kaiser sehr verärgert. Er wollte wissen, wie der gefangene Neger ausgesehen habe.
    Tiefschwarz, schwarze Augen, lange Zähne, wohlgeformter Körper, größer als sie selbst, antworteten die Häscher. Und seine Unterlippe sei eine
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