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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo
Autoren: Philipp Espen
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Kabbalisten behaupteten und was Joshua ben Shimon ihm erzählt hatte.
    Aber seine Gefährten Joshua und Uthman hatten die Geheimzeichen der Steinmetze am Donjon des Königssitzes in Fontainebleau gedeutet und damit für ihn den Fluchtweg geöffnet! Sie hatten den wahren Namen der Mauern gekannt und beschworen!
    Henri blieb ruhelos. Er vernahm die ganze Nacht über die monoton murmelnde Stimme des Priesters, der sein ganz persönliches Trinitatis zu feiern schien. »Die Liebe Gottes ist ausgegossen durch den Geist… Er hat die Welt so geliebt… so geliebt… dass er seinen einzigen Sohn hingab. Deshalb glauben wir an Deine Herrlichkeit und bekennen es ohne Unterschied auch von Deinem Sohn, das bekennen wir vom Heiligen Geist…«
    Was niemand im Grab seiner hämmernden Herzschläge und der endlosen, todbringenden Minuten sich vorstellen konnte: Auch diese Nacht, wie alle Nächte, hatte schließlich ein Ende.
    Es wurde Tag.
    Der Sturm ließ nach, obwohl Henri seinen wahren Namen nicht kannte und nicht ausgesprochen hatte.
    Die Sonne stach nun derart nieder, dass das Pech in den Planken zu schmelzen begann. In schwarzen Perlen, die in der Sonne schimmerten, trat es aus den Fugen. Die Planken rissen auf, Zwischenräume drohten zu entstehen.
    Schnell wurde Pech angerührt, die Flammen unter der Pfanne qualmten und verwehten, verlöschten aber nicht.
    Im schwarzen Qualm des Dichtungsmaterials, den der Wind herumwirbelte, sahen die Männer plötzlich, wie sich das Meer mit weiß brodelnder Gischt bedeckte. Sie stürzten nach vorn. Unter dem Kiel kochte eine milchweiße Suppe. Das hatten ihnen die Alten immer wieder für das Weltende dieses Jahres vorhergesagt. Die Meere würden zu sieden beginnen! Jetzt erfüllten sich die Prophezeiungen.
    »Das Meer wird heiß! Eine riesige, heiße Fischsuppe, in der wir untergehen!«
    »Lasst ein Weinfass hinunter!«, schrie der Kapitän.
    Zwei Matrosen folgten mutlos dem Befehl. Als sie das Fass gefüllt wieder emporzogen, tauchte der Steuermann seine Hand hinein. »Es ist nichts als kalte Gischt! Das Meer kocht hier ebenso wenig wie vor Le Grau du Roi oder an der Küste von Menorca.«
    »Aber wo sind die Riffe, die diese Gischt hervorrufen? Wir haben die Riffe südwestlich der Balearen lange hinter uns gelassen!«
    Henri versuchte, die Männer zu beruhigen. Er zwang sich zu einem heiteren Lachen und legte dem Steuermann den Arm um die Schultern. »Verdammte See mit ihren billigen Tricks!«
    Die Fahrt ging weiter. Eine neue Nacht brach herein. Mond und Sterne waren nicht mehr zu sehen. Und wieder ging am nächsten Morgen an einem jetzt klaren Himmel die Sonne auf.
    Der Bleimann senkte sein Lot. Drei Faden Tiefe! Hier habt ihr eure neuen Riffe, dachte Henri schaudernd. Untiefen, so weit draußen auf dem Meer! Sie drohten die Karavelle mit scharfen Felsenmessern aufzuschneiden wie einen Fischleib.
    Zweihundert Meter weiter fand das Lot plötzlich keinen Grund mehr.
    Der Sturm, launisch wie eine Schöne von den Landgütern des französischen Königs, nahm zu und wieder ab. Henri de Roslin sah zum Segel auf. Es war noch wie zu einer flotten Fahrt gefüllt. Bald darauf, als wäre nichts geschehen, glitt das Schiff ruhig dahin. Aus Backbord voraus streichelten eine matte Brise und eine unsichtbare Strömung das Schiff. Kapitän Del Bosque gab den Befehl: »Dicht am Wind gebrasst! 60 Grad heran!«
    Das Schiff drehte plötzlich, wie von einer unsichtbaren Hand herumgerissen, auf Kurs Westen. Langsam glitt es in einer Flut dahin. Vor ihnen kam Dunst auf. Darin sahen sie, noch verschwommen, die Umrisse einer lang gestreckten Küstenlinie. Sandige Klippen lösten sich mit gelben und roten Umrissen aus dem Nebel.
    Ist das wirklich die spanische Küste, dachte Henri, oder sind wir zu weit abgetrieben? Und wäre es wirklich so schlimm, wenn wir ins Nichts führen, immer weiter weg von verräterischen Päpsten und grausamen Königen, von Anklägern, die falsches Zeugnis reden, von Machtgier und gefüllten Folterkellern?
    Und das vor uns – wird es böses Wasser sein?
    Der Kapitän gab weitere Befehle aus. Je näher sie der Küste kamen, desto mehr nahm der Wind ab. Es wurde ganz heiß und still. Zum Rauschen der Wellen kam jetzt das Rauschen in den eigenen Ohren. Noch wagte niemand etwas zu sagen. Es konnte alles ein Trugbild sein, das die bösen Geister dieses Ortes malten. Vielleicht gehörte die Täuschung zum Szenario des Abgrunds wie eine Fata Morgana, von der die spanischen Mauren
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