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Die Verschwörer von Kalare

Die Verschwörer von Kalare

Titel: Die Verschwörer von Kalare
Autoren: Jim Butcher
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Freundschaft geschlossen, ehe er ihr mörderisches wahres Ich entlarvt hatte.
    Anstatt sie jedoch zur Rechenschaft zu ziehen, hatte Gaius
entschieden, sie in ihrer Rolle gewähren zu lassen, damit man ihr gezielt falsche Nachrichten unterschieben konnte. »Glaubst du, sie wird das an Kalare weitergeben?«
    »Dies? Ganz gewiss«, meinte Gaius.
    »Darf ich fragen …?«, fragte Tavi.
    Gaius lächelte. »Der Umschlag enthält alltäglichen Briefverkehr und ein Schreiben an Aquitania, in dem ich ihn von meiner Absicht in Kenntnis setze, ihn zu adoptieren und zu meinem Erben zu ernennen.«
    Tavi riss die Augen auf. »Wenn Kalare davon Wind bekommt, und das wird er ohne Zweifel, dann muss er handeln, ehe Aquitania seinen Anspruch auf den Thron durchsetzen kann.«
    »Er wird handeln«, stimmte Gaius zu. »Aber ich weiß nicht, auf welche Weise. Er leidet an einer leichten Form von Wahnsinn, was es schwer macht, ihn zu durchschauen. Deshalb möchte ich so viele Augen und Ohren im Süden wissen, wie ich hier entbehren kann. Du musst jedoch meine Münze stets bei dir tragen.«
    »Ich verstehe, mein Fürst«, sagte Tavi und berührte den alten Silberbullen, den er an einer Kette um den Hals trug. Er zögerte, weil die Erinnerung einen bitteren Geschmack in seinem Mund hinterließ. »Und Gaelle?«
    »Sollte mein Plan gelingen, wird sie von da an für die Krone nicht mehr von Nutzen sein«, sagte Gaius kalt.
    »Ja, mein Fürst«, meinte Tavi und verneigte sich. »Was ist mit Faede, mein Fürst?«
    Gaius’ Miene verdüsterte sich um eine kaum wahrnehmbare Schattierung. »Was soll mit ihm sein?«
    »Er war immer bei mir, seit … solange ich mich erinnern kann. Ich nehme an, dass …«
    »Nein«, sagte Gaius in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Auch für Faede habe ich eine Aufgabe.«
    Schweigend blickte Tavi seinem Dienstherrn in die unnachgiebigen Augen. Schließlich nickte er ergeben. »Ja, Erster Fürst.«
    »Dann wollen wir keine weitere Zeit verschwenden.« Gaius
erhob sich, hielt jedoch sofort wieder inne. »Oh. Eine Frage noch. Du wirst nicht zufällig heute mit der Botschafterin der Marat schlafen, Tavi?«
    Tavi fiel die Kinnlade zum zweiten Mal herunter. Seine Wangen wurden so heiß, dass er schon fürchtete, sie könnten tatsächlich buchstäblich in Flammen aufgehen. »Äh, mein Fürst …««
    »Du bist dir sicherlich bewusst, welche Folgen das haben kann, nehme ich an. Keiner von euch beiden verfügt über Elementarkräfte, um eine Empfängnis zu verhindern. Und glaube mir, wenn du Vater wirst, sieht das Leben ein ganzes Stück komplizierter aus.«
    Tavi wünschte, die Erde würde sich auftun und ihn in einen tiefen, tiefen Abgrund reißen. »Wir, äh … wir tun solche Dinge nicht«, erklärte er. »Es gibt auch andere … Dinge. Man muss nicht gleich …«
    Gaius’ goldene Augen funkelten. »Geschlechtsverkehr haben?«
    Tavi legte sich beschämt die Hand vor die Augen. »Oh, verfluchte Krähen. Ja, mein Fürst.«
    Gaius lachte schallend. »Ich erinnere mich dunkel daran, wie das gehen mag«, sagte er. »Und da sich die jungen Leute zu allen Zeiten nur schlecht beherrschen konnten, müssen sie wohl mit, äh, anderen Mitteln ans Ziel gelangen.« Das Lächeln verschwand. »Aber vergiss eines nicht, Tavi: Sie ist kein Mensch, sondern eine Marat. Vergnüge dich mit ihr, wenn es denn sein muss - aber ich würde dir raten, dich nicht zu stark mit dem Herzen an sie zu binden. Deine Pflichten werden dich bald noch mehr fordern.«
    Tavi biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. In seinem Überschwang hatte er vergessen, dass er Kitai ein halbes Jahr lang nicht sehen würde, wenn man ihn fortschickte. Der Gedanke behagte ihm gar nicht. Nicht im Mindesten. Meistens fand er jeden Tag Zeit, sie zu sehen. Und auch in den meisten Nächten.
    Tavi spürte, dass er erneut rot wurde, als er daran dachte. Doch überraschte ihn vor allem, wie sehr ihm die Vorstellung missfiel,
von Kitai getrennt zu sein - und nicht nur, weil er dann keine Gelegenheit hätte, die, äh, anderen Dinge zu genießen. Kitai war eine sehr schöne und faszinierende junge Frau, sie war klug und schlagfertig, ehrlich und treu, wild und gleichzeitig mit einem tiefen Mitgefühl für andere ausgestattet, wie es Tavi zuvor nur bei Wasserwirkern wie seiner Tante Isana kennen gelernt hatte.
    Sie war eine Freundin. Mehr noch, ein unsichtbares Band hielt ihn bei Kitai, eine Art Verbindung, wie sie zwischen den Marat und ihren Totemwesen bestand.
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